Dreiwöchiger Lieferantenwechsel und mehr – GPKE und GeLi Gas als Dauerbaustelle

Das neue EnWG sieht vor, dass ein Lieferantenwechsel künftig nicht länger als drei Wochen dauern darf (§ 20a). Diese Vorgabe hatte auch die Bundesnetzagentur (BNetzA) in ihren Festlegungen umzusetzen und zum Anlass genommen, die Regelungen zum Lieferantenwechsel für Strom (GPKE) und Gas (GeLi Gas) erneut zu überarbeiten.

Dabei wurden die beiden Festlegungen einander angeglichen, so dass sich die Vorgaben für Strom und Gas nun nur noch wenig unterscheiden. Auch wurden einige Prozesse schlanker ausgestaltet bzw. ganz gestrichen. Diese Vereinfachungen sind zu begrüßen.
Dabei werden allerdings auch eine ganze Reihe von fundamental neuen Prozessabläufen geregelt – deren Umsetzung (und damit auch IT-Automatisierung) binnen vier Monaten zum 1.4.2012 erfolgen soll. Hohe Kosten und deutlicher Zeitdruck sind die Folgen.

Untermonatlicher Wechsel des Lieferanten

Der Lieferantenwechsel ist künftig untermonatlich zu jedem beliebigen Tag möglich. Dabei dürfen zwischen Eingang der Anmeldung des Neulieferanten beim Netzbetreiber und Aufnahme der Belieferung nur maximal 10 Werktage liegen. Damit ist sichergestellt, dass selbst im denkbar „längsten“ Fall (alle Weihnachtsfeiertage liegen auf Werktagen nach GPKE bzw. GeLi Gas) drei Wochen nicht überschritten werden. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ist der Wechsel also in deutlich weniger als drei Wochen (meistens in knapp über zwei Wochen) umzusetzen.

Kein Paradox: Dreiwöchiger Lieferantenwechsel und das Ende des Lieferantenwechsels

Die Einführung des dreiwöchigen Lieferantenwechsels bedeutet in GPKE und GeLi Gas zugleich das Ende des Prozesses „Lieferantenwechsel“. Der Prozess „Lieferantenwechsel“ wird – im Ideal – abgelöst von der Kombination der entsprechend angepassten Prozesse „Lieferende“ „Lieferbeginn“ und dem neu geschaffenen Prozess „Kündigung“. Entfallen ist übrigens auch der Prozess „Beendigung der Ersatzversorgung“ (in GPKE und GeLi Gas). Findet der Kunde keinen Folgelieferanten, führt der Ersatzversorger künftig den Prozess „Lieferende“ durch.
Der Bilanzkreiswechsel wird weiterhin zum Monatsersten erfolgen. Da ein Lieferantenwechsel aber zukünftig auch untermonatlich zu jedem beliebigen Tag möglich ist, fallen bilanzielle Zuordnung nach den Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom (MaBiS) und Zuordnung zum Lieferanten gegebenenfalls auseinander. Die sich dann ergebenden Differenzmengen werden zwischen den am Wechsel beteiligten Lieferanten über das Mehr-/Mindermengenmodell ausgeglichen.

Vetorecht und eingeschränkte Pärchenbildung: Altlieferant hat keine aktive Rolle mehr

Die Einflussmöglichkeiten des Altlieferanten beim Wechselprozess werden verringert. Zwar ist der Altlieferant noch einzubeziehen (die Konsultationsfassung hatte zunächst vorgesehen, dass der Altlieferant den Wechselprozess in keinem Fall stoppen kann). Aber es bedarf nun keiner „echten Pärchenbildung“ mehr; d.h. der Anmeldung des Neulieferanten muss der Altlieferant nicht mehr ausdrücklich zustimmen. Äußert sich der Altlieferant nicht, wird seine Zustimmung nach Ablauf von drei Werktagen unterstellt. Allerdings hat der Altlieferant noch immer das Recht, den Lieferantenwechsel (begründet) abzulehnen. Insofern kann man von einer „eingeschränkten Pärchenbildung“ sprechen.

Der eingeschwungene Zustand – alles geht schneller!

Nicht nur beim Lieferantenwechsel – auch darüber hinaus – wurden durchgängig Fristen für alle Beteiligten verkürzt. Die BNetzA spricht in diesem Zusammenhang von einem „eingeschwungenem Zustand“ bei der Abwicklung der Prozesse, der die vormals längeren Bearbeitungsfristen nicht mehr rechtfertigen soll.

Vorsicht Falle: Schriftform bei Kündigungen ausgehebelt

Bedenklich ist der erneute Eingriff der Festlegungen in das allgemeine Zivil- und Vertragsrecht (wie zuletzt schon beim Thema Vollmachten und § 174 BGB sowie beim Thema der Verbindlichkeit von bloßen Internetveröffentlichungen der BNetzA). In den Neuregelungen wird jetzt vorgesehen, dass der vom Neulieferanten angestoßene elektronische Kündigungsprozess vom Altlieferanten nicht deswegen abgelehnt werden darf, weil im Liefervertrag für die Kündigung Schriftform vereinbart worden ist. Da diese Vorgabe z.B. auch für große, leistungsgemessene Kunden gilt, besteht insbesondere dort ein erhöhtes Risiko für rechtliche Auseinandersetzungen um die zivilrechtliche Wirksamkeit der Kündigung.

Kein Aprilscherz: Inkrafttreten zum 1.4.2012

Die Änderungen gelten ab dem 1.4.2012. Seit dem 18.11.2011 liegen die neuen EDIFACT-Nachrichtentypversionen vor, so dass die IT-seitige Umsetzung nun zwingend angestoßen werden sollte. Die Zeit ist knapp, denn: Mitarbeiter sind zu schulen und Prozesse neu auszugestalten!

Ansprechpartner: Dr. Jost Eder/Jan-Hendrik vom Wege

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