Mehr Zeit zur Vorbereitung: Verlängerung der Übergangsfrist des § 2b UStG

(c) BBH

Eigentlich sollte die Übergangsfrist des § 2b UStG mit dem 31.12.2020 ablaufen. Am 28.5.2020 hat der Bundestag nun einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung als Teil des sog. Corona-Steuerhilfegesetzes angenommen und damit die Verlängerung dieser Übergangsfrist um zwei weitere Jahre beschlossen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. § 2b UStG weitet die Unternehmereigenschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) erheblich aus und obwohl die Regelung bereits zum 1.1.2016 in Kraft getreten ist, lief die Umsetzung nur schleppend an. Die betroffenen jPdöR haben nun zwei weitere Jahre Zeit, sich auf das neue Umsatzsteuersystem sorgfältig und gewissenhaft vorzubereiten. Es empfiehlt sich, dies unbedingt zu nutzen und – sofern bisher vernachlässigt – jetzt mit den Vorbereitungen zu beginnen. Bis zum 1.1.2023 gibt es nämlich einiges zu tun.

Um die verlängerte Übergangsfrist zu nutzen, muss die jPdöR, die bereits für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 31.12.2020 von der Option zur weiteren Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG a.F. Gebrauch gemacht hat, nichts weiter veranlassen. JPdöR, die die Vorbereitungshandlungen abgeschlossen haben und bereit sind, zum 1.1.2021 (bzw. zum 1.1.2022) auf § 2b UStG umzustellen, müssen die Optionserklärung vor dem 1.1.2021 (bzw. dem 1.1.2022) widerrufen.

Der Anwendungsbereich des § 2b UStG

Im Anwendungsbereich des § 2b UStG entfällt die Anknüpfung an den Betrieb gewerblicher Art. Die Umsatzsteuer wird vollständig von der Ertragsteuer entkoppelt. Es kommt lediglich auf die Einnahmenerzielungsabsicht an: Im Rahmen der Umstellung auf das neue System muss daher jede Einnahme erfasst und einer umsatzsteuerlichen Überprüfung unterzogen werden. Dabei ist besonders sorgfältig vorzugehen: Nicht nur der Geldfluss kann eine Einnahme begründen, sondern auch eine unentgeltliche Leistung oder ein Tauschgeschäft unterliegt regelmäßig der Umsatzbesteuerung. Was hat etwa ein unentgeltlich überlassener Dienstwagen mit Werbeaufdruck mit der Umsatzsteuer zu tun?

Wichtig ist zunächst die Rechtsgrundlage, die dem Einnahmenzufluss zu Grunde liegt. Handelt es sich in dem Beispiel um einen privatrechtlichen Vertrag, steht die Umsatzsteuerbarkeit der Leistung bereits fest. Nur beim Handeln auf öffentlich-rechtlicher Grundlage haben die jPdöR überhaupt erst eine Möglichkeit, der Umsatzsteuerbarkeit noch zu entgehen. Der Gesetzgeber hat für diese Fälle zwar einige Ausnahmen geregelt, die insbesondere die interkommunale Zusammenarbeit dem umsatzsteuerrelevanten Bereich entziehen sollte. Letzten Endes gibt jedoch das Europarecht die alles entscheidende Frage vor: Führt die Behandlung der jPdöR als umsatzsteuerlicher Nichtunternehmer im konkreten Fall zu größeren Wettbewerbsverzerrungen?

Im Ergebnis ist diese Frage immer dann zu bejahen, wenn ein Privater diese Leistung ebenfalls anbieten könnte. Folge ist dann die Umsatzbesteuerung. Hieran wird deutlich, dass künftig nur noch ein enger Kreis von Tätigkeiten, die der hoheitlichen Sphäre zuzuordnen sind, eindeutig nicht in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer fällt. Alle anderen Tätigkeiten müssen sorgfältig und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gewürdigt werden.

Den Umstieg frühzeitig vorbereiten

Um die jPdöR bei dieser Aufgabe zu unterstützen, lässt die Finanzverwaltung allein wegen der geänderten Rechtslage ausnahmsweise Anträge auf verbindliche Auskunft zu – obwohl der zu beurteilende Sachverhalt unverändert bleibt. Um die unerwünschten Steuerfolgen zu vermeiden, muss der Steuerpflichtige im Hinblick auf den abgefragten Sachverhalt eine Gestaltungsalternative haben. Und die Rechtsänderung muss noch in der Zukunft liegen – ein weiterer Grund, den Umstieg auf die Regelungen des § 2b UStG frühzeitig vorzubereiten. Der neue § 2b UStG schafft aber nicht nur mehr Pflichten. Er eröffnet auch die Möglichkeit, die Vorsteuer auf Eingangsleistungen wie beispielsweise Bauleistungen oder damit zusammenhängenden Beratungsleistungen zu ziehen und Einrichtungen der jPdöR netto zu finanzieren. Dies gilt nicht nur für künftige Eingangsleistungen. Auch in der Vergangenheit liegende Beschaffungsvorgänge könnten eine Vorsteuererstattung begründen. Die Kommunen sollten diesen Reflex aus dem neuen § 2b UStG für sich nutzen. Insbesondere im Hinblick auf Leistungen, die erst mit § 2b UStG umsatzsteuerpflichtig werden, aber bereits heute umsatzsteuerbelastete Eingangsleistungen begründen, kann es möglich sein, sich auch wirtschaftliche Vorteile zu sichern, sofern man sich frühzeitig mit dem bevorstehenden Umstieg befasst.

Mit der Verlängerung der Übergangsfrist hat jeder Verantwortliche nochmals die Möglichkeit, seiner jPdöR einen ordentlichen Übergang zur Neuregelung zu ermöglichen und ihr damit nicht nur wirtschaftliche Vorteile in Form des Vorsteuerabzugs zu sichern, sondern diese vor finanziellen Schäden zu schützen. Schließlich hat jeder Verantwortliche einer jPdöR persönlich dafür einzustehen, dass die jPdöR ihre steuerlichen Pflichten erfüllt, nicht nur wegen der möglichen strafrechtlichen Konsequenzen.

Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Meike Weichel/Hilda Faut

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