FlexGas und deren gezahlte Konzessionsabgaben: Müssen die Netzbetreiber zahlen?

(c) BBH
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Was hat es mit dem offenbar flächendeckend versandten Schreiben des FlexGas– (wir berichteten) bzw. Löwenzahn-Insolvenzverwalters auf sich? Rechtsanwalt Dr. Schulte-Kaubrügger fordert darin angeblich zu viel gezahlte Gaskonzessionsabgaben von Netzbetreibern zurück.

Ansprüche?

Wenn die geltend gemachten Ansprüche hinreichend konkret ausgestaltet und zutreffend beziffert wurden, dürften grundsätzlich bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche bestehen. Das heißt aber nicht unbedingt, dass die Netzbetreiber diesen nichts entgegenhalten können. Das hängt von ihren individuellen vertraglichen Regelungen mit der FlexGas GmbH und/oder der Löwenzahn Energie GmbH ab. Auch können die Ansprüche verjährt sein oder gegen schon vor Insolvenzeröffnung durchsetzbare eigene Forderungen aufgerechnet werden – und zwar unabhängig davon, ob die eigene Forderung bereits zur Insolvenztabelle angemeldet wurde oder nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 6.11.2012 in Sachen GAG Ahrensburg (Az. KVR 54/11) entschieden, wie sich Gaskonzessionsabgaben in sog. Drittbelieferungsfällen bemessen. Bei Gaslieferungen Dritter, so der BGH, darf stets nur die im Konzessionsvertrag vereinbarte und nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV beschränkte Sonderkunden-Konzessionsabgabe in Höhe von max. 0,03 Cent/kWh erhoben und auf den Netznutzer umgelegt werden. Maßgeblich dabei ist allein, ob das jeweilige Lieferverhältnis als Tarif- oder Sondervertragskundenbelieferung im Sinne des § 1 Abs. 3, 4 KAV einzustufen ist. Sofern Drittlieferanten wie FlexGas und/oder die Löwenzahn Energie mehr als die Sonderkunden-Konzessionsabgabe in Höhe von 0,03 Cent/kWh gezahlt haben, können sie die Differenz grundsätzlich vom Netzbetreiber nach den Regelungen des Bereicherungsrechts zurückverlangen.

Das Rückforderungsbegehren sollte hinreichend konkret ausgestaltet sein – wie viel Gas wurde im jeweiligen Kalenderjahr verbraucht und wie viel Konzessionsabgabe hierfür abgerechnet und bezahlt – und die Forderungssumme genau beziffert sein. Soweit ersichtlich, ist dies bei den aktuellen Rückforderungsbegehren des Insolvenzverwalters der Fall. Ob die aufgeführten Abnahmemengen und die vorgenommenen Berechnungen zutreffen, wäre im Einzelfall zu prüfen.

Verjährt?

Allerdings könnte die Forderung verjährt sein. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB) und sie beginnt grundsätzlich mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB).

Zwar ist grundsätzlich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Forderungen, die im Jahr 2010 entstanden sind (dies dürfte bezogen auf den Zeitpunkt der jeweiligen Schlussabrechnung der Konzessionsabgabe jedenfalls für SLP-Kunden die Konzessionsabgabe für 2009 betreffen), zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits verjährt sind. Aber das bedarf einer konkreten Prüfung des Einzelfalles. In diesem Zusammenhang ist unter anderem von Bedeutung, welcher Fälligkeitszeitpunkt für die Konzessionsabgabenzahlungen vereinbart wurde, ob eventuell auf die Einrede der Verjährung verzichtet wurde oder fortdauernde Verhandlungen über mögliche Rückforderungsansprüche geführt wurden, die die Verjährung gemäß § 203 BGB hemmen. Denkbar ist schließlich, dass die dreijährige Verjährungsfrist direkt mit Zugang der jeweiligen Schlussrechnung zu laufen beginnt, falls mit der FlexGas GmbH und/oder der Löwenzahn Energie GmbH eine dem § 10 Ziff. 5 des Musterlieferantenrahmenvertrages nach der KoV (sowohl nach KoV IV als auch KoV V) entsprechende Regelung vereinbart wurde.

Aufrechenbar?

§ 94 InsO ermöglicht dem Gläubiger, unabhängig vom Insolvenzverfahren seine Forderung zu befriedigen, indem er sie gegen Schulden aufrechnet. Der Gläubiger muss dann selbst nicht mehr an die Insolvenzmasse leisten, was er schuldig ist, und braucht sich nicht für seine eigene Forderung mit der Insolvenzquote zu begnügen. Die Aufrechnung bewirkt insoweit eine Art abgesonderte Befriedigung. Grund für die Sonderstellung des aufrechnungsbefugten Gläubigers ist, dass er diese Möglichkeit schon vor Insolvenzeröffnung erworben hatte und sein Vertrauen darin geschützt werden soll.

Ist indessen im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung die eigene Forderung zwar schon begründet, jedoch noch bedingt, nicht fällig oder nicht gleichartig, dann steht das einer Aufrechnung im Wege, solange das Aufrechnungshindernis nicht behoben ist, § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Aufrechnung durch den Gläubiger bliebe dann ausgeschlossen, wenn seine Forderung später fällig oder später unbedingt wurde als die zur Insolvenzmasse gehörende Forderung, § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO. Den entscheidenden Einschnitt markiert damit der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung. Wenn die Forderung des Insolvenzgläubigers (spätestens) in diesem Zeitpunkt durchsetzbar wird, bleibt die Aufrechnungslage gem. § 94 InsO erhalten.

Empfehlenswert ist es, gegenüber dem Insolvenzverwalter die noch offenen Ansprüchen gegen die Insolvenzschuldnerin FlexGas GmbH und/oder der Löwenzahn Energie GmbH aufzurechnen, sofern diese vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind und ggf. bereits zur Tabelle angemeldet wurden. Die zur Tabelle angemeldete Forderung würde sich dann entsprechend reduzieren.

Netzbetreiber, die dem Rückforderungsbegehren der FlexGas GmbH und/oder der Löwenzahn Energie GmbH entsprechen, sollten auch an ihre konzessionsgebende Kommune herantreten, um ggf. die an sie weitergereichten Konzessionsabgaben rückabzuwickeln.

Ansprechpartner: Astrid Meyer-Hetling/Markus Ladenburger/Dennis Tischmacher

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