Künstliche Intelligenz im Koalitionsvertrag
„Wir etablieren Deutschland als KI-Nation“, kündigt die künftige Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag an und rückt damit den digitalen Wandel in den politischen Fokus. Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD planen umfangreiche Investitionen in Cloud- und KI-Infrastrukturen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und die digitale Souveränität Europas zu stärken. Neben neuen Potenzialen für eine effizientere Energieversorgung und Optimierung unternehmensinterner Betriebsabläufe ergeben sich für Unternehmen in der Energiewirtschaft hierdurch auch technologische und regulatorische Herausforderungen, die es frühzeitig zu bewältigen gilt.
Digitale Infrastruktur als Fundament für den Ausbau von KI
Der Koalitionsvertrag betont die strategische Bedeutung digitaler Infrastruktur für Künstliche Intelligenz (KI) und deren betriebliche Anwendung. Deutschland solle nicht nur Standort für moderne Rechenzentren und Cloud-Dienste werden, sondern auch eine führende Rolle im Bereich industrieller KI einnehmen. Konkret ist der Aufbau von Hoch- und Höchstleistungsrechenzentren geplant, darunter der Aufbau einer sogenannten „KI-Gigafactory“, die den Zugang zu 100.000 Hochleistungsprozessoren bieten und rechenintensive Aufgaben wie maschinelles Lernen ermöglichen soll. Dieses Vorhaben fügt sich in die übergeordneten strategischen Ziele der Europäischen Union ein: Eine Vorabveröffentlichung des sogenannten „AI Continent Action Plans“ skizziert das ambitionierte Ziel, Europa zum führenden KI-Kontinent zu machen. Dabei sind gezielte Investitionen in den Aufbau einer europaweiten Rechenzentrumsinfrastruktur vorgesehen – darunter fünf sogenannte „KI-Gigafactories“ im EU-Raum. Die künftige Bundesregierung verfolgt das Ziel, einen dieser Standorte in Deutschland zu etablieren.
In allen Lebensbereichen soll KI Anwendung finden: von Wirtschaft über Kultur, Behörden, Justiz und Gerichte bis zur Bundeswehr. Eine innovationsfreundliche Regulierung soll dabei helfen, die Produktivität der Unternehmen zu steigern und den Technologieeinsatz wirtschaftlich sinnvoll zu gestalten. Im Rahmen des geplanten Ausbaus der Rechenzentrumsinfrastruktur soll die Deutsche Verwaltungscloud (DVC) durch Bereitstellung eigener, rechtssicherer Cloud-Angebote in Deutschland einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, unkontrollierte Datenabflüsse zu verhindern.
Darüber hinaus ist eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) geplant. Dies könnte die datenschutzrechtliche Kontrolle harmonisieren und einen einheitlichen Standard für die Datennutzung bei KI etablieren. Für Unternehmen würde dies den Vorteil bieten, dass sie sich nicht mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Regularien und Behörden konfrontiert sehen.
Die Umsetzung der KI-Verordnung (AI Act) soll „innovationsfreundlich und bürokratiearm“ erfolgen, die Marktaufsicht soll nicht zersplittert werden. Dies lässt darauf schließen, dass keine über den bisherigen Regelungsgehalt der Verordnung hinausgehende Verpflichtung der Unternehmen zu erwarten ist. Um die neuen Pflichten leichter umsetzen zu können, soll eine zentrale Servicestelle als Ansprechpartner für Unternehmen etabliert werden. Der Koalitionsvertrag sieht darüber hinaus die Prüfung vor, ob auf europäischer Ebene Haftungsregelungen mit Blick auf KI angepasst werden sollten. Dies könnte eine Abkehr vom aktuellen Vorschlag für eine KI-Haftungsrichtlinie bedeuten. Unternehmen müssen sich in diesem Fall gegebenenfalls vertraglich absichern, um den möglichen Haftungsfragen im Umgang mit KI gerecht zu werden und sich auf die sich verändernden Haftungsregelungen vorzubereiten.
Chancen und Herausforderungen für eine zukunftsorientierte Energieversorgung
Die intelligente Nutzung von KI bietet zahlreiche Chancen für eine nachhaltigere und effizientere Energieversorgung. Durch datengetriebene Vorhersagen, automatisierte Steuerung und smarte Verbrauchsmodelle könnten erneuerbare Energien effizienter in bestehende Netzstrukturen integriert werden. Insbesondere die Analyse großer Datenmengen, die Optimierung der Einspeisung in Echtzeit und die automatisierte Steuerung der Netzarchitektur bieten erhebliche Effizienzpotenziale. Wenn entsprechende Pilotprojekte weiterentwickelt werden, könnten KI-Systeme beispielsweise künftig dabei helfen, Versorgungsengpässe zu vermeiden und die Systemstabilität unter dynamischen Bedingungen aufrechtzuerhalten. Möglich wäre dies etwa durch vorausschauende Wartung, eine optimierte Nachfragesteuerung, Vorhersage von Ausfällen oder Störungen im System mit längeren Vorlaufzeiten und automatisierten Selbstheilungsmaßnahmen im Netz.
Trotz dieser Chancen stellt die Implementierung von KI in kritische Infrastrukturen Stadtwerke und Netzbetreiber vor Herausforderungen. Es braucht eine belastbare, skalierbare und sichere Infrastruktur. Hinzu kommen vielfältige rechtliche Fragen beim Einsatz von KI im Unternehmen. Dazu gehören neben den erwähnten Haftungsfragen insbesondere der Datenschutz, urheberrechtliche Fragen beim Einsatz generativer KI sowie die Notwendigkeit, Mitarbeitende zu qualifizieren und faire betriebliche Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz zu schaffen. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, neue Systeme gesetzeskonform zu integrieren und gleichzeitig Innovationen zu ermöglichen.
Europäische und internationale Perspektiven im Blick behalten
Neben der nationalen Perspektive ist auch die internationale Entwicklung im Bereich von KI wichtig. Über den oben erwähnten Ausbau der Rechenzentrumsinfrastruktur hinaus verfolgt die Europäische Union im Rahmen des „AI Continent Action Plans“ weitere strategische Leitlinien, um KI in Europa ganzheitlich zu entwickeln. So sollen insbesondere der Zugang zu qualitativ hochwertigen Trainingsdaten, die gezielte Förderung von Talenten sowie die Entwicklung konkreter Anwendungsfelder – etwa im öffentlichen Dienst – vorangetrieben werden. Besonderes Augenmerk soll zudem auf einer ausgewogenen Regulierung liegen, die Vertrauen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern schafft, aber gleichzeitig innovationsfreundlich bleibt.
Die europäische Strategie steht für einen integrierten Ansatz, der Forschung, Marktregeln und Ausbildung zusammendenkt – mit entsprechenden Chancen für Unternehmen etwa durch Förderprogramme, Datenräume und abgestimmte Standards. Auch in den USA wird derzeit an einem nationalen KI-Rahmen gearbeitet, um eine zersplitterte Regulierung auf Ebene der Bundesstaaten zu vermeiden. Für deutsche Unternehmen entsteht dadurch ein zunehmend komplexes, aber auch chancenreiches internationales Umfeld, das sie bei strategischen Entscheidungen im KI-Bereich berücksichtigen sollten.
Fazit
Die Implementierung von KI in der Energiewirtschaft stellt nicht nur eine technologische Chance dar. Unternehmen müssen sich auch frühzeitig auf die rechtlichen Entwicklungen einstellen, insbesondere im Hinblick auf mögliche Haftungsfragen und Datenschutzvorgaben. Um die Chancen zu realisieren und Risiken nachhaltig zu reduzieren, können und müssen die Qualifikation von Mitarbeitenden und der umfassende Aufbau von KI-Kompetenz im Unternehmen einen erheblichen Beitrag leisten. Unternehmen, die sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen, werden wirtschaftlich die Nase vorn haben.
Ansprechpartner:innen: Axel Kafka/Thomas Schmeding/Christopher Hahne/Juliane Beckmann
Weitere Ansprechpartner:innen: Dr. Maximilian Festl-Wietek/Julien Wilmes-Horváth/Alexander Bartsch
PS: Sie interessieren sich für dieses Thema, dann schauen Sie gern hier: Künstliche Intelligenz in EVU’s – Kernprozesse neu gedacht.