Frühzeitig mitreden: Die Kommission konsultiert die Eckpunkte der CO2-Grenzabgabe

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Derzeit läuft eine Konsultationsrunde der Europäischen Kommission zur CO2-Grenzsteuer. Streitpunkte und offene Fragen gibt es viele. Um die Richtung mitzubestimmen, in die sich das Projekt bewegt, sollten Akteure sich frühzeitig in die Diskussion einbringen.

Europa klimaneutral machen

Mit dem Green Deal (wir berichteten),  den die Europäische Kommission am 11.12.2019 verabschiedet hat, setzt Europa sich zum Ziel, bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Das ist ambitioniert, aber nicht unmöglich. In einem ersten Schritt sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis 2030 um 50-55 Prozent gesenkt werden. Dabei soll der Green Deal auch den Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit ebnen: Kein Mensch und keine Region soll bei dem anstehenden Zeitenwandel im Stich gelassen werden.

Weniger ambitionierte internationale Partner könnten Europas Bemühungen allerdings untergraben, was ein Risiko von Carbon Leakage (CL) bedeutet. CL umschreibt das Problem, dass Unternehmen ihre Produktion in Länder verlagern, die den Ausstoß von Treibhausgasemissionen weniger streng handhaben –  die globalen Emissionen würden so nicht sinken.

Um diesem Risiko entgegenzuwirken, soll die Einfuhr von bestimmten Waren von außerhalb der EU einem CO2-Preis unterworfen werden – der sog. CO2-Grenzsteuer.

Die Europäische Kommission hat hierzu nun eine erste öffentliche Konsultationsrunde gestartet. Der Zeitrahmen beträgt vier Wochen und läuft bis zum 1.4.2020. Dabei geht es der Kommission zunächst um eine grundsätzliche Meinungsäußerung zu den von ihr skizzierten ersten Eckpunkten. Ein konkreter Entwurf soll dann im 3. Quartal konsultiert werden. Die Verabschiedung der CO2-Grenzsteuer durch die Kommission ist für das 2. Quartal 2021 geplant.

Stellung beziehen, um die Richtung mitzubestimmen

Es ist empfehlenswert, bereits jetzt zu Sinn und Ausgestaltung des Mechanismus Stellung zu beziehen, denn Streitpunkte und offene Fragen gibt es einige. Kritisiert wird zum einen, dass das Instrument – wie praktisch jede Grenzabgabe – einen Eingriff in den freien Welthandel darstellt, in dem Drittstaaten eine willkürliche und ungerechtfertigte Diskriminierung sehen könnten, die sie zu Gegenmaßnahmen provozieren kann. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass Ausgestaltung und Anwendung der Regeln für den Grenzausgleich unvermeidlich sehr komplex ausfallen und selbst dann noch nicht alle Probleme lösen werden. Zum Beispiel mag ein Grenzausgleich zwar europäische Unternehmen vor Konkurrenz durch Importe ohne CO2-Kosten schützen, er wird ihnen aber nicht helfen, soweit diese auf globalen Märkten um internationale Kunden konkurrieren. Schließlich stellt sich neben dem Import in die EU auch die Frage, wie mit Exporten ins Nicht-EU-Ausland umgegangen wird. Für solche Güter müssten die CO2-Kosten an der Grenze zurückerstattet werden, was jedoch das Klimaschutzziel der Maßnahme konterkarieren würde. Und: Unternehmen, die am europäischen Emissionshandel teilnehmen, sollten wissen, dass es absehbar eine neue Diskussion um die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten geben wird. Es werden schon Stimmen laut, die fordern, dass es eine solche mit Einführung der Grenzabgabe nicht mehr geben darf.

Es gibt also viel zu diskutieren. Deshalb lohnt es sich, sich früh einzubringen und die Richtung mitzubestimmen, in die das Projekt der CO2-Grenzabgabe läuft.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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