Härtefälle und Emissionsbudgets: Der Entwurf des BMU zur Änderung der Brennstoffemissionshandelsverordnung

Die Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV) soll laut Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums (BMU) in ihrem Regelungsgehalt erweitert werden. Die Verordnung soll nicht nur mehr Rechtssicherheit und -klarheit schaffen, sondern auch die Einzelfallgerechtigkeit erhöhen.

Konkretisierung der Emissionsmenge

Grundsätzlich erfasst der nationale Emissionshandel (nEHS) alle CO2-Emissionen, die durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen entstehen können und nicht bereits durch den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) abgedeckt sind. Die CO2-Emissionen werden mit einem CO2-Preis belegt, indem für in Verkehr gebrachte fossile Brennstoffe Emissionszertifikate abgegeben werden müssen, und zwar in den Jahren 2021 bis 2025 zu einem gesetzlich bestimmten Festpreis.

Bislang stand noch nicht fest, wie hoch das Zertifikatebudget pro Jahr überhaupt ist. § 4 Abs. 1 BEHG enthielt hierzu abstrakte Vorgaben, konkrete Zahlen fand man jedoch nicht. Dies soll sich mit der „Ersten Verordnung zur Änderung der Brennstoffemissionshandelsverordnung“ ändern. Ein neuer Abschnitt 4 soll die §§ 4 und 5 des BEHG konkretisieren und die Festlegung der jährlichen Emissionsmenge (§ 34) und die Bestimmung der jährlichen Erhöhungsmenge (§ 35) mit Zahlen unterlegen. Die Emissionsmenge für 2021 soll danach insgesamt 301.037.178 t CO2 betragen und bis 2030 auf 232.701.957 Emissionszertifikate absinken.

Diese Mengen sind aber wiederum nicht endgültig, da § 4 Abs. 3 BEHG eine Erhöhungsmenge für die Emissionsmengen vorsieht, für die sowohl nach dem BEHG als auch nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) Berechtigungen für direkte Emissionen abgegeben werden müssen. Es geht dabei also um diejenigen Emissionsmengen, bei denen es – trotz der bestehenden Regelungen, die eben dies verhindern sollen (vgl. § 7 Abs. 5 BEHG) – zu einer doppelten Belastung aus europäischem und nationalem Emissionshandel kommt. Der künftige § 35 BEHV soll das Verfahren konkretisieren, mit dem diese Erhöhungsmenge bestimmt wird. Abschließend werden die Festsetzungen der Emissionsmengen übrigens in der Festpreisphase auch insofern nicht sein, als § 5 Abs. 1 BEHG der Bundesregierung die Möglichkeit eröffnet, durch Nutzung von Flexibilisierungsmöglichkeiten nach der EU-Klimaschutzverordnung die Emissionsmenge im Bedarfsfall nachträglich zu erhöhen.

Kompensation für Härtefälle

Die CO2-Bepreisung nach dem BEHG führt zweifellos zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung, die nicht jedes Unternehmen leisten kann. Der Gesetzgeber hat aber auch dieses Problem erkannt und mit § 11 BEHG eine Kompensationsregelung für etwaige finanzielle Belastungen geschaffen. Sie beinhaltet mehrere Verordnungsermächtigungen, die unterschiedliche Konstellationen abdecken.

Bisher wurde lediglich die Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BECV) im Sinne von § 11 Abs. 3 BEHG erlassen. Im Referentenentwurf ist nun jedoch ein neuer Abschnitt 5 angelegt, der den § 11 Abs. 1 BEHG – die sog. Härtefallregelung – konkretisiert. Danach kann für Unternehmen die zusätzliche Kostenbelastung durch die CO2-Bepreisung in eine unzumutbare Härte umschlagen, wenn die zusätzlichen Kosten weder vermieden noch über die Produktpreise weitergegeben werden können und eine erdrosselnde Wirkung haben. Um dies zu vermeiden, sieht § 11 Abs. 1 BEHG vor, Unternehmen eine finanzielle Kompensation in der Höhe zu gewähren, die zum Ausgleich der unzumutbaren wirtschaftlichen Härte erforderlich ist.

Die Anforderungen an den Nachweis einer unzumutbaren Härte werden aber hoch sein. Laut Entwurf soll nachgewiesen werden, dass die durch das BEHG verursachten Zusatzbelastungen eine unternehmerische Betätigung unmöglich machen und für das Unternehmen unvermeidbar  sind, etwa durch Investition in Energieeffizienzmaßnahmen. Außerdem konkretisiert § 41 Abs. 3 BEHV-Entwurf die Darlegungs- und Beweispflichten des antragstellenden Unternehmens im Hinblick auf die bereits in § 11 Abs. 1 S. 3 BEHG geregelten Schwellenwerte. Danach sind die zu ermittelnden Zusatzkosten und deren Anteil sowohl an den betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten als auch an der Bruttowertschöpfung zu bestimmen und darzulegen. Beträgt der Anteil der Brennstoffkosten an den betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten nicht mehr als 20 Prozent oder der Anteil der durch den Brennstoffemissionshandel entstehenden Zusatzkosten nicht mehr als 20 Prozent der Bruttowertschöpfung, so muss – dies ist allerdings so schon in § 11 Abs. 1 BEHG angelegt – dezidiert begründet werden, warum dennoch ein unzumutbarer Härtefall vorliegt. Bei konzernverbundenen Unternehmen muss die unzumutbare Härte auch bei dem Unternehmen vorliegen, das für das den Antrag stellende Unternehmen einstandspflichtig ist. Nach dem neuen § 42 Abs. 2 BEHV müssten sich die Unternehmen, die den Härtefall geltend machen, schließlich die finanziellen Entlastungen entgegen halten lassen, die aus der Einführung des Brennstoffemissionshandels resultieren.

Was soll dadurch erreicht werden?

Die Verordnung soll mehr Rechtssicherheit und -klarheit schaffen. Insbesondere die Festlegung der jährlichen Emissionsmengen als auch die Ermittlung der Erhöhungsmengen sowie die Ermittlung des Zusatzbedarfs werden wesentlich nachvollziehbarer. Die Umsetzung der Verordnungsermächtigung nach § 11 Abs. 1 Satz 4 BEHG soll die Einzelfallgerechtigkeit erhöhen, da Unternehmen nun die Möglichkeit von Kompensationszahlungen aufgrund von unzumutbarer Härte besser wahrnehmen können. Wie viele Unternehmen in Anbetracht der hohen Hürden am Ende davon profitieren werden, bleibt abzuwarten. Das BMU geht laut dem Entwurf davon aus, dass etwa 200 Unternehmen den Antrag stellen werden.

Verbände haben noch bis zum 11.11.2021, 18:00 Uhr, Gelegenheit, zum Entwurf Stellung zu nehmen.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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