INSPIRE-Richtlinie: Länderbehörden fragen Geodaten bei Versorgern ab

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Versorgungsunternehmen und Kommunen bekommen derzeit Post von Länderbehörden, die dazu auffordern, Geodaten bereitzustellen. Absender sind die so genannten Koordinierungsstellen Geodateninfrastruktur (GDI) verschiedener Bundesländer, die die Umsetzung der europäischen INSPIRE-Richtlinie (Infrastructure for Spatial Information in Europe – 2007/2/EG) überwachen. Muss man dieser Aufforderung Folge leisten? Die Antwort lautet, wie so oft: Es kommt darauf an.

Die INSPIRE-Richtlinie soll es leichter machen, Geodaten in Europa grenzüberschreitend zu nutzen. Praktisch fordert INSPIRE eine einheitliche Beschreibung von Geodaten und deren Bereitstellung im Internet. Die Daten selbst müssen in einem einheitlichen Format vorliegen.

Je nach Ausgestaltung des jeweiligen Landesrechts sind von der Daten-Bereitstellungspflicht im Regelfall die Kommunen als Aufgabeträger betroffen. Das gilt auch für die von der öffentlichen Hand kontrollierten Versorgungsunternehmen, also auch Stadtwerke, Zweck- und Wasserverbände.

Die Koordinierungsstellen GDI wenden sich in den Bundesländern aktuell an die Versorgungswirtschaft, namentlich Abwasser- und Abfallentsorgung, Energieversorgung sowie Wasserversorgung. Dabei werden Geodaten zu den Ver- und Entsorgungseinrichtungen (insbesondere Anlagen und Netzen) abgefragt.

Orientiert an der INSPIRE-Richtlinie und dem Geodatenzugangsgesetz (GeoZG) des Bundes sind Geodaten (abhängig von der genauen Umsetzung im Landesrecht) alle Daten „mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geographischen Gebiet“. Betroffen sind hierbei in der Regel Geodaten, die noch in Verwendung stehen, in elektronischer Form vorliegen, bei einer geodatenhaltenden Stelle vorhanden sind und unter ihren öffentlichen Auftrag fallen und die eines oder mehrere der in der Richtlinie bzw. den umsetzenden Gesetzen aufgelisteten Themen betreffen. Darunter fallen häufig auch Daten der Ver- und Entsorgungsunternehmen.

Es ist durchaus möglich, dass man nach dem jeweiligen Landesgesetz zur Auskunft verpflichtet ist. Dennoch sollte man die Geodaten nicht ohne weitere Prüfung bereitstellen.

Die Auskunftspflicht kollidiert unseres Erachtens teilweise sowohl mit dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als auch mit dem Schutz der Versorgungseinrichtungen als „kritische Infrastruktur“ im Rahmen des Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz), das sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet (wir berichteten). Kritische Infrastrukturen in diesem Sinn sind Einrichtungen, die für das Funktionieren des Gemeinwesens und die Sicherung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung von hoher Bedeutung und deshalb besonders schutzwürdig sind. Dass die Anlagen der Versorger darunterfallen, ist offensichtlich – man denke nur an mögliche Gesundheitsgefahren bei denkbaren Zwischenfällen beispielsweise bei der Trinkwasserversorgung.

Zudem bestehen – je nach bereitzustellender Datenart bzw. -kategorie – datenschutzrechtliche Bedenken, wenn es um natürliche Personen geht. Die Landesgesetze sehen dafür allerdings grundsätzlich entsprechende Ausnahmen vor. Inwieweit und in welcher Form man Geodaten bereitstellen muss, ist daher je nach Bundesland und im Einzelnen zu klären.

Wie soll man also auf die Schreiben reagieren? Die Antwort hängt zunächst davon ab, ob es sich um eine formlose Bitte oder förmliche Aufforderung, einen Verwaltungsakt handelt.

Daten, die einer „kritischen Infrastruktur“ zuzuordnen sind oder Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse darstellen, sollte man nicht auf Basis einer allgemein gehaltenen, formlosen Abfrage bereitstellen. Hier empfiehlt sich eine kurze Antwort, welche auf die Bedenken hinweist und die Bereitstellung – je nach konkret abgefragten Daten – mit Begründung (gegebenenfalls teilweise) ablehnt.

Sollte es zu einer Auskunftsanordnung durch eine Behörde bspw. in Form eines Verwaltungsaktes kommen, muss man hiergegen gegebenenfalls rechtliche Schritte erwägen, um die gegebenen Fristen zu wahren und zu verhindern, dass es zu einer Bereitstellungspflicht kommt.

Daten, die einer „kritischen Infrastruktur“ zuzuordnen sind oder Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse darstellen, sollte man nicht ohne weiteres und ohne ausreichende Prüfung nur auf Basis einer allgemein gehaltenen, formlosen Abfrage bereitstellen.

Die Prüfungspflicht besteht natürlich auch bei formalen Auskunftsanordnungen durch eine Behörde bspw. in Form eines Verwaltungsaktes. Hier sind zusätzlich die für Rechtsmittel gegebenen Fristen zu beachten.

Ansprechpartner BBH: Daniel Schiebold/Dr. Jost Eder/Beate Kramer/Alexander Bartsch
Ansprechpartner BBHC: Dr. Andreas Lied/Peter Bergmann

 

 

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