Herzlichen Glückwunsch zum 1. Geburtstag ELTIF (leicht nachträglich)

(c) BBH
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Wer ist ELTIF? Für alle, die davon noch nichts gehört haben: ELTIF steht für „European Long-Term Investment Fond“ (europäischer langfristiger Investmentfonds), also neue Finanzierungsmöglichkeiten für nachhaltige Energieerzeugung und –verteilung sowie die Einführung neuer und ressourcen- und energieschonender Systeme. Für die Energiewirtschaft also im Grunde hochspannend. Vor einem Jahr wurde das Konzept aus der Taufe gehoben; die dazugehörige Europäische Verordnung trat am 8.6.2015 in Kraft.

Aber worum geht es genau? Langfristige Investitionen in die Realwirtschaft sollen gefördert und vor allem vereinfacht werden und Anlegern unionsweit offenstehen, die sich dabei auf einen einheitlichen Rechtsrahmen verlassen können. ELTIF sind sogenannte alternative Investmentfonds, das heißt Fonds, deren Ziel die gemeinsame Geldanlage unter Nutzung von Alternativen zu Wertpapieren ist.

Dabei soll das Ganze nicht nur institutionellen Anlegern offenstehen, sondern auch Kleinanlegern. Charakteristisch für den ELTIF ist, dass in illiquide Vermögenswerte investiert wird, weshalb das investierte Kapital langfristig gebunden ist. Normalerweise kann man eine solche Beteiligung nicht vorzeitig verkaufen, wobei es auch Ausnahmen gibt. Außerdem müssen Anbieter eines ELTIF nach der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) zugelassen sein (wir berichteten). Weitere Regeln hinsichtlich der Anlagestrategie sollen die Risiken für die Anleger geringhalten und den Anlegerschutz stärken.

So weit, so gut. Wie aber ist nun die Bilanz nach einem Jahr ELTIF? In Aufregung hat die neue Anlageform die Energiebranche bislang jedenfalls noch nicht versetzt. Der ELTIF ist gegenüber etablierten Anlageformen in seinen Anlagemöglichkeiten weitaus unflexibler, denn für Investments in mehrere Projekte desselben Portfoliounternehmens besteht eine Beteiligungsgrenze von 10 Prozent des Fondskapitals. Es gibt aber auch einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem geschlossenen Publikums-AIF: Der ELTIF kann nämlich nicht nur in Eigenkapitalinstrumente (z.B. Kommanditanteile), sondern auch in eigenkapitalähnliche Instrumente (stille Beteiligungen, Genussrechte und Genussscheine) investieren. Das eröffnet wiederum interessante neue Möglichkeiten.

Zwar ist die Konstellation des Kleinanlegers auf der einen und des Energieprojekts auf der anderen Seite längst von den sogenannten Bürgerbeteiligungsprojekten bekannt, aber der ELTIF spielt durchaus in einer anderen Liga: Größere Summen und ein höherer Grad an Professionalität machen den ELTIF als Geldgeber für einzelne Energie- und Infrastrukturprojekte interessant. Gerade wenn es darum geht, langfristig Kapital für derartige Projekte zu beschaffen, können die wechselseitigen Bedürfnisse beim ELTIF in passender Weise aufeinandertreffen. Geht es hingegen darum, die Akzeptanz zu steigern und Kunden zu binden, dürfte die Bürgerbeteiligung in ihren klassischen Erscheinungsformen weiterhin das Mittel der Wahl bleiben (wir berichteten).

Was also bringt die Zukunft für den ELTIF? Das ist nach dem ersten Jahr schwer zu beurteilen. Allerdings lassen sich durchaus interessante Szenarien für den ELTIF ersinnen. Schließlich boomen Energie- und Infrastrukturprojekte allerorten, und zuverlässige Investitionsmöglichkeiten sind in Niedrigzinszeiten gefragt. Ob Investoren und Projekte dann aber tatsächlich unter dem Dach des ELTIF zueinanderfinden werden, bleibt abzuwarten. Auch die Kommission wird die ELTIF erstmal beobachten – spätestens 2019 muss sie einen formalen Review-Prozess starten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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