Ehrgeizige Ziele: der Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung

(c) BBH

Am 18.11.2019 hat die Bundesregierung ihren Masterplan Ladeinfrastruktur verabschiedet. Das Papier enthält  ambitionierte Ziele: Bis 2030 sollen 1 Mio. Ladepunkte für bis zu 10 Mio. E-Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Derzeit werden in Deutschland ca. 21.100 öffentlich-zugängliche Ladepunkte für ca. 220.000 E-Fahrzeuge (inklusive Plug-in-Hybride) betrieben. Erreicht werden sollten diese Ziele laut Masterplan, indem die Förderung ausgeweitet und insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Um die Koordination zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Industrie soll sich eine „Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur“ kümmern.  Die Leitstelle soll noch dieses Jahr eingerichtet werden.

Ausweitung der Förderung

Der Masterplan sieht bereits bis Ende 2022 weitere 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte vor. Davon wird die Automobilindustrie 15.000 beisteuern. Zusätzlich wurde mit der Automobilindustrie die Errichtung von 100.000 Ladepunkten auf ihren Betriebsgeländen und dem angeschlossenen Handel bis 2030 vereinbart.

Um den Aufbau öffentlich-zugänglicher Ladepunkte auf Kundenparkplätzen voranzubringen, soll im Frühjahr 2020 ein gezielter Förderaufruf hierzu veröffentlicht werden. Wichtig wäre dabei, nicht zu verlangen, dass die Ladepunkte rund um die Uhr zugänglich sein müssen. Die Lademöglichkeit während der Öffnungszeiten reicht in der Regel und eine ununterbrochene Zugänglichkeit würde Unternehmen teilweise abschrecken (etwa wegen der nächtlichen Räum- und Streupflicht im Winter). Tankstellen sollen durch eine Versorgungsauflage verpflichtet werden, Ladepunkte zur Verfügung zu stellen. Zeitplan und konkrete Ausgestaltung stehen hierzu noch aus. Die Umsetzung dürfte angesichts möglicher Brandgefahren, verfügbarer Flächen etc. nicht immer einfach sein. Zudem eignet sich nicht jede Tankstelle („Was mache ich während des Ladens?“).

Neu ist die bislang vernachlässigte Förderung des Aufbaus privater Ladeinfrastruktur, etwa auf Parkplätzen von Mehrfamilienhäusern oder auf Mitarbeiterparkplätzen. Dazu soll ein Förderprogramm aufgelegt werden, in dessen Rahmen im Jahr 2020 bis zu 50 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden.

Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Neben der finanziellen Förderung sieht der Masterplan als weiteren Kernpunkt vor, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Errichtung, Betrieb und Nutzung von Ladeinfrastruktur zu verbessern. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für den Gesetzgeber, da die finanzielle Förderung ins Leere läuft, wenn Ladeinfrastruktur aufgrund rechtlicher Hürden nicht installiert und betrieben werden kann.

Das gilt etwa für notwendige Anpassungen im Miet- und WEG-Recht. Ohne Zustimmung von Vermieter oder Miteigentümern kann derzeit keine Ladestation installiert werden. Wichtig bei der Umsetzung wird auch das Thema Kostenverteilung sein, da sprungfixe Kosten, wie ein Lastmanagement, nicht auf einzelne Mieter bzw. Eigentümer abgewälzt werden dürfen. Weiterhin gehört dazu die Regelung der europarechtlich vorgeschriebenen Ausstattung von Gebäuden mit Ladepunkten bzw. Leitungsinfrastruktur. Die gesetzliche Umsetzung dieser Vorgaben (wir berichteten) sollte dazu genutzt werden, die ambitionierten Ziele beim Ausbau zu erreichen und für eine ausreichende Ausstattung mit Ladepunkten zu sorgen. Dabei sollte auch vorgesehen werden, Bestandsimmobilien bedarfsgerecht auszustatten.

Ein weiteres rechtliches Problem ist die Abwicklung der EEG-Umlage, die nach jetzigem Stand auf die Ladevorgänge anfällt. Dass die jeweiligen Mobilitätsanbieter die Umlage abführen, ist praktisch nicht umsetzbar. Daher sollte die bereits seit 2016 im EnWG geltende Definition des Ladepunktes als Letztverbraucher auch auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) übertragen werden.

Für Verunsicherung sorgte bei den Betreibern von Ladeinfrastruktur und Mobilitätsanbietern in den letzten Monaten vor allem, dass Deutschland bei den eichrechtlichen Anforderungen an Ladeinfrastruktur einen Sonderweg beschreitet. Dieses Thema spart der Masterplan leider aus. Dies verunsichert den Markt und verhindert Investitionen in den weiteren Ausbau von Ladeinfrastruktur. Für Abhilfe würden hier klare und ausreichend bemessene Übergangsfristen für die Umrüstung sorgen. Zudem sollte klargestellt werden, dass nur die Abrechnung geladener Kilowattstunden (kWh) als Messgrößen bei der Belieferung von Elektrizität dem Eichrecht unterfallen, nicht aber eine zusätzliche Zeitkomponente für die Nutzung der Infrastruktur, um Fehlbelegungen zu vermeiden.

Ausblick

Die finanzielle Förderung für die Errichtung von Ladeinfrastruktur auszuweiten, ist unerlässlich, um das Ausbauziel von 1 Mio. Ladepunkten zu erreichen. Da die Mehrzahl der Ladevorgänge gerade nicht an öffentlich zugänglichen Ladepunkten stattfindet, ist es folgerichtig, die Förderung auch auf private Ladeinfrastruktur sowie auf Ladeinfrastruktur auf Kundenparkplätzen auszudehnen, die nicht rund um die Uhr zugänglich sind. Genauso wichtig ist aber die geplante Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Nicht nachvollziehbar ist daher, dass der vorgesehene Zeitraum für die Förderung privater Ladeinfrastruktur zunächst auf das Jahr 2020 beschränkt ist. Fahrer von E-Fahrzeugen sehen sich nicht nur mit dem finanziellen Aufwand für die Installation von Ladeeinrichtungen konfrontiert, sondern insbesondere mit rechtlich kaum überwindbaren Hürden im Miet- und WEG-Recht. Zudem fehlt die gesetzliche Verpflichtung zur Ausstattung von Neu- und Bestandsbauten mit Ladepunkten bzw. Leitungsinfrastruktur. Die Förderung im Jahr 2020 kann nicht genutzt werden, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht zügig angepasst werden. Die Probleme sind seit Längerem bekannt. Dennoch lässt sich die Bundesregierung mit den gesetzgeberischen Maßnahmen Zeit. Hier sollten Förderzeitraum und Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen besser aufeinander abgestimmt werden, um eine zügige Ausstattung von Bestands- und Neubauten mit Ladeinfrastruktur zu ermöglichen.

Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Christian Gemmer

P.S. Sie interessieren sich für dieses Thema, dann schauen Sie gern hier, hier und hier.

Share
Weiterlesen

18 April

Missbrauchsverfahren nach den Energiepreisbremsengesetzen: Bundeskartellamt nimmt Energieversorger unter die Lupe

Die Energiepreisbremsengesetze sollten Letztverbraucher für das Jahr 2023 von den gestiegenen Strom-, Gas- und Wärmekosten entlasten. Um zu verhindern, dass Versorger aus der Krise auf Kosten des Staates Kapital schlagen, wurden in den dazu erlassenen Preisbremsengesetzen besondere Missbrauchsverbote implementiert, über...

15 April

Masterplan Geothermie für NRW: Startschuss für Förderprogramm zur Risikoabsicherung hydrothermaler Geothermie

Am 8.4.2024 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW den Masterplan Geothermie für NRW veröffentlicht. Als erste Maßnahme ging zeitgleich ein Förderinstrument zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko als zentrales Hemmnis für Vorhaben mitteltiefer und tiefer geothermischer Systeme an...