Digitale Planungs- und Genehmigungsverfahren während der Pandemie: der Entwurf zum Planungssicherstellungsgesetz

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Die Bundesregierung reagiert auf den faktischen Stillstand in Planungs- und Genehmigungsverfahren. Über ein Planungssicherstellungsgesetz (PlanSig) soll die Öffentlichkeitsbeteiligung in Verwaltungsverfahren möglich bleiben. Wenn alle skypen, zoomen, whatsappen usw., dann soll das nun auch in Planungs- und Genehmigungsverfahren möglich sein. Oder anders formuliert: Verfahrensschritte sollen digitalisiert werden – zunächst jedoch nur bis zum 31.3.2021. Das Gesetz hat am 15.5.2020 den Bundesrat passiert und dürfte in Kürze im Bundesgesetzblatt (BGBl.) veröffentlicht werden.

Digitalisierung der Öffentlichkeitbeteiligung im Verwaltungsverfahren

Die Änderungen beziehen sich auf verschiedene Fachgesetze, die eine Öffentlichkeitbeteiligung in den Planungs- und Genehmigungsverfahren vorsehen, u.a. das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG), Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Baugesetzbuch (BauGB), Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Sie betreffen sowohl laufende als auch neu eröffnete Verfahren.

Vier Bereiche sind erfasst:

  • Ortsübliche und öffentliche Bekanntmachungen sollen im Internet nach Maßgabe von § 27a VwVfG erfolgen können; allerdings nur zusätzlich. Ansonsten bleibt es beim Erfordernis einer Bekanntmachung in einem gebräuchlichen Veröffentlichungsblatt oder einer Tageszeitung.
  • Für die Auslegung von Unterlagen oder Entscheidungen, auf die nicht verzichtet werden kann, soll nach § 27a VwVfG ebenfalls eine Veröffentlichung im Internet genügen. Auch hier soll eine Auslegung – nach Ermessen der zuständigen Behörde – erfolgen oder, falls dies nicht möglich ist, das Dokument durch z.B. öffentlich zugängliche Lesegeräte oder Versendung im Einzelfall zugänglich gemacht werden.
  • Für Erklärungen zur Niederschrift soll die Behörde auch einen Zugang für die Abgabe elektronischen Erklärungen bereithalten, z.B. durch einfache E-Mail.
  • Soweit auf Erörterungstermine oder mündliche Verhandlungen und Antragskonferenzen nach den gesetzlichen Vorschriften nicht verzichtet werden kann, muss eine Online-Konsultation erfolgen, wenn und soweit eine Durchführung nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen möglich wäre. Wenn die Durchführung im Ermessen der Behörde steht, soll die Behörde das Risiko der weiteren Ausbreitung von COVID-19 berücksichtigen und ggf. auf Erörterungstermine verzichten.

Im Grunde gut

Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Erfordernis der Öffentlichkeitsbeteiligung, dem Gesundheitsschutz und dem Interesse an einer Fortführung von Genehmigungsverfahren sucht. Aber wie (fast) immer, bleiben Detailfragen unklar: Wie ist sichergestellt, dass Bürger*innen, die keinen digitalen Zugang haben, sich beteiligen können? Was sind „öffentlich zugängliche Lesegeräte“? Wie wird Datenschutz gewährleistet? Was gilt für nicht-öffentliche Erörterungstermine? All dies ist, gerade in Hinblick auf „klassische“ Präsenztermine wie Anhörungs- und Erörterungstermine, rechtliches Neuland, das rechtssicher ausgestaltet werden muss. Da das Gesetz zunächst nur ergänzende Regelungen vorsieht, die den Behörden ein Ermessen einräumen, um jeweils im Einzelfall die angemessene Beteiligungsform zur Verfügung stellen zu können, dürfte aber Gelegenheit bestehen, die neuen Formen der Verfahrensbeteiligung auf ihre praktische Handhabbarkeit zu testen. Und vielleicht wird ja so das eine oder andere Prozedere für alle Seiten besser und einfacher.

Ansprechpartner*innen: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Andreas Große/Dr. Wieland Lehnert

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