Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Thema Fracking – nach Hängepartie nun Rohrkrepierer

(c) BBH
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Das geplante Fracking-Gesetz der Bundesregierung steht vor dem Aus. Dabei sah es anfangs gut aus für die Absicht der Regierung, die Voraussetzungen für den Einsatz dieser umstrittenen Gasförderungstechnologie in Deutschland neu zu regeln. Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsminister hatten Ende Februar einen gemeinsamen Gesetzesentwurf dazu vorgelegt. Die Verabschiedung dieses Kompromisses durch Bundeskabinett und Bundestag erschien als reine Formsache. Dies entpuppte sich schnell als Trugschluss: Stattdessen befand sich der Entwurf über Monate in der Schwebe. Der Grund dafür war vor allem Widerstand innerhalb der Union – trotz des Bemühens Peter Altmaiers, die geplanten Änderungen in Bundesberggesetz (BBergG) und Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als deutliche Einschränkung des Frackings darzustellen. Insbesondere mit dem Argument des Trinkwasserschutzes verlangten verschiedene Unionspolitiker weitergehende Begrenzungen der umstrittenen Fördertechnik. Es entwickelte sich eine regelrechte Hängepartie; der entsprechende Kabinettsbeschluss wurde immer wieder kurzfristig von der Liste der Tagesordnungspunkte gestrichen. Zwar sah es Anfang Mai noch einmal kurzzeitig so aus, als wäre bei den unionsinternen Verhandlungen ein Durchbruch erzielt worden. Die daraufhin anvisierten Beschlusstermine des Kabinetts wurden jedoch wegen immer noch bestehender Bedenken erneut nicht eingehalten.

Innerhalb der Union äußerten dabei laut Presseberichten vor allem der nordrhein-westfälische Fraktionschef Karl-Josef Laumann, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sowie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier Kritik und verlangten sogar ein in den Vorschlägen von Altmaier und Rösler so nicht vorgesehenes Moratorium des Einsatzes der Fracking-Technologie, bis die damit verbundenen Risiken abschließend geklärt seien.

Während das Moratorium – soweit bekannt – nicht in den Gesetzesentwurf integriert wurde, hatten andere Kritikpunkte mehr Erfolg. Aufgenommen wurden etwa der Schutz von Heilquellenschutzgebieten, rudimentäre Regelungen zur Lagerung von Stoffen, die bei den Bohrungen anfallen, sowie das Verbot, in großer Tiefe unter Wasserschutzgebieten liegende öl- oder gashaltige Gesteinsformationen anzubohren.

Für eine weitere Anpassung sorgte die baden-württembergische CDU mit ihrer Sorge um die Reinheit des Bodensees. Der entsprechende Passus, die so genannte Lex Bodensee, weitet das geplante Verbot des Einsatzes der Fracking-Technologie auf Gebiete aus, „aus denen über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenfluss in einen See gelangt, aus dem unmittelbar Trinkwasser für die öffentliche Wasserversorgung gewonnen wird“.

Diese Bedenken von Unionspolitikern wurden und werden flankiert von Kritik zahlreicher politischer und gesellschaftlicher Organisationen. Wie berichtet, forderte schon der Bundesrat mit seiner Entschließung vom 1.2.2013 unter anderem ein Moratorium. Am 3.5.2013 folgte eine Bundesratsinitiative des Bundeslandes Schleswig Holstein, die zurzeit den zuständigen Ausschüssen vorliegt. Der schleswig-holsteinische Entwurf würde Fracking in seiner jetzigen Form faktisch verbieten, indem er die Verwendung von Flüssigkeiten, die wassergefährdende, human- oder ökotoxische Stoffe enthalten, kategorisch untersagt. Am 15.5.2013 veröffentliche zudem die Grünen-Bundestagsfraktion einen Gesetzesentwurf mit identischem Wortlaut, dessen Beratung im Bundestag noch aussteht.

Außerhalb der politischen Parteien meldeten sich ferner zahlreiche (Umwelt-)Gruppen und Verbände zu Wort. Sie kritisierten die Entwürfe von Peter Altmaier und Philipp Rösler teilweise scharf. So haben zum Beispiel BUND, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. sowie der Zusammenschluss von Bürgerinitiativen Gegen Gasbohren die Bundesregierung explizit aufgefordert, die umstrittene Gasfördermethode vollständig zu verbieten statt nur einzuschränken. Auch die Wasserwirtschaft bemängelte, dass das Grundwasser sowie die Trinkwasserversorgung nicht ausreichend geschützt würden. Größere mediale Beachtung fand auch die Sorge der deutschen Brauereien um die Reinheit ihres Brauwassers.

Zuletzt stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der die Bundesregierung berät, die energiepolitische Notwendigkeit des Frackings grundsätzlich in Frage. Der SRU ist unter anderem davon überzeugt, dass die Schiefergasförderung keinen maßgeblichen Beitrag zur Energiewende leisten werde. Zunächst seien weitere Erkenntnisse aus Pilotprojekten erforderlich, da die aktuellen Wissenslücken noch zu gravierend seien, als dass man Fracking schon heute im kommerziellen Umfang zulassen könne. Bis diese Wissenslücken geschlossen seien, wäre die Energiewende allerdings voraussichtlich so weit vorangeschritten, dass das Schiefergas – beispielsweise für Gaskraftwerke – nicht mehr benötigt werde.

Zudem schien trotz der angestrebten zusätzlichen „Verschärfungen“ äußerst unwahrscheinlich, dass der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zustimmt. Die Länderkammer hatte am 1.2.2013 noch weit restriktivere Regelungen beschlossen. Insbesondere die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nehmen gegenüber dem Einsatz der Fracking-Technologie eine äußerst ablehnende Haltung ein, die sie auch deutlich nach außen kommunizieren. So kritisierte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (DIE GRÜNEN) die bisherigen Vorschläge der Regierungskoalition als unzureichend und sah die vom Bundesrat verabschiedeten Anforderungen bei weitem nicht erfüllt.

Die Unions-Fraktion hat nach kontroversen Debatten am 4.6.2013 nunmehr entschieden, den umstrittenen Entwurf nicht mehr vor der Bundestagswahl in den Bundestag einzubringen. Nach längerer Hängepartie um den Entwurf von Peter Altmaier und Philipp Rösler wird die Rechtslage für den Einsatz der Fracking-Technologie daher erst nach den nächsten Wahlen neu geregelt.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Daniel Schiebold/Dr. Erik Ahnis

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