Zahlungsrückstände aufgrund Covid-19: Erleichterungen für Schuldner in Dauerschuldverhältnissen geplant

© BBH

Am 25.3.2020 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet (BT-Drs. 19/18110), um den zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Epidemie zu begegnen. Das Gesetz sieht grundsätzliche Erleichterungen für die Schuldner in Dauerschuldverhältnissen vor, insbesondere in Mietverträgen Privater und kleiner Gewerbetreibender sowie in Darlehensverträgen.

Nach dem Gesetz dürfen Vermieter sowohl Wohn- als auch Gewerberaummietverträge wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen.

Dabei bleibt der Mieter im Grundsatz verpflichtet, die Miete zu zahlen, hat nun aber ein zeitlich beschränktes Zurückbehaltungsrecht für die Mietzahlung. Der Vermieter wird also in der Ausübung seines Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzugs für einen bestimmten Zeitraum insofern beschränkt, als dass er erst nach drei (statt wie bisher zwei) versäumten Mietzahlungen kündigen darf. Die Beschränkung findet auch auf Pachtverhältnisse Anwendung.

Um diese Beschränkung umzusetzen, ist es notwendig, § 2 zu Art. 240 EGBGB anzupassen. § 2 Abs. 1 Satz 2 zu Art. 240 EGBGB n.F. sieht vor, dass der Mieter den Zusammenhang zwischen der ausgebliebenen Mietzahlung und der Covid-19-Pandemie glaubhaft machen muss. Das bedeutet, dass der Mieter Tatsachen darlegen muss, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass seine Nichtleistung auf der Covid-19-Pandemie beruht. Zur Glaubhaftmachung eignen sich schon eine Versicherung an Eides statt oder der Nachweis der Antragstellung beziehungsweise die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise über den Verdienstausfall. Mieter von Gewerbeimmobilien können die geforderte Glaubhaftmachung darüber hinaus auch dadurch erbringen, dass der Betrieb ihres Unternehmens im Rahmen der Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist. Dies dürfte insbesondere für Gaststätten oder Hotels relevant sein, denen es zurzeit in vielen Bundesländern untersagt ist, ihr Gewerbe zumindest für touristische Zwecke zu betreiben.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass es für Mieter in den kommenden Monaten aufgrund der verheerenden wirtschaftlichen Einbußen ein Problem sein werde, die laufende Miete für Wohn- beziehungsweise Gewerbeflächen zu begleichen. Es sei zu erwarten, dass sich die Einnahmeverluste der Personen, die von der Covid-19-Pandemie betroffenen sind, auf durchschnittlich mehr als zwei Monatsmieten belaufen werde. Mit der Begrenzung des Kündigungsrechts in Miet-und Pachtverhältnissen sei vorerst gesichert, dass diese Rechtsverhältnisse fortbestehen. Mietern und Pächtern würde damit die Sorge genommen, dass ihnen wegen Zahlungsrückständen gekündigt werden kann, die im Zeitraum vom 1.4. bis 30.6.2020 wegen der Covid-19-Pandemie angefallen sind.

Mehr als zwei Jahre Zeit für die Rückzahlung

Die Kündigungsbeschränkung endet nach dem vom Kabinett verabschiedeten Gesetzesentwurf am 30.9.2022. Damit haben Mieter und Pächter vom 30.6.2020 an über zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung berechtigenden Miet- oder Pachtrückstand auszugleichen.

Dabei bleiben Kündigungen des Miet- beziehungsweise Pachtverhältnisses aus anderen Gründen (zum Beispiel andere wichtige Gründe, die auf schwerwiegendem Fehlverhalten des Mieters gegenüber dem Vermieter beruhen) weiterhin möglich.

Gemäß § 2 Abs. 2 zu Art. 240 EGBGB n.F. ist es nicht möglich, von diesen Regeln abzuweichen, auch nicht in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und auch unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Parteien vertragliche Kündigungsrechte vereinbart haben. Nicht betroffen von den Regelungen sind allerdings vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte für Zahlungsrückstände, die vor dem 1.4. 2020 angefallen sind oder nach dem 30.6.2020 anfallen werden.

Ansprechpartner: Ulf Jacobshagen

Share
Weiterlesen

22 April

Interviewreihe: Marcel Malcher, BBH-Partner und Vorstand BBH Consulting AG

Am 24.4.2024 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema Energie in seiner Gesamtheit, seiner systemischen Verknüpfung und seiner Entwicklungsperspektive. „Energie heute & morgen“ ist daher auch der Titel der Veranstaltung. Zu den...

18 April

Missbrauchsverfahren nach den Energiepreisbremsengesetzen: Bundeskartellamt nimmt Energieversorger unter die Lupe

Die Energiepreisbremsengesetze sollten Letztverbraucher für das Jahr 2023 von den gestiegenen Strom-, Gas- und Wärmekosten entlasten. Um zu verhindern, dass Versorger aus der Krise auf Kosten des Staates Kapital schlagen, wurden in den dazu erlassenen Preisbremsengesetzen besondere Missbrauchsverbote implementiert, über...