OLG München: Wasser darf als „gesund“ bezeichnet werden

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Schon seit einiger Zeit schwelt zwischen den Wasserversorgern und den Herstellern von Mineralwässern ein Streit darüber, ob letztere ihr Wasser als „gesund“ bezeichnen dürfen (wir berichteten). Im letzten Jahr hat sich der Verband der Deutschen Mineralbrunnen e.V. (VDM) den Marktauftritt verschiedener Wasserversorger angesehen. Unter anderem gegen einen Versorger aus Bayern ist der Verband vorgegangen und hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, die aber Anfang Mai 2020 in zweiter Instanz aufgehoben wurde. Diese rechtskräftige Berufungsentscheidung dürfte Signalwirkungen für die gesamte Branche haben.

Zentral ging es dabei um die Rechtfrage, in welchem Verhältnis die Veröffentlichungspflichten des § 21 TrinkwV zu den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen eines vermeintlichen Wettbewerbers stehen, und ob der Anwendungsbereich der Health-Claim-Verordnung (HCVO – VO 1924/2006) eröffnet ist.

Der hier betroffene Wasserversorger hatte auf seiner Internetseite sein Wasser mehrfach als „gesund“ bezeichnet, und diese Aussage jeweils mit bestimmten Eigenschaften kombiniert. Das LG Landshut hat dem Wasserversorger im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt (Urt. v. 27.11.2019, Az. 1 HK O 3323/19), das Wörtchen „gesund“ in Kombination mit den Eigenschaften für das Leitungswassers zu verwenden, da es einen Verstoß gegen die HCVO annahm. Auf die Berufung des Verbandes hat das OLG München die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf deren Erlass vollständig und rechtskräftig zurückgewiesen (Urt. v. 7.5.2020, Az. 29 U 769/20).

Das OLG München kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Darstellung auf der Internetseite des Wasserversorgers nicht um eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt. Schon aus diesem Grund war der Anspruch des Verbandes abzuweisen. Kern der Überlegungen der Richter in München war, dass der beklagte Wasserversorger mit seiner Darstellung auf der Homepage seine Verpflichtung aus § 21 TrinkwV erfüllt habe, die keine zu engen Forderungen enthalte. Insoweit war die Veröffentlichung auf der Internetseite des Wasserversorgers gedeckt durch eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.

Des Weiteren hat sich das OLG München mit der Frage beschäftigt, ob ein Verstoß gegen die HCVO vorliegt. Dies wurde verneint, da es für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der HCVO darauf ankommt, ob überhaupt eine kommerzielle Mitteilung vorliegt. Wenn es an der Absicht fehlt, den Wasserverkauf zu fördern, dann ist das nicht der Fall. Eine Information darüber, dass das Leitungswasser bedenkenlos getrunken werden kann, ist somit keine kommerzielle Mitteilung.

Diese Entscheidung stärkt die Rechte der Wasserversorger im Hinblick auf die Informationsmöglichkeiten der Trinkwasserkunden deutlich. Die Versorger müssen sich nicht in der Information der Kunden beschränken lassen. Kernfrage bei der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer Formulierung wird es in Zukunft sein, ob eine Aussage der Förderung des Absatzes von Wasser dient oder auf den Zweck ausgerichtet ist, die Verbraucher zu informieren.

Es ist aber eher nicht davon auszugehen, dass mit dieser Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz das Ende der gerichtlichen Auseinandersetzung erreicht ist. Gegenwärtig ist noch ein Verfahren in der Hauptsache anhängig, dass im Zweifel bis zum Bundesgerichtshof betrieben werden könnte. Auch hat das OLG München angedeutet, dass gegebenenfalls eine Klage vor den Verwaltungsgerichten möglich ist. Es ist davon auszugehen, dass diese und auch andere Rechtsfragen weiter auf die Wasserversorger zukommen werden. Für eine schnelle Lösung erscheint die Auseinandersetzung zwischen der Mineralwasserindustrie und den Wasserversorgern derzeit zu festgefahren. So wird nicht nur über „gesund“ gestritten, weitere Themen sind z.B. Hinweise auf Vermeidung von Plastikmüll und Wasserrechte.

Ansprechpartner*innen: Daniel Schiebold/Stefan Wollschläger/Beate Kramer

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