Die Industrieemissionsrichtlinie in der Praxis – Teil 3

(c) BBH
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Seit Anfang Mai dieses Jahres beschäftigen die neuen Vorgaben aus der  Industrieemissionsrichtlinie (IED) und ihre Umsetzung im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und den dazugehörigen Verordnungen (BImSchV) rund 1.800 Betreiber von Industrie- und Großfeuerungsanlagen. Eigentlich sollte das Reformpaket die Rahmenbedingungen für Anlagenbetreiber europaweit weiter vereinheitlichen und damit für mehr Klarheit sorgen. Die Umsetzung macht aber bereits jetzt deutlich, dass bei weitem nicht alle Details rechtssicher geklärt sind. Unsere Blogserie (siehe auch Teil 1 und Teil 2)  zur IED soll ausgewählte Problemkreise aus diesem Bereich darstellen und erläutern.

Heute auf der Tagesordnung: Wie wirken sich Änderungen von Anlagen nach den neuen Vorgaben aus?

In den vergangenen beiden Beiträgen haben wir bereits berichtet, unter welchen Voraussetzungen eine Großfeuerungsanlage dem Anwendungsbereich der IED bzw. der 13. BImSchV unterfällt und welche (strengeren) Grenzwerte daher ab wann greifen. Heute beschäftigen wir uns mit der Frage, was nach den neuen Vorgaben passiert, wenn Anlagen geändert werden.

Die 13. BImSchV legt in ihrem § 13 fest, dass die (durch die IED verschärften) Grenzwertvorgaben der §§ 4 bis 12 der 13. BImschV auf wesentliche Änderungen an einer Feuerungsanlage sofort anzuwenden sind – und zwar ebenso auf die Anlagenteile und Verfahrensschritte, die geändert werden sollen, wie auf die Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf die sich die Änderung auswirken wird. Mit dem Begriff der wesentlichen Änderung knüpft die Regelung dabei ersichtlich an § 16 BImSchG an, der für wesentliche Änderungen genehmigungsbedürftiger Anlagen eine Genehmigungspflicht festschreibt. In letztgenannter Regelung wird konkretisiert, dass wesentliche Änderungen die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage betreffen. Sie müssen zudem nachteilige Auswirkungen hervorrufen können.

Immerhin wird man somit auf die Fallgruppen, die in der Genehmigungspraxis hierzu entwickelt worden sind, auch bei § 13 der 13. BImSchV zurückgreifen können. Ob damit aber alle Fragen beantwortet sind, die sich in der Praxis der Anlagenbetreiber zu den Möglichkeiten und Konsequenzen von Änderungen an den Anlagen ergeben könnten?

Recht eindeutig scheint jedenfalls noch, dass es als wesentliche Änderung im Sinne des § 13 der 13. BImSchV zu begreifen ist, wenn die Kapazität der Anlage ausgeweitet wird, und dass deswegen für den erweiterten Teil unmittelbar die neuen Grenzwertvorgaben erfüllt werden müssen. Dies ergibt schon der Blick auf die maßgebliche Regelung in Art. 30 Abs. 7 Satz 1 IED, der genau jene Fallgestaltung ausdrücklich regelt.

Weit schwieriger sind jedoch sonstige (technische) Änderungen einzuordnen, die die Feuerungswärmeleistung nicht (nominell) erhöhen. Wie sieht es beispielsweise mit Änderungen am Schornstein, der Installation einer Rauchgasreinigungsanlage oder dem Austausch technischer Komponenten an einer Kesselanlage aus, die die Anlagensteuerung verbessern oder den Kraftstoffeinsatzes reduzieren? Unter welchen Voraussetzungen werden diese nun erfasst? Der Blick auf Art. 30 Abs. 7 Satz 2 IED jedenfalls hilft an dieser Stelle nicht weiter. Dort werden zwar nur Änderungen erfasst, die sich möglicherweise auf die Umwelt auswirken und einen Anlagenteil größer 50 MW betreffen. Auf eine derartige Leistungsschwelle hat der deutsche Verordnungsgeber jedoch verzichtet. Deutsche Anlagenbetreiber werden also bei Änderungen unterhalb dieser Mengenschwelle weitestgehend im Unklaren gelassen.

Jenseits der Frage, welche Änderung überhaupt als wesentlich einzustufen ist, wirft die Behandlung von Änderungen in manchen Fällen noch weitaus grundsätzlichere Fragen auf: Wie, wann und mit welchen Folgen kann beispielsweise ein Anlagenbetreiber, der für die Ausnahme bei beschränkter Laufzeit (§ 30 Abs. 4 der 13. BImSchV) bis zum 1.1.2014 gegenüber der zuständigen Behörde vorsorglich eine entsprechende schriftliche Erklärung – unter Verzicht auf den Weiterbetrieb der Anlage – abgegeben hat, nachträgliche Änderungen vornehmen? Wie wirkt sich – vor dem Hintergrund der Urteile zu den E.ON-Kraftwerken Datteln und Shamrock/Herne  – die Verzichtserklärung aus? Lässt sich also die Verzichtserklärung vor Beginn der beschränkten Laufzeit (also vor dem 1.1.2016) noch widerrufen und die Leistung der Anlage auf Basis der bestehenden Genehmigung auf unter 50 MW reduzieren? Oder muss dann die Anlage ganz neu genehmigt werden? Die klare (oder besser: unklare) Antwort: Es wird wohl letztlich auf die Abstimmung mit der Behörde ankommen, denn diese entscheidet im Einzelfall über das Ob und Wie der Genehmigungspflicht.

Fazit: Es gibt (auch) eine Menge Fragen rund um das Thema Anlagenänderung im Rahmen der 13. BImSchV bzw. der IED. Daher wären (bundesweit einheitliche) Auslegungshilfen der Immissionsschutzbehörden durchaus wünschenswert. Auf diese wird man – ist zu hören – wohl noch ein wenig warten müssen. Und damit gilt, was in vergleichbaren Fällen eigentlich immer gilt: Um sich alle Optionen offen zu halten, sollten Anlagenbetreiber sehr schnell alle denkbaren Fallgestaltungen durchspielen, die in Frage kommenden Varianten individuell prüfen und ggf. bei verbleibenden Unklarheiten im Vorfeld das Gespräch mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde suchen. Die Zeit läuft…

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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