„Fit for 55“ – Teil 3: Energieeffizienz und Erneuerbare Energie in der Wärme

Am 14.7.2021 hat die Europäische Kommission ihr „Fit-for-55“-Klimapaket vorgestellt. Wir setzen unsere Blogserie zum Paket fort und stellen die Vorschläge der Kommission zur Reform der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) mit Bezug zur Wärme- und Kälteversorgung vor.

Neue Ziele für erneuerbare Wärme und Kälte

Das Europäische Klimagesetz (Verordnung (EU) 2021/1119) ist erst vor kurzem in Kraft getreten und damit auch die rechtsverbindliche Vorgabe, in der EU bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen und bis 2030 die Nettotreibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Das Gesetz wirkt sich naturgemäß auf weitere Unter- und Zwischenziele aus, die nun teilweise verschärft, erhöht oder erstmalig eingeführt werden sollen.

Im Bereich der Energieeffizienz schlägt die Kommission vor, den Energieverbrauch bis 2030 um 9 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 zu reduzieren. Dazu sollen die Mitgliedstaaten eigene verbindliche Effizienzziele festlegen und einen indikativen Pfad mitteilen, wie dieses Ziel erreicht werden soll und dies in ihre nationalen Energie- und Klimapläne integrieren. Es handelt sich hierbei in erster Linie um eine Änderung der Darstellung: Vorher wurde das Ziel als Energieeinsparung gegenüber dem Jahr 2007 ausgedrückt.

Demgegenüber formuliert Art. 3 RED II das Ziel, den Anteil Erneuerbarer Energie bis 2030 von 32 auf 40 Prozent zu erhöhen. Vorgaben für die jährliche Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energie konkretisieren den Weg dorthin. Im Bereich der Wärme und Kälte gilt für Mitgliedstaaten aktuell ein indikativer Richtwert für die jährliche Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energie von 1,3 bzw. 1,1 Prozent, je nachdem ob Abwärme in dem Staat genutzt werden kann (Art. 23 RED II). Die Steigerung wird als Jahresdurchschnitt für die Zeiträume 2021 bis 2025 und 2026 bis 2030 ermittelt. Die Kommission schlägt nun als qualitative Verschärfung vor, aus diesem indikativen Richtwert eine verbindliche Mindestvorgabe zu machen. Diese Mindestvorgabe soll weiter bei 1,1 Prozent liegen. Für Mitgliedstaaten, in denen Abwärme genutzt wird, soll diese Vorgabe von 1,3 auf 1,5 Prozent erhöht werden. Für den Bereich der Fernwärme und Fernkälte soll in Art. 24 RED II das besondere indikative Ziel zur jährlichen Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energie und Abwärme erhöht werden. Das Ziel liegt derzeit bei 1 Prozent pro Jahr und wird ebenfalls im Jahresdurchschnitt für die Zeiträume 2021 bis 2025 und 2026 bis 2030 ermittelt. Nun soll es auf 2,1 Prozent steigen. Es handelt sich aber weiterhin um einen indikativen Richtwert.

Die Vorgaben für Erneuerbare Energien sollen nach dem Vorschlag der Kommission für einen weiteren Bereich konkretisiert werden. Nach dem Entwurf für Art. 15a RED II wird ein indikatives unionsweites Ziel von einem Anteil von 49 Prozent Erneuerbare Energie am Endenergieverbrauch im Gebäudesektor in 2030 vorgeschlagen. Auf dieser Grundlage sollen Mitgliedstaaten eigene nationale Unterziele für den Gebäudesektor berechnen und in ihren nationalen Energie- und Klimaplänen festlegen.

Zielpfad für Fernwärme und Fernkälte

Die Kommission plant, die energieeffiziente Fernwärme und Fernkälte neu zu definieren und schlägt in dem Zusammenhang sogar einen Ausstiegspfad aus fossiler Energie vor. Derzeit gilt ein Fernwärme- und Fernkältesystem nach Art. 2 Nr. 41 Energieeffizienz-RL als „effizient“, wenn es mindestens 50 Prozent Erneuerbare Energien, 50 Prozent Abwärme, 75 Prozent KWK-Wärme oder 50 Prozent einer Kombination dieser Energien und dieser Wärme nutzt. Diese Vorgaben sollen stufenweise verschärft werden. Ab dem Jahr 2035 würde KWK-Wärme nicht mehr zur Erfüllung der Effizienzkriterien berücksichtigt. 2045 müssen mindestens 75 Prozent und 2050 die gesamte Wärme aus Erneuerbarer Energie und Abwärme stammen. Außerdem soll es ab 2026 einen Mindestanteil an Erneuerbarer Energie in Höhe von 5 Prozent geben, der bis 2050 schrittweise über 20 Prozent in 2035 und 40 Prozent in 2045 auf einen Mindestanteil von 60 Prozent steigt.

Dieser Zielpfad kann sich auf weitere Bereiche auswirken. Das Beihilferecht knüpft beispielsweise an diese Definition an, sodass Wärme- und Kältenetze nur dann Fördermittel bekämen, wenn sie diese Kriterien erfüllen. Die Kommission schlägt auch neue Regelungen vor, die Dritten ein Recht auf Zugang zu Wärmenetzen ab einer Kapazität von 25 MWth einräumt. Ein Netzbetreiber wäre von diesen Regelungen befreit, wenn das Wärme- oder Kältenetz die Anforderungen an ein „effizientes“ Fernwärme- oder Fernkältesystem erfüllt.

Wärmeplanung

Mitgliedstaaten sollen zukünftig regionale und lokale Behörden dazu ermutigen, örtliche Wärme- und Kältepläne in Kommunen mit über 50.000 Einwohnern aufzustellen. Zu diesem Zweck müssten Mitgliedstaaten für regionale und lokale Akteure bei der Aufstellung ihrer Pläne für eine energieeffiziente und erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung Empfehlungen entwickeln sowie technische und finanzielle Unterstützung leisten. Art. 24 Nr. 6 des Entwurfs der Energieeffizienzrichtlinie enthält dabei auch inhaltliche Vorgaben zu den Plänen.

Wie geht es weiter?

Die neuen Vorschläge dürften für Diskussion sorgen. Es ist noch offen, in welchem Umfang die vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Das Parlament und die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten werden jedenfalls noch ein Wort mitzureden haben. Zunächst sind aber die Bürger und die betroffenen Unternehmen am Zug. Diese können auf der Homepage der Kommission bis zum 21.9.2021 ihre Stellungnahme zu dem Entwurf abgeben. Wir können nur raten: Machen Sie davon Gebrauch!

Ansprechpartner*innen: Ulf Jacobshagen/Dr. Markus Kachel

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