Abschlussbericht zur E-Ladeinfrastruktur: Bundeskartellamt fordert Maßnahmen für einen funktionierenden Wettbewerb
Eine flächendeckende und öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für E-Autos ist entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet unter anderem das Deutschland-Netz, das kontinuierlich geplant und umgesetzt wird. So wurde beispielsweise im November der erste Schnellladepark an einem unbewirtschafteten Autobahnrastplatz in Betrieb genommen.
Um beim Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur sowie dem Vertrieb von Ladestrom fairen Wettbewerb zu gewährleisten, untersucht das Bundeskartellamt seit einigen Jahren die Markt- und Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich. Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung veröffentlichte das Bundeskartellamt im Oktober. Der Abschlussbericht der Sektoruntersuchung benennt Defizite und gibt Empfehlungen.
Wettbewerbliche Defizite bei der Flächenvergabe und an bewirtschafteten Rastanlagen
Insbesondere bei der Flächenvergabe funktioniere der Wettbewerb laut Bundeskartellamt nicht gut. Dies liege mitunter daran, dass öffentliche Fläche bevorzugt oder exklusiv an ausgewählte Anbieter vergeben werden. Kommunen und Städte würden nach Einschätzung des Bundeskartellamtes bei der Vergabe öffentlicher Flächen nicht hoheitlich, sondern wirtschaftlich handeln. Deswegen greife hier das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot. Daher dürften die Kommunen ihre eigenen Stadtwerke nicht ohne sachliche Rechtfertigung bevorzugen. Allerdings fehle es auch an einem klaren Rechtsrahmen zu den Ausschreibungspflichten der Flächeninhaber und Handlungsmöglichkeiten der Kartellbehörden.
Zudem drohe bei der Errichtung von Ladesäulen an Autobahnen ein geschlossener Marktzugang. Während die Ausschreibung bundeseigener Flächen auf unbewirtschafteten Rastanlagen im Rahmen des „Deutschland-Netzes“ die Zugangsmöglichkeiten deutlich verbessert hat, könnte der Zugang zu Flächen auf bewirtschafteten Rastanlagen eingeschränkt bleiben. Die Tank & Rast-Gruppe habe auf diesen Flächen langfristige Konzessionen erhalten. Der Streit um den Umfang dieser Konzessionen (aktuell Gegenstand eines Verfahrens beim EuGH) schränke den Zugang dritter CPO zu diesen Flächen ein.
Gestaltung des Ordnungsrahmens: Staatliche Planung und Lenkung vermeiden
Das Bundeskartellamt empfiehlt, dass der Gesetzgeber den Ordnungsrahmen für den Wettbewerb im Bereich der Pkw-Ladeinfrastruktur ohne staatliche Planung und Lenkung ausgestalten solle. Eine verpflichtende Vorgabe für Tankstellenbetreiber, in festgelegtem Umfang Ladestationen zu errichten, könnte kontraproduktiv wirken. Diese Art von Regulierung würde die Flexibilität der Tankstellenbetreiber in Bezug auf eigene Ausbaupläne einschränken und gleichzeitig die Investitionsbereitschaft anderer Anbieter hemmen.
Obwohl Anbieter bei vergleichbaren Ladegeschwindigkeiten teilweise stark unterschiedliche Preise verlangen, hat das Bundeskartellamt keine Hinweise auf eine systematische Preisüberhöhung bei E-Ladesäulen festgestellt. Eine diskutierte Preisregulierung, die darauf abzielt, die Marktmacht der Ladesäulenbetreiber einzuschränken, sei nicht zielführend, um Preisunterschiede zu reduzieren. Vielmehr könnte eine solche Regulierung den Ausbau der Ladeinfrastruktur verlangsamen und das Risiko einer langfristigen Abhängigkeit der Betreiber von öffentlichen Fördermitteln erhöhen.
Es ist laut dem Bundeskartellamt ebenso wenig zielführend, ein reguliertes Durchleitungsmodell für die E-Ladeinfrastruktur einzuführen. Im Pkw-Bereich habe – anders als z.B. bei Stromnetzen – der Ladesäulenbetreiber keine Monopolstellung. Ein Durchleitungsmodell würde dann auch nicht zu niedrigeren Ladestrompreisen führen, da die Amortisationskosten für die Ladeinfrastruktur lediglich über das Durchleitungsentgelt statt über den Bezugspreis für Ladestrom gedeckt würden. Das Ergebnis bliebe letztlich unverändert.
Einen etwas anderen Weg geht aktuell die Autobahn des Bundes GmbH, die in ihrer Ausschreibung für Lkw-Ladeinfrastruktur an BAB eine Durchleitung von Strom ermöglicht, allerdings keine diesbezügliche Regulierung etablieren will. Die Möglichkeit der Durchleitung greift die Idee des Ladepunktnetzes der BNetzA auf und tritt als dritte Option neben das Ad hoc-Laden und das EMP-Laden.
Offenen Wettbewerb fördern durch Fördermaßnahmen und öffentlichen Ausschreibungen
Um den Wettbewerb zu stärken und den Marktzugang zu sichern, kommen laut Bundeskartellamt neben kartellrechtlichen Instrumenten zwei wesentliche Instrumente zum Einsatz: staatliche Fördermaßnahmen und öffentliche Ausschreibungen. Dabei sollte der Gesetzgeber darauf achten, dass wettbewerbliche Marktstrukturen gefördert werden und ein „level playing field“ für alle potenziellen Fördernehmer besteht – die Unternehmen, die sich auf die Fördermittel bewerben sollen alle die gleichen Chancen haben.
Öffentliche Ausschreibungen sollten so konzipiert werden, dass sie enge räumliche Märkte umfassen, um kleinere, sich möglicherweise überschneidende Lose zu ermöglichen. Dies könne die Vielfalt der Anbieter erhöhen und den Wettbewerb weiter ankurbeln. Ein positives Beispiel für die Kombination beider Instrumente sei die bereits genannte Ausschreibung des „Deutschland-Netz“.
Ansprechpartner*innen Elektromobilität: Dr. Christian de Wyl/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Roman Ringwald
Ansprechpartner*innen Kartellrecht: Dr. Olaf Däuper/Dr. Tigran Heymann/Dr. Holger Hoch