Klarheit für den Luftverkehr? Die EU-Kommission legt Vorschlag für die Anpassung des Anwendungsbereichs der Emissionshandelsrichtlinie vor

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Damit die Europäische Union (EU) ihre Klimaschutzziele erreichen kann, muss der Luftverkehr mit seinen nach wie vor ansteigenden Emissionen seinen Teil dazu beitragen. Mit Nachdruck arbeitet die Europäische Kommission deshalb darauf hin, den Luftverkehr so weit wie möglich in den Emissionshandel zu integrieren.

Bereits 2012 hatte die EU den Luftverkehr in den Anwendungsbereich der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG (EH-RL) einbezogen. Dies war aber auf vehementen Protest der außereuropäischen Fluggesellschaften gestoßen. Daher hatte die Kommission den Vollzug dieser Maßnahme für Flüge von und nach Zielen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bis zum 31.12.2016 vorläufig ausgesetzt. Auf diese Weise sollte der Internationalen Luftfahrtorganisation (ICAO) Zeit gegeben werden, sich ihrerseits auf ein globales Klimaschutzinstrument für den Luftverkehr zu verständigen („Stop-the-Clock“-Strategie). Ergebnis der Verhandlungen der ICAO war die Idee, ein Offsetting-System unter dem Akronym CORSIA einzuführen (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation), das im Oktober vergangenen Jahres beschlossen wurde (wir berichteten). Nach dem Auslaufen des Moratoriums musste nun eine Regelung gefunden werden, für welche Flüge die EmissH-RL nunmehr künftig gilt. Hierzu hat die Europäische Kommission am 3.2.2017 einen Verordnungsvorschlag vorgelegt.

Was schlägt die Kommission vor?

Flüge von und nach außerhalb des EWR sind bislang nur vom Vollzug der EmissH-RL befreit. Künftig sollen diese nach dem Vorschlag der Kommission gar nicht mehr in deren Anwendungsbereich fallen. Gleiches gilt für Flüge von und nach Flugplätzen in Gebieten der EU in äußerster Randlage. Emissionshandelspflichtig wären danach zum Stichtag 1.1.2017 nur noch Flüge innerhalb des EWR. Die Menge der kostenlos zugeteilten Zertifikate bleibt für die Zeit von 2017 bis 2020 die gleiche wie 2016. Der begrenzte Anwendungsbereich ist darin schon berücksichtigt. Der lineare Reduktionsfaktor gilt erst ab 2021. Ebenso soll die zu versteigernde Menge gegenüber 2016 vorerst gleich bleiben. Die Ausnahmeregelung für nichtgewerbliche Luftfahrzeugbetreiber mit jährlichen Gesamtemissionen von unter 1.000 t soll statt bis 2020 nun bis 2030 weiter gelten.

Bei dieser Zweiteilung soll es aber womöglich nach dem Willen der Kommission auf lange Sicht nicht bleiben. Sie betont, dass mit dem Emissionshandel von 2013 bis 2016 im Luftverkehrssektor über 17 Mio. t CO2-Emissionen pro Jahr eingespart worden seien. Dies ist nach der Einschätzung der Kommission erfreulich, aber noch nicht ausreichend. Sie macht in der Begründung ihres Vorschlages deshalb deutlich, dass sie zwar die Dynamik der Arbeiten in der ICAO zum konkreten Einsatz des CORSIA unterstützen will, gleichzeitig aber weiterhin über den Emissionshandel die Emissionen aus dem Luftverkehr erheblich verringern will, um die erzielte globale Klimaschutzwirkung zu maximieren. Hierzu sieht der Vorschlag eine Berichterstattungspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat über alle wichtigen internationalen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Anwendung des globalen marktbasierten Mechanismus der ICAO vor. Sobald die ICAO das System näher ausgestaltete hat, soll erneut geprüft werden, ob und wie die ICAO-Instrumente durch eine Änderung der EmissH-RL ab 2021 in das EU-Recht integriert werden können.

Außerdem sieht der Vorschlag der Kommission vor, Bestimmungen für eine angemessene Emissionsüberwachung, -berichterstattung und -prüfung für die Zwecke des CORSIA durch einen delegierten Rechtsakt zu erlassen. Die so gewonnenen Daten der Jahres 2019 und 2020 sollen als Berechnungsgrundlage für das Offsetting-System dienen. Anbieter von Flügen über die EWR-Grenzen hinweg müssen sich also langfristig auf Berichtspflichten und eine Verknüpfung der Instrumente einstellen.

Wie geht es weiter?

Der Vorschlag wird nun von Europäischem Parlament und Rat beraten. Das Mitentscheidungsverfahren soll bis März 2017 abgeschlossen sein. Die Verordnung würde dann am Tage ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten und rückwirkend für Emissionen ab dem 1.1.2017 gelten. In der Zwischenzeit würde die EmissH-RL – da das Moratorium ja bereits zum 31.12.2016 ausgelaufen ist – formal wieder auch auf Flüge über die Grenzen des EWR hinweg Anwendung finden. Die Kommission hat allerdings klargestellt, dass sie während des laufenden Rechtsetzungsverfahrens die dann eigentlich fälligen Pflichten zur Emissionsermittlung nicht durchsetzen wird. Dennoch ist es den betroffenen Fluggesellschaften natürlich im Interesse der Rechtssicherheit zu wünschen, dass die Verordnung schnell verabschiedet wird.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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