Greenwashing in der Werbung abstellen: Entwurf der Kommission vorgestellt

Bereits vor gut einem Jahr hatte die Europäische Kommission einen Gesetzesentwurf eingebracht, um irreführende Werbung für alle Produkte europaweit deutlich schärfer zu regulieren. Durch gesetzliche Verbote sollte das nach dem Willen der Kommission insbesondere „grüne“ Werbeaussagen verhindern, die nicht halten, was sie versprechen. Seit dem 31. März letzten Jahres befindet sich bereits ein Vorschlag der Kommission zur Abstimmung im Rat der Europäischen Union. Eine Ergänzung des Gesamtvorhabens erfolgt nun mit dem am 22. März 2023 vorgestellten, weiteren Vorschlag, der noch konkretere Regelungen vorsieht.

Handlungsbedarf: auch bei Werbung mit Diversitätsversprechen

Die Kommission hatte in einer eigens beauftragten Studie festgestellt, dass sich das sog. „Greenwashing“ in der Werbung geradezu virulent ausgebreitet hat. Vollmundig versprachen Werbende am Markt pauschal und vollständig die Nachhaltigkeit eines Produktes. Nur konsequent erscheint es daher, dass der Kommission auch Äußerungen, die die gesamte Produktionskette eines Produktes betreffen, ein Dorn im Auge sind. Der Fokus der angedachten Verbote sollte auch auf dem Verbot von unwahren, generischen und vagen Behauptungen liegen. Im Fokus stehen dabei Aussagen zur Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit aber auch Werbung, die die soziale Verträglichkeit eines Produktes betreffen, also z.B. Diversitäts-, Inklusions- oder Gleichbehandlungsversprechen sowie Aussagen, die hinsichtlich von Arbeits- oder Handelsbedingungen gewisse Standards versprechen.

Vor Kurzem hat eine Verbraucher*innenbefragung im Auftrag der Verbraucherzentrale Bund bestätigt, dass Verbraucher*innen Nachhaltigkeitsbehauptungen großflächig nicht einordnen oder nachvollziehbar bewerten können. Es besteht also durchaus Handlungsbedarf, um das Greenwashing in der Werbung abzustellen.

Nachweispflichten, Informationspflichten, weniger Labels und Siegel

In der Vergangenheit hatte die Kommission, z.B. bei der Stromkennzeichnung, extensive Nachweis- und Informationspflichten formuliert, die den Verbrauchern seitdem – zunehmend standardisiert – eine Fülle an Informationen vermitteln.

Einen vergleichbaren Weg beschreitet nun auch der neue Vorschlag, der drei große Veränderungen ankündigt, die durch die Mitgliedstaaten nach Erlass der Richtlinie bald umgesetzt werden müssen. Die erste betrifft den Begründungsaufwand, der betrieben werden muss, um Produkte mit umweltfreundlichen Aussagen oder Vergleichen bewerben zu können. In Zukunft sollen solche Angaben nur noch möglich sein, wenn sie substantiiert, inhaltlich eingeschränkt und wissenschaftlich nachweisbar belegt werden können.

Die zweite betrifft die Art und Weise, wie solche Informationen kommuniziert werden müssen. Dies soll noch klarer und transparenter geschehen. Die Kommission definiert hier Mindestanforderungen an den Informationsumfang und auch die Art und Weise, wie diese den Verbrauchern präsentiert werden müssen.

Drittens will der Entwurf die Vielzahl der aktuell 230 am Markt erhältlichen Nachhaltigkeitslabel und -Siegel deutlich einschränken. Solche alten und neuen Siegel unterfallen künftig denselben strikten Anforderungen wie Werbeaussagen. Neue nationale Siegel sollen künftig nicht mehr erstellt werden, um das einheitliche EU-Nachhaltigkeits-Siegel als europaweiten, branchenübergreifenden Standard zu etablieren. Private Siegel dürfen – nach einer Zulassung – weiter am Markt agieren, müssen aber gegenüber dem EU-Standard einen umweltbezogenen Mehrwert nachweisen, um zugelassen zu werden. Diese Zulassung und Überprüfung soll durch akkreditierte Zulassungsstellen geprüft werden.

Der Entwurf sieht vor, dass eine staatliche Stelle diese Anforderungen überprüft.

EU-Kommission: Strafandrohungen

Verstöße gegen diese Anforderungen sollen in Zukunft nach dem Willen der Kommission mit scharfen Strafen und Maßnahmen sanktioniert werden und können Bußgelder in der Höhe von maximal vier Prozent des jährlichen Umsatzes in dem/den betroffenen Mitgliedstaaten nach sich ziehen. Ebenfalls möglich sind Gewinnabschöpfung sowie der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und Fördermitteln.

Regulierungsrecht auf dem Vormarsch bei Nachhaltigkeitsaussagen

Der Vorschlag setzt eine Entwicklung fort, die im Rahmen der HCVO für gesundheitliche Werbeangaben schon ein deutlich strengeres Regelungsregime etabliert hat. Das deutsche Wettbewerbs- und insbesondere das Lauterkeitsrecht waren lange Zeit ganz maßgeblich von dem Grundsatz geprägt, dass die Marktakteure selbst für das marktkonforme Verhalten der anderen Marktteilnehmer Sorge tragen. Die europäischen Vorgaben nähern sich dem Ziel der marktkonformen Bewerbung von Produkten dagegen von der anderen Seite mit Nachweispflichten, Zulassungsschranken und versuchen so, ein ebenes Marktumfeld für alle Akteure zu schaffen.

Unsere Expert*innen werden das Gesetzgebungsverfahren weiter beobachten und über die Umsetzung ins deutsche Recht sowie anstehenden Handlungsbedarf und abzusehende Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechungspraxis informieren.

Ansprechpartner*innen: Stefan Wollschläger/David Funk

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