Arbeit an allen Ecken und Enden – Zur Umsetzung der Erneuerbare Energien Richtlinie 2009/28/EG

(c) BBH
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In Brüssel gewinnt die Diskussion um den Ausbau der Erneuerbaren Energien in diesem Sommer wieder deutlich an Fahrt: Die Europäische Kommission hat am 27.3.2013 einen Bericht darüber vorgestellt, wie die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EE-RL) in den Mitgliedsstaaten vorankommt. Im Juli sind Leitlinien der Kommission zu erwarten, die unter anderem die Reform von nationalen Fördersystemen und Kooperationsmechanismen betreffen (wir berichteten).

Die jüngsten Entwicklungen auf diesem Gebiet scheinen der Kommission in ihrem Tatendrang Recht zu geben: Derzeit haben einige Mitgliedsstaaten, unter anderem Spanien und Portugal, die Förderung für neue Anlagen zur Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen komplett eingestellt. Andere, beispielsweise Frankreich und Großbritannien, haben die Förderung gekürzt, und auch in Deutschland wird dies ja jüngst erneut und heftig diskutiert. Vor diesem Hintergrund sieht es dem Bericht zufolge also eher schlecht aus für das Erreichen des EU-weiten Ziels von mindestens 20 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen bis 2020.

Als Grund werden immer wieder die Kosten der Förderung angegeben, die je nach Ausgestaltung des Fördersystems auf Verbraucher, Wirtschaft und Staat zukommen. Allerdings konstatiert der Bericht der Kommission, dass die Mitgliedsstaaten generell eher mehr tun müssen, als sie in ihren nationalen Erneuerbare-Energien-Aktionsplänen und den entsprechenden Fortschrittsberichten bisher angegeben haben. Anders würden sie ihre verbindlichen nationalen Ziele nach Anhang I der Richtlinie nicht erreichen, was Vertragsverletzungsverfahren zur Folge haben kann. Für Deutschland sind bis 2020 immerhin 18 Prozent an der Gesamtenergieumwandlung zu erreichen, also noch deutlich mehr als die gegenwärtigen 12,6 Prozent (2012). Wie man das verbindliche Ausbauziel erreichen und trotzdem die Kosten gering halten kann, ist eine offene Frage. Ob und inwieweit die Leitlinien der Kommission hierzu Aufschluss geben werden, bleibt abzuwarten.

Auch stellt die Kommission fest, dass überhaupt noch nicht alle Bestimmungen der Richtlinie vollständig überall umgesetzt sind. Dies gilt nicht nur für diejenigen, zu denen die  Mitgliedsstaaten in ihren Fortschrittsberichten rapportieren. Die Richtlinie bietet in Art. 6 bis 11  Kooperationsmechanismen an, um das Erreichen der nationalen Ziele zu erleichtern und gegebenenfalls kostengünstiger zu ermöglichen. Doch die sind bisher nicht angewendet worden. Das dürfte wohl auch daran liegen, dass die Bestimmungen der Richtlinie relativ vage sind und viele Fragen für die praktische Umsetzung offen bleiben.  Dass hier etwas getan werden muss, ist der Europäische Kommission bewusst; sie arbeitet an entsprechenden Leitlinien.

Aber nicht nur die Europäische Kommission befasst sich mit dem Thema. Auch mehrere von der EU geförderte internationale Projekte fragen, wie die Richtlinie optimal umgesetzt und ihre Ziele auf nationaler wie europäischer Ebene erreicht werden können. So ging am 29.4.2013, kurz nach Veröffentlichung des Berichts der Kommission, die Website des Projekts „Keep on Track!“ online. Konsortialpartner aus Forschung und Industrie aus ganz Europa arbeiten in diesem Projekt zusammen, um die Fortschritte der Mitgliedsstaaten zu analysieren, auf Schwachstellen und Rückstände hinzuweisen und zu helfen, eventuelle Probleme zu lösen. Die Ergebnisse werden veröffentlicht und auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene mit politischen Entscheidungsträgern und Interessengruppen diskutiert. Auch BBH ist Partner im Konsortium.

Es besteht also auch nach fast vier Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie noch Umsetzungs- und Verbesserungsbedarf. Doch es scheint, dass sowohl innerhalb der Europäischen Kommission, als auch in Industrie und Forschung eifrig daran gearbeitet wird, das Erreichen des Mindestziels von 20 Prozent bis 2020 zu ermöglichen. Und wo ein Wille ist, ist bekanntlich auch ein Weg. Konstruktive Zusammenarbeit kann dabei nur helfen, sollte man meinen.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet/Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht

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