Festlegung der BNetzA zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom: Qualitätssicherung der Marktkommunikation (Teil 6)

Die elektronische Marktkommunikation ist in den letzten Jahren komplexer geworden und ihre Überwachung wird dadurch immer umfangreicher. Die regelmäßigen, kurzfristigen Anpassungen der Vorgaben durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) tragen nicht gerade zu einer Vereinfachung bei. In Teil 6 unserer Blogreihe Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom geht es um das Thema Qualitätssicherung der Marktkommunikation.

Kontinuierliche Herausforderungen

Insbesondere die Einführung der intelligenten Messsysteme (iMS) führt kontinuierlich zu einer Vielzahl von Anpassungen und neuen Prozessen. Dass die durchzuführenden Folgeabläufe immer mehr von Ergebnissen der Vorprozesse abhängen, trägt zusätzlich zur Steigerung der Komplexität bei. Beispielhaft seien hier die Prozesse zur Stammdatensynchronisation oder zum „sternförmigen“ Messwertversand (vom Messstellenbetreiber (MSB) aus) zu nennen. Auch zu welchem Zeitpunkt in den iMS-Gerätewechsel- und Folgeprozessen ein iMS als iMS gewertet wird, ist nicht immer eindeutig bestimmbar: Ist es die Stammdatenänderung zum Gerätewechsel inkl. Gateway, sind es die jeweiligen Parametrierungsnachrichten (teils im Markt sehr verzögert oder ohne Vorliegen der tatsächlichen Parametrierung versandt) oder der Empfang des ersten Messwerts?

Im Lieferscheinprozess gibt es Herausforderungen unterschiedlicher Art. Vor Lieferscheinversand müssen die jeweiligen Zeiträume und dort anfallende Mengen vom MSB versandt worden sein; die Mengen im Lieferschein dürfen nicht feingranularer vorliegen. Dies prozessual abzufangen ist mitunter sehr schwierig, da die zu berücksichtigenden Zeiträume und Lieferscheinmengen erst während der (späteren) Abrechnung vorliegen. Hier kommt der Versand von Abgrenzungsmengen (31.12. eines Jahres und (zuletzt einmalig) 30.6.2020) vom MSB zum Tragen: Dies bedeutet Eingriffe in vorliegende ungesplittete Zeitscheiben, die durch Zählerstandsschätzungen gesplittet werden müssen. Bespielweise ergeben sich bei manuell plausibilisierten Turnuszählerständen unplausible Schätzungen die automatisiert abzufangen sind. Bei nachträglichen Zählerstandskorrekturen müssen bereits abgerechnete Zeiträume berücksichtigt werden. Wie bereits in Massenläufen muss der Versand der Mengen des MSB auch in manuellen Einzelabrechnungen, bei denen in kurzer Zeit nacheinander abgelesen und abgerechnet wird, vor dem Lieferscheinversand gewährleistet werden; ggf. sind Job-Läufe für Versandzeitpunkte organisatorisch zu berücksichtigen.

Folgen einer unzureichenden Qualitätssicherung – Monitoring und Zwangsmaßnahmen der BNetzA am Beispiel der RLM-Messwertübermittlung

Durch die Ad-hoc-Einführung des Prozesses zur RLM-Messwertübermittlung an den Übertragungsbetreiber hat die Durchführungsqualität stark gelitten. So wurden im September 2020 8-32 Prozent der Messwertübermittlungen – abhängig von der Regelzone – nicht fristgerecht (Verzug >15 Werktage!) durchgeführt. Dies führte dazu, dass sich die Übertragungsnetzbetreiber an die Bundesnetzagentur wandten, die dann 87 Netzbetreiber außerhalb eines förmlichen Verfahrens zu den Verstößen angehört hat.

Im Mai dieses Jahres trat eine neue Eskalationsstufe ein. So wurde gegen einige Marktteilnehmer ein förmliches Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet und die Herstellung eines festlegungskonformen Zustands angemahnt. Dies verdeutlicht, dass eine mangelhafte Qualitätssicherung nicht nur interne Mehraufwände verursacht, sondern auch hohe monetäre Strafen nach sich ziehen kann. Im obigen Beispiel sind uns Zwangsgeldandrohungen bis in den niedrigen sechsstelligen Bereich bekannt.

Qualitätssichernde Prozesse

Zum 1.4.2022 kommen mit der Einführung der neuen Prozesse der Festlegung zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen nun wieder neue Anpassungen auf den Markt zu.  Eine Erweiterung und Ertüchtigung der qualitätssichernden MaKo-Controlling-Maßnahmen wird, insbesondere unter Berücksichtigung des oben genannten Beispiels der Zwangsgeldandrohungen, deshalb unausweichlich. Insbesondere drei Aspekte sind bei einer Qualitätssicherung der Marktkommunikation relevant:

  • Ein nach Wichtigkeit priorisiertes Fristenmanagement
  • Prozessqualität unter Berücksichtigung von abhängigen Prozessketten sowie den Entscheidungsbäumen
  • Datenqualität

Nur durch einen regelmäßigen und qualitätssichernden Prozess können die Risiken und operativen Aufwände im Rahmen der elektronischen Marktkommunikation minimiert und somit die Vorgaben der Bundesnetzagentur effizient umgesetzt werden.

Ansprechpartner*innen: Dr. Andreas Lied/Stefan Brühl/Dr. Lars Krüger

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