Die EU-Methanverordnung: Verpflichtungen zur Überwachung und Reduktion energiebezogener Methanemissionen aus dem Energiesektor

Mit der am 5.8.2024 in Kraft getretenen Methanverordnung der Europäischen Union 2024/1787 (MethanVO) werden Unternehmen aus dem Energiesektor dazu verpflichtet, Methanemissionen zu überwachen und zu senken (Pressemitteilung, Verordnungstext). Mit der Verordnung sollen Methanemissionen im EU-Energiesektor und auch bei Energieimporten eingedämmt werden und damit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität der EU bis 2050 geleistet werden. Methan (CH4) ist mit 80 – 95% der Hauptbestandteil von Erdgas und nach Kohlendioxid das zweitbedeutsamste Klimagas. Auf Unternehmen aus dem Energiesektor kommen bereits im nächstem Jahr Überwachungs- und Berichtspflichten zu.

Warum ist die Verringerung der Methanemissionen wichtig?

Das Ziel der Verringerung der Methanemissionen ist von enormer Relevanz: Methan verweilt zwar „nur“ für etwa 12,4 Jahre in der Atmosphäre, ist aber – so die Erwägungsgrunde unter Verweis auf den sechsten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) – über einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet 83-mal klimaschädlicher als CO2 und für rund ein Drittel der Klimaerwärmung verantwortlich. Dabei entfaltet es seine besonders klimaschädliche Wirkung nur, wenn es als Gas in die Atmosphäre gelangt. Wird es hingegen für Verbrennungsprozesse genutzt (etwa in Gaskraftwerken), reagiert es mit Sauerstoff zu CO2 und Wasser (H2O). Die Menschheit ist für 59 Prozent der Methanemissionen verantwortlich, wobei in der EU auf die Landwirtschaft mehr als 50 Prozent entfallen, etwa ein Viertel auf die Abfallwirtschaft, und ein knappes Fünftel auf den Energiesektor. Die Vermeidung der Emissionen ist im Energiesektor jedoch vergleichsweise leichter zu verwirklichen: Im Energiesektor können schätzungsweise 75 Prozent der Methanemissionen ohne zusätzliche Kosten verhindert werden – das ansonsten freigesetzte Methan kann sogar verkauft und für weitere Erzeugungsprozesse genutzt werden. Hier wäre eine Einsparung von circa 400 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten möglich, würden alle Staaten, aus denen die EU ihre Energieträger wie Kohle, Öl und Gas importiert, diese Vorgaben umsetzen. Zum Vergleich: Deutschland emittierte 2023 etwa 674 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Welche Neuerungen bringt nun die Methan-Verordnung?

Überwachungs- und Berichtspflichten

Die MethanVO nimmt nun das Einsparpotential im Energiesektor in Angriff. Sie sieht für Anlagen innerhalb der EU strenge Vorgaben für die Senkung der Methanemissionen vor: Öl-, Gas- und Kohleunternehmen in Europa müssen ihre Methanemissionen entlang der gesamten Lieferkette nach den höchsten Überwachungsstandards messen, überwachen, melden und überprüfen. Konkret müssen Betreiber regelmäßig Bericht über die an der Quelle quantifizierten und auf Standortebene gemessenen Methanemissionen erstatten – dies gilt auch für nicht-operative Anlagen. Bereits zum 5.8.2025 müssen hier Schätzberichte (Öl- und Gasunternehmen) bzw. umfängliche Emissionsberichte (Kohleunternehmen) vorgelegt werden.

Eindämmung von Leckage-Verlusten

Weiter sind Öl- und Gasunternehmen verpflichtet, ihre Anlagen regelmäßig im Rahmen sogenannter „LDAR-Untersuchungen“ (Leak Detection and Repair Survey) zu überprüfen, um Methanlecks im EU-Gebiet innerhalb bestimmter Fristen zu identifizieren und zu reparieren. An diese Untersuchungen werden durch die MethanVO strenge Anforderungen gestellt. Insbesondere müssen Anlagenbetreiber bis zum 5.5.2025 ein umfassendes „LDAR-Programm“ vorlegen und bis zum 5.8.2025 erste LDAR-Untersuchungen bei bestehenden Standorten durchführen.

Neue Regeln für das Abfackeln- und Ausblasen von Methan

Die Gas- und Ölindustrie in der EU muss zudem das vermeidbare und routinemäßige Abfackeln und Ausblasen einstellen und es auf Notfälle, technische Störungen oder sicherheitsbedingte Situationen beschränken. Für unvermeidbare und unbedingt notwendige Vorgänge wird zudem eine Meldepflicht implementiert. Für untertägige Kohlebergwerke (Steinkohlebergbau) wird ab dem 01.01.2025 das Abfackeln und Ausblasen von Methan aus Gasabsaugsystem verboten. Ab 2027 wird ferner das Ausblasen über Wetterschächte eingeschränkt, nach 2030 gelten dafür noch strengere Bedingungen. Die Verordnung verpflichtet außerdem Unternehmen im Öl-, Gas- und Kohlesektor, ein Inventar stillgelegter, inaktiver, verschlossener und aufgegebener Anlagen wie Bohrlöcher und Bergwerke zu erstellen, ihre Emissionen zu überwachen und für die Minderung dieser einen Plan zu erstellen, der grundsätzlich innerhalb von 12 Monaten umgesetzt werden muss.

Global-Impact

Schließlich nimmt die Verordnung diejenigen Methanemissionen in Angriff, die mit dem Import von Öl, Gas und Kohle einhergehen. Auch hier gelten erste Berichtspflichten für Importeure von Rohöl, Erdgas und Kohle bereits ab dem Jahr 2025. Die Verordnung führt schrittweise strengere Anforderungen ein, um sicherzustellen, dass Importeure aus dem EU-Ausland dieselben Regeln zur Methanemissionseindämmung erfüllen wie Betreiber innerhalb der EU. Das umfasst die Einrichtung einer Methan-Transparenzdatenbank, in der Daten über Methanemissionen öffentlich gemacht werden. Die Verordnung verpflichtet die Europäische Kommission zudem dazu, Methanleistungsprofile von Mitgliedstaaten und Erzeugern bzw. Importeuren oder Drittländern zu erstellen, um fundierte Entscheidungen über Energieeinfuhren zu ermöglichen. Außerdem sieht die Verordnung die Einrichtung eines sog. „Globalen Methan-Überwachungsinstruments“ vor, das auf Satellitendaten basiert, sowie einen „Krisenreaktionsmechanismus“ für besonders hohe Emissionen. Die Verordnung schreibt außerdem vor, dass ab 2027 neue Importverträge für Öl, Gas und Kohle nur abgeschlossen werden können, wenn der Importeur denselben Überwachungs-, Berichterstattungs- und Überprüfungspflichten unterliegt wie die EU-Produzenten. Sie legt dabei eine Methodik für Methanintensität und Höchstwerte fest, die bei diesen neuen Verträgen einzuhalten sind.

Ausblick

Die Mitgliedstaaten haben noch bis zum 5.2.2025 Zeit, der Kommission eine für die Überwachung und Durchsetzung der Anwendung der MethanVO zuständige Behörde zu benennen. Für Deutschland steht eine solche Benennung noch aus, die Aufgabe könnte jedoch dem Umweltbundesamt übertragen werden. Auch etwaige Sanktionen sind durch die Mitgliedstaaten noch bis zum 5.8.2025 zu bestimmen und der Kommission mitzuteilen.

Obwohl darüber hinaus einzelne Detailfragen noch durch delegierte Rechtsakte der Kommission zu klären sind, ist bereits jetzt ein erhöhter Verwaltungsaufwand für betroffene Unternehmen der Energiewirtschaft absehbar. In Anbetracht der teils bereits ab nächstem Jahr geltenden Pflichten ist es ratsam, sich zeitnah mit den Vorgaben und deren Erfüllung zu beschäftigen.

Unternehmen aus dem Bereich der Abfallverwertung und der Landwirtschaft werden zwar aktuell nicht von der MethanVO adressiert, angesichts ihrer großen Anteile am europäischen Methanausstoß ist eine zukünftige Ausweitung auf diese Sektoren jedoch keinesfalls ausgeschlossen.

Ansprechpartner:innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Vera Grebe

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