Weltklimakonferenz: viele Ziele, wenige Entscheidungen

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Die 25. Weltklimakonferenz in Madrid ist zu Ende gegangen. Fachleute, Staats- und Ressortchefs aus knapp 200 Ländern waren zusammen gekommen, um über die Reduzierung von Treibhausgasen und die Finanzierung von Schäden in Folge des Klimawandels zu diskutieren. Ihr Hauptziel: das Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 mit Leben zu füllen (wir berichteten). Doch viele Fragen zu seiner Umsetzung waren noch offen. In Madrid sollte geklärt werden, wie die Staaten die verbleibende Zeit nutzen, um aktiv zu werden und ihren Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, so dass die globale Erderwärmung deutlich unter zwei Grad bleibt. Erwartet wurde vor allem, dass die Staaten ehrgeizigere und verbindliche Pläne für die Zukunft vorweisen, um Treibhausgase einzudämmen.

Mit dem Gipfel verband sich vor allem in Europa eine große Erwartungshaltung: So hatte Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionschefin ein ,,EU-Klimagesetz‘‘ angekündigt, das im März 2020 veröffentlicht werden soll. Auch Svenja Schulze, die deutsche Bundesumweltministerin, präsentierte das deutsche Klimaschutzpaket, wonach Deutschland bis 2030 seine Klimaziele erreichen und bis 2050 sogar klimaneutral werden soll. Zudem versprach Schulze den ärmeren Ländern finanzielle Hilfe. Aus einem Fonds sollen Projekte unterstützt werden, um die schädlichen Folgen des Klimawandels einzudämmen.

Im Laufe des Gipfels wurde aber schnell deutlich, dass es schwer werden würde, die unterschiedlichen Interessen der fast 200 teilnehmenden Staaten unter einen Hut zu bringen. Und als das Szenario eines ergebnislosen Gipfels sich immer klarer abzeichnete, verlängerte man den Gipfel kurzerhand sogar. Gebracht hat dies kaum etwas. Zu festgefahren waren die Positionen und unter anderem Brasilien und die USA, die 2020 aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten, machten größere Sprünge zu einer Mission Impossible. Uns so stand nun am Ende der COP 25 ein Abschlusspapier, das für viele der ambitionierten Beteiligten bloße Enttäuschung bedeutet. Das Abschlussdokument betont nun zwar die Notwendigkeit, dass die Staaten ihre Anstrengungen erhöhen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Nur wenige Staaten wollten sich aber auf eine konkrete Zusage festlegen. So bleibt es vorerst bei dem Aufruf, sich bis September nächsten Jahres ambitioniertere Ziele zu setzen.

Auch in den Detailregelungen ging es nur wenig voran, wie etwa bei der Konkretisierung der Regeln für den Handel von sog. Emissionsgutschriften nach Artikel 6 des Pariser Abkommens. Ein Industrieland erhält beim zwischenstaatlichen Emissionshandel eine Gutschrift, wenn es seine Klimaziele selbst zwar nicht erreicht, dafür aber Maßnahmen in einem sog. Schwellen- oder Entwicklungsland fördert. Hierzu kam man bisher zu keinem Ergebnis. Kritiker sehen in dem schon unter dem Kyoto-Protokoll angewandten Instrument unter anderem einen sanktionslosen Ausweg für Industriestaaten, ihre eigenen Klimaziele zu umgehen. Jedenfalls aber müsse der Mechanismus an klare und strenge Regeln geknüpft sein und Doppelzählungen ausgeschlossen werden, auf die aber beispielsweise Forderungen von Brasilien hinausgelaufen wären. Auch die Frage nach dem Schicksal der schon unter dem Kyoto-Protokoll generierten Gutschriften stand einer Einigung im Wege. Auf einen praxistauglichen Rechtsrahmen wird man in diesem Bereich also ebenfalls auf die nächste Klimakonferenz warten müssen.

Enttäuscht wurde auch die Hoffnung der von durch den Klimawandel verursachten Schäden bereits jetzt stark betroffenen Ländern, dass auf den bei der Klimakonferenz in Warschau verabredeten sog. „Loss and Damage“-Mechanismus die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen folgt.

Die ernüchternden Ergebnisse der COP 25 und das erneute Versagen im (Zeit-)Kampf gegen den Klimawandel lassen sich aber nicht auf einzelne Teilnehmerstaaten reduzieren. Und lediglich mit dem Finger auf andere zu zeigen, wäre sicherlich verfehlt. Denn auch Deutschland steht in der Kritik: Grund dafür war der von der Organisation Germanwatch und dem New Climate Institute erstellte ,,Klimaschutzindex‘‘, der mehr Transparenz in die internationale Klimapolitik bringen soll. Deutschland belegt danach von 57 untersuchten Staaten den 23. Platz und liegt – trotz seiner Bemühungen – im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld.

Diese Kritik spiegelt sich auch sonst im Inland wieder: Greenpeace und drei Landwirtschaftsbetriebe hatten die Bundesregierung wegen Missachtung des klimapolitischen Aktionsprogrammes für 2020 verklagt. Diese habe nicht genügend Maßnahmen ergriffen, um die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 gegenüber dem Jahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Das Verwaltungsgericht (VerwG) Berlin wies die Klage zurück, da es keine rechtsverbindliche Regelung gebe, gegen die die Bundesregierung hätte verstoßen können (wir berichteten). Inzwischen liegt auch die Urteilsbegründung vor. Das Aktionsprogramm sei eine reine politische Absichtserklärung und keine zu erfüllende Verbindlichkeit. Zudem fehle es an einer konkreten Rechtsverletzung der Beklagten: Treibhausgas-Emissionen seien dem staatlichen Handeln nicht unmittelbar zurechenbar. Die Luftverunreinigung alleine begründet keine Pflicht zur Präventivverantwortung des Staates.

Die an der Klage Beteiligten haben nun auf die vom VerwG Berlin zugelassene Berufung verzichtet. Es dürfte dennoch nicht die letzte Klage dieser Art gewesen sein. Je konkreter sich die Bundesregierung selbst gesetzlich zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet, desto wahrscheinlicher dürfte es sein, dass weitere Versuche folgen werden, auch auf dem Rechtsweg darauf hinzuwirken, dass den Worten auch Taten folgen.

Alles in allem ist aufgrund der jüngsten Entwicklungen abermals zu konstatieren, dass die EU und Deutschland in Sachen Klimaschutz gut beraten sind, ihre eigenen Hausaufgaben zu erledigen. Wenn es gelingt, innerhalb der EU trotz aller industrie- und sozialpolitischen Zwänge einen ambitionierten und verbindlichen Aktionsplan aufzustellen, kann dies Signalwirkung haben. COP 25 hat jedenfalls gezeigt, dass die Dynamik der von Greta Thunberg maßgeblich mit angestoßenen Klimabewegung für sich noch ausreicht, um die nötige Veränderung zu bewirken. Staaten und Politik müssen hierbei – natürlich mit Augenmaß – mitspielen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

PS: Sie interessieren sich für dieses Thema, dann schauen Sie gern hier: CO2-Preis – Der nationale Emissionshandel nach dem BEHG.

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