Der Kompromiss steht – Novelle der Düngeverordnung beschlossen, Strafzahlungen abgewehrt

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Am 27.3.2020 hat der Bundesrat endlich die Reform der Düngeverordnung beschlossen. Eine Neuregelung war notwendig geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutsche Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie 2018 als unzureichend erachtet hatte (Urt. v. 21.6.2018, Az. C-543/16). Am Ende langwieriger Diskussionen steht nun ein Kompromiss, der von fast allen Seiten kritisiert wird – der aber immerhin massive Strafzahlungen an die EU verhindert.

Zähes Ringen um neue Regeln

Die Bundesrepublik musste die bestehenden Regelungen ändern, um die für den Wasserschutz geltenden europäischen Grenzwerte – insbesondere was den Nitrat- und Phosphatgehalt betrifft – einzuhalten. Um die notwendige Gesetzesreform haben viele Akteure gefeilscht: die Agrarwirtschaft und -politik auf der einen Seite, Umweltverbände und -politik auf der anderen Seite und im Hintergrund die Kommission, die auf eine Lösung drängte. Die seit ca. 2 Monaten auch in Europa spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie stellten die betroffene Agrarwirtschaft zu allem Überfluss vor zusätzliche Herausforderungen in der Umsetzung.

Im Zentrum der Debatte stand die Frage, wie und wann Deutschland die für den Wasserschutz bestehenden Grenzwerte für Nitrat einhalten kann. Klar war jedenfalls, dass schärfere Regelungen für die Ausbringung von Dünger und Festmist und längere Sperrzeiten geschaffen werden müssen, um den Eintrag von Nitrat in Boden und Gewässer zu verringern. Konsequenz dessen ist aber unter anderem auch, dass Agrarbetriebe deutlich größere Lagerkapazitäten für Dünger und Festmist vorhalten müssen. Für viele der Betriebe – die ohnehin auf Subventionen angewiesen sind – ist das eine wirtschaftliche Zusatzbelastung, Entsprechend kritisierte die Agrarwirtschaft diese Regelung stark. Hinzu kamen erhebliche Unterschiede in der Interpretation und Umsetzung durch die Länder, was bei Bauern verständlicherweise für Unmut sorgte.

Aus diesem Grunde zogen sich die parlamentarischen Diskussionen zwischen der Bundesregierung und den die Verordnung umsetzenden Ländern und die Verhandlungen mit der Kommission darüber lange Zeit hin. Streitpunkt war, ab wann und in welchem Umfang genau die Maßnahmen umgesetzt werden müssten.

Kompromiss in der Kritik

Im Februar hatte die Bundesregierung schließlich einen Verordnungsentwurf vorgelegt. Nun, kurz bevor Deutschland sich Aufforderungen zur Leistung von Strafzahlungen ausgesetzt gesehen hätte, wurde ein Kompromiss erzielt. Es handelt sich um ein Minimalkompromiss. Und wie bei jedem Kompromiss kommt daher Kritik erwartungsgemäß von fast allen Seiten. Von „zu wenig“ bis „zu viel“.

Kern der Neuregelung ist, dass landwirtschaftliche Flächen, die mit Nitrat und Phosphat besonders belastet sind („rote Gebiete“), differenziert zu kennzeichnen sind. Aufgrund der Pandemie soll die Kennzeichnung erst zum 1.1.2021 umgesetzt werden, bis dahin soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Details der Umsetzung erarbeiten. Diese betreffen vor allem Kriterien der Einordnung von roten Gebieten wie zum Beispiel Gebietskulisse und Messstellen. Insgesamt soll dadurch die Ausweisung „künftig passgenauer und am Verursacherprinzip orientiert“ erfolgen können, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) mitteilte. Flankiert werden die strengeren Vorgaben durch ein Bundesprogramm, das Investitionen in die Lagerung, Ausbringungstechnik und Aufbereitung von Gülle fördern soll.

Bis zur „Scharfschaltung“ der Verordnung bleiben der Bundesrepublik damit nun noch knapp neun Monate Zeit. Währenddessen muss nicht nur die einzusetzende Bund-Länder-Arbeitsgruppe Details ausarbeiten, sondern auch die behördliche Umsetzung vorbereitet und das angekündigte Förderprogramm aufgesetzt werden. Weitere Reibungspunkte sind da fast vorprogrammiert.

Trotz aller Kritik ist aber jedenfalls zu begrüßen, dass Deutschland mit der Neuregelung die massiven Strafzahlungen abwenden konnte. Bis zu 857.000 Euro/Tag – also mehr als 25 Mio. Euro/Monat – hätte dies den Bund kosten können. Geld, das mit dem geplanten Förderprogramm nun sicherlich weitaus besser und sinnvoller investiert werden kann: in Innovationen und neue Techniken zur Verringerung des Nitrateintrags.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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