Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes – Energie sparen oder zahlen

Geld Sparen Energie
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Wer Energie einspart, der spart Geld. Wer keine Energie einspart, der spart nicht nur nichts, sondern muss womöglich obendrein noch zahlen. Das ist die Folge der §§ 8 bis 8d EDLG-E (im Entwurf – BT-Drs. 18/3373). Die Neuregelung droht bestimmten Unternehmen, die sich auch dieses Jahr erneut keine Gedanken über ihre Energieeinsparpotenziale machen, eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro an. Welche Unternehmen sind verpflichtet? Genau weiß es niemand – Schätzungen gehen von mindestens 50.000 Unternehmen aus. Vor diesem Hintergrund und wegen vieler Einzelfragen hat der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags das Thema auf die Agenda seiner Sitzung am 26.1.2014 gehoben.

Der Rahmen ist klar, die Details sind problematisch

Die neue Pflicht kommt nicht überraschend. Bereits seit Ende 2012 ist die europäische Energieeffizienzrichtlinie in Kraft (wir berichteten). Ihr Art. 8 gibt bereits relativ klar vor, was die Mitgliedstaaten zu regeln haben. Kern der Bestimmung ist, dass alle Unternehmen, die nicht als kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) einzuordnen sind, erstmals ab dem 5.12.2015 (und danach alle vier Jahre) ein Energieaudit durchzuführen haben. Ab hier beginnen jedoch die offenen Fragen.

Seit dem 1.12.2014 liegt ein erster Gesetzentwurf vor, der das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) ändern und die Richtlinie umsetzen soll. Der Gesetzentwurf orientiert sich am Wortlaut der Richtlinie, lässt aber einige Umsetzungsfragen unbeantwortet.

Wer ist betroffen?

Es beginnt damit, dass im Gesetzentwurf nicht definiert wird, was unter einem „Unternehmen“ zu verstehen ist. Gilt der sehr weite Begriff aus der EU-Kommissionempfehlung („jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“) oder der Maßstab aus § 2 Nr. 4 und Nr. 6 StromStG („Kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie kommunale Eigenbetriebe“ bzw. „Wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit, die unter einheitlicher und selbständiger Führung steht“) oder wird noch eine praktikable und eindeutige Definition ins EDL-G selbst aufgenommen? Letzteres wäre wünschenswert, da es eine Reihe von Tätigkeiten gibt, wie etwa solche der öffentlichen Hand, aber auch andere Organisationsformen, bei denen aktuell unklar ist, ob sie zur Durchführung eines Energieaudits verpflichtet sind. Zu nennen sind hier beispielsweise die Abwasserentsorger.

Auch der zweite Schritt, nämlich die Einordnung als KMU, bereitet Probleme. Der Gesetzentwurf verweist auf die Definition der EU‑Kommissionsempfehlung 2003/361 vom 6.5.2003. Danach darf ein KMU in seinem Unternehmen höchstens 250 beschäftigte Personen und maximal Umsatzerlöse von 50 Mio. Euro bzw. eine Bilanzsumme von 43 Mio. Euro haben. Dabei müssen die Kennzahlen von Partnerunternehmen (Beteiligung von 25 bis 50 Prozent) teilweise und von verbundenen Unternehmen (Beteiligung mehr als 50 Prozent) vollständig zugerechnet werden. Diese Zurechnung gestaltet sich in der Praxis regelmäßig sehr komplex. Hieran zeigt sich außerdem die Reichwerte des Gesetzes: Betroffen sind alle Nicht-KMU aus grundsätzlich allen Wirtschaftsbranchen. Auch noch so kleine Tochter- oder sonstige Konzernunternehmen, die womöglich nur wenig Energie verbrauchen, müssten ein eigenes Energieaudit durchführen. In gleicher Weise sind (kleine) Unternehmen betroffen, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. Es genügt ein Anteil von 25 Prozent. Auch sie gelten grundsätzlich nicht als KMU – und zwar unabhängig von den genannten Kennzahlen.

Wie ist ein Energieaudit umzusetzen?

Unternehmen, die bereits ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50.001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS betreiben, sind von der Pflicht eines Energieaudits befreit. Für alle anderen gilt, dass das Energieaudit grundsätzlich den Anforderungen der DIN EN 16247-1 entsprechen muss. Mit dieser Norm gibt es bislang wenige Erfahrungen. Es stellen sich viele Fragen: Wie führe ich ein Energieaudit durch, wenn ich viele kleine Standorte oder Filialen habe? Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich auch im (EU-)Ausland tätig bin?

Außerdem soll es ausreichend sein, mindestens 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs zu erfassen. Erlaubt sind auch so genannte Mischsysteme an unterschiedlichen Standorten bzw. bei unterschiedlichen Unternehmensteilen. Damit ist aber keineswegs alles geklärt. Je eingehender man die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in den Blick nimmt, desto mehr offene Fragen tun sich auf: Bei welchen Geräten muss gemessen (der Gesetzentwurf nennt hier „gängige“ Geräte) und wann darf geschätzt werden? Muss in jedem Fall eine „Lebenszyklus-Kostenanalyse“ durchgeführt werden? Wie kann die Unabhängigkeit des unternehmensinternen Auditors gewährleistet sein? Und so weiter…

Was tun?

Wie sollen sich (möglicherweise) Betroffene verhalten? Den Kopf in den Sand stecken, dürfte wenig ratsam sein, da das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) stichprobenartig – nach eigener Aussage bei bis zu 20 Prozent der Betroffenen – prüfen wird, ob die Pflicht tatsächlich eingehalten wird. Damit sollte man sich möglichst jetzt schon, auch wenn das Gesetz noch nicht in Kraft ist, vorbereiten.

Der Druck auf den deutschen Gesetzgeber ist ohnehin hoch. Die Energieeffizienzrichtlinie war bis zum 5.6.2014 in nationales Recht umzusetzen. Es läuft bereits ein Verfahren gegen Deutschland, da die Frist nicht gehalten wurde. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich der Stichtag 5.12.2015 nicht mehr verändern wird. Es bleibt zu hoffen, dass dennoch einige Fragen geklärt und praktikable Lösungen gefunden werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten die wichtigsten Punkte im Gesetz geregelt und nicht auf den Verordnungsgeber und die Praxis geschoben werden.

Ansprechpartner: Daniel Schiebold/Andreas Große/Niko Liebheit

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