Ein Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg

Nach Nordrhein-Westfalen ist Baden-Württemberg das zweite Flächenland, das sich ein eigenes Klimaschutzgesetz gibt. Am 7.5.2013 hat die baden-württembergische Landesregierung einen Entwurf dazu in den Landtag eingebracht. Das Gesetz soll einen Beitrag zum Klimaschutz und der nachhaltigen Energieversorgung leisten. Die erste Lesung fand am 15.5.2013 statt.

Im Kern des Gesetzesentwurfs stehen Ziele für die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Der Gesetzesentwurf sieht – angelehnt an bekannte Größen – vor, dass diese in Baden-Württemberg bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 90 Prozent reduziert werden sollen (Referenzwert zu 1990). Anders als im nordrhein-westfälischen Klimaschutzgesetz sind diese Ziele für die baden-württembergische Landesregierung allerdings nicht als gesetzliche Verpflichtung, sondern lediglich als „Soll-Vorschrift“ konzipiert, von der gegebenenfalls abgewichen werden kann.

Der Gesetzesentwurf richtet sich vornehmlich an die „öffentliche Hand“, also zum Beispiel das Land, die Bezirksregierungen oder die Gemeinden und Gemeindeverbände.

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 fallen darüber hinaus auch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen des Privatrechts unter die Definition der „öffentlichen Hand“, wenn zum Beispiel das Land oder eine Gemeinde an einer Körperschaft mittelbar oder unmittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals bzw. der mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte innehat oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen kann.

Damit würden grundsätzlich auch kommunale Unternehmen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Allerdings sieht der Gesetzesentwurf für diese „öffentlichen Unternehmen“ – anders als das Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – eine Ausnahmeregelung vor. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 sind solche öffentlichen Unternehmen ausgenommen, die Dienstleistungen im freien Wettbewerb mit privaten Unternehmen erbringen. Laut Gesetzesbegründung sollen dadurch zum Beispiel Stadtwerke und kommunale Wohnungsunternehmen von den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes verschont bleiben. Damit wird die besondere Situation kommunaler (Energieversorgungs-)Unternehmen berücksichtigt, für die sich verpflichtende Vorgaben eines Klimaschutzgesetzes schnell als Wettbewerbsnachteil gegenüber privaten Wettbewerbern oder kommunalen Unternehmen aus anderen Bundesländern erweisen könnten.

Darüber hinaus richtet sich das Klimaschutzgesetz auch an die Wirtschaft und Verbraucher in Baden-Württemberg. So sieht der Gesetzesentwurf in § 8 Abs. 1 eine „allgemeine Verpflichtung zum Klimaschutz“ für Jedermann vor. Anders als dieser Wortlaut vermuten lässt, spricht § 8 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs jedoch keine gesetzliche Verpflichtung aus, sondern formuliert eine allgemeine Aufforderung, nach den eigenen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Klimaschutzziele des Gesetzes beizutragen.

Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept

Der Entwurf des Klimaschutzgesetzes setzt nicht nur Ziele, sondern enthält auch Markpfosten für den Weg, auf dem sie erreicht werden sollen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) ein. Das IEKK soll unter anderem wesentliche Ziele, Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele benennen und noch 2013 durch die Landesregierung erstmals beschlossen werden. Es soll der Landesregierung dann als Entscheidungsgrundlage für das Erreichen der Klimaschutzziele dienen.

Für unterschiedliche Sektoren wie zum Beispiel Stromerzeugung, Verkehr, Gewerbe, Landwirtschaft, Industrie und Privathaushalte soll das IEKK konkrete Minderungsziele für Treibhausgasemissionen benennen sowie Handlungsbereiche zu deren Erreichung ausweisen (zum Beispiel Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz, usw.). Schließlich soll es Strategien und Maßnahmen benennen, um Klimaschutzziele zu erreichen.

Während das Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen unter anderem auch Gemeinden und kommunale Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen zur Aufstellung eigener Klimaschutzkonzepte verpflichtet, ist es in Baden-Württemberg allein Aufgabe der Landesregierung das IEKK aufzustellen und fortzuschreiben.

Weiterhin setzt der Gesetzesentwurf das Ziel, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2040 weitgehend klimaneutral zu organisieren. Dazu soll die Landesregierung ein Konzept verabschieden, das auch Hochschulen, Behörden und sonstige Landeseinrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit umfassen soll. Auch hier findet sich jedoch eine Ausnahmeregelung für solche Einrichtungen des Landes, die Dienstleistungen im freien Wettbewerb mit Privaten erbringen oder bei denen ein „begründeter Ausnahmefall“ besteht.

Der Entwurf des Klimaschutzgesetzes sieht schließlich auch Änderungen des Landesplanungsgesetzes Baden-Württemberg (LPlG) vor. Diese betreffen maßgeblich die Regelung des § 11 LPlG zu Form und Inhalt der Regionalpläne und sollen sicherstellen, dass bei deren Aufstellung die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes, des IEKK und der Anpassungsstrategien berücksichtigt werden.

Wenig Konkretes, kaum Verbindliches

Der Entwurf eines Klimaschutzgesetzes für das Land Baden-Württemberg bleibt an vielen Stellen allgemein. Am greifbarsten sind noch die Klimaschutzziele der Landesregierung. Im Übrigen beschränkt sich das Gesetz darauf, Instrumente für die künftige Umsetzung der Klimaschutz- und Energiepolitik in Baden-Württemberg zu benennen, wie zum Beispiel das IEKK oder die Konzepte der Landesregierung zu Anpassungsstrategien und –maßnahmen bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels.

Anders als das Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen ist der baden-württembergische Gesetzesentwurf größtenteils (rechtlich) unverbindlich. Die Treibhausgasemissionsreduktionsziele sind für die Landesregierung (bislang) nicht gesetzlich verpflichtend. Die Landesregierung nimmt insoweit – genau wie die Gemeinden und Gemeindeverbände – lediglich eine „Vorbildfunktion“ im Bereich des Klimaschutzes ein. Auch sieht der Gesetzesentwurf keine Verordnungsermächtigung der Landesregierung vor, um bestimmte Vorgaben zum Beispiel des IEKK rechtlich verbindlich zu machen. Es bleibt abzuwarten, ob der derzeit mit dem Gesetz befasste Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des baden-württembergischen Landtages daran noch etwas ändern will.

Ansprechpartner: Axel Kafka/Stefan Missling

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