Wie gewonnen so zerronnen? Smart-Meter-Rollout vs. Coronavirus-Pandemie

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Es ist schon eine sehr bittere Ironie des Schicksals: Jahrelang hatte sich die Energiewirtschaft auf den Smart-Meter-Rollout vorbereitet (wir berichteten); vor wenigen Wochen gab das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) mit seiner Markterklärung endlich den offiziellen Startschuss (wir berichteten). Doch jetzt kommt dem Ausrollprozess der intelligenten Messsysteme die Corona-Pandemie in die Quere. Zum einen gilt auch für das Zählerwesen die Vorgabe, den persönlichen Kontakt einzuschränken, um Kunden und Mitarbeiter/innen zu schützen. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in Zukunft zu Verzögerungen bei der Auslieferung der Geräte kommen könnte. Dennoch, für grundzuständige Messstellenbetreiber läuft seit dem 24.2.2020 die Rollout-Frist.

Ganz akut sorgen sich viele Netzbetreiber aber auch um die Prozesse rund um die Marktkommunikation – denn hier gelten strenge Fristen. Trotz der Coronavirus-Pandemie rückt die Bundesnetzagentur (BNetzA) von diesen Fristen nicht ab, wie sie am 17.3.2020 mitteilte.

MaKo 2020

Zum 1.12.2019 trat die Marktommunikation 2020 in Kraft und mit ihr zahlreiche Änderungen bei Lieferantenwechsel-, Messstellenbetreiberwechsel- und Abrechnungsprozessen für die Netzbetreiber (wir berichteten). Der Start verlief für nahezu alle Marktteilnehmer holprig, da einzelne IT-Lösungsanbieter die MaKo-2020-Prozesse nicht vollständig fristgerecht umsetzen konnten. Dies wirkt  teilweise bis heute nach, da fehlende Standardlösungen und zusätzliche Clearing-Notwendigkeiten einen reibungslosen Ablauf erschweren.

Die BNetzA geht allerdings dennoch davon aus, dass eine „stabile IT-Umsetzung der Marktkommunikation“ in den Unternehmen stattfindet, die durch eine weitgehend vollautomatische Abwicklung wenig von personellen Engpässen betroffen sind. Grundsätzlich gelten die Prozessfristen im Rahmen der Marktkommunikation deshalb weiter. Dies sei gerade in Krisenzeiten von Bedeutung, damit der Markt weiter sicher funktioniert. Daneben soll auch die aktuelle Festlegung im Strombereich nach wie vor bis zum 1.4.2020 in den IT-Systemen der Marktakteure umgesetzt werden.

Kommt es in Einzelfällen zu erhöhtem manuellen Clearing-Aufwand, zu personellen Engpässen und dadurch zu einer Überschreitung der Fristen, behält sich die BNetzA jedoch vor, mit einem angesichts der aktuellen Lage erforderlichen Augenmaß zu reagieren. Dafür verlangt die Behörde eine entsprechende Dokumentation, etwa über getroffene Vorsorgemaßnahmen und Ereignisse, die zum Verstoß führten. Diese Dokumentation dient der eigenen Entlastung und wird bei der Frage, ob wegen eines Verstoßes ein Verfahren eröffnet werden muss, eine wesentliche Rolle spielen. Bei der Aufbereitung und Darstellung sollten daher die Prüfschritte der Behörde, Fragen der Beweislast und eine Bewertung sensibler Informationen berücksichtigt werden.

Business as usual?

Vor allem für die Netzbetreiber, die ja ganz nebenbei auch die Versorgungssicherheit im Land aufrechterhalten müssen, ist das eine anspruchsvolle Vorgabe. Wir werden sehen, wie viel Augenmaß in der nächsten Zeit erforderlich sein wird…

Ansprechpartner BBH: Dr. Jost Eder/Dr. Michael Weise
Anprechpartner BBHC: Dr. Andreas Lied

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