Anja Lemke, Vierte KlimAKOnferenz

Interviewreihe: Anja Lemke, Geschäftsführerin Stadtwerke Sondershausen  

Am 12.11.2025 findet die Vierte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Auf der Konferenz unter dem Titel „Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz geglückt? Erste Einschätzungen aus Perspektive der Stadtwerke“ diskutieren wir Fragen rund um die Wirtschaftlichkeit und die Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte. 

Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen – heute mit Anja Lemke, Geschäftsführerin Stadtwerke Sondershausen. 

BBH-Blog: Im Mittelpunkt unserer diesjährigen KlimAKonferenz steht die Frage, wie Kommunen und Unternehmen klimaneutral und zugleich wirtschaftlich erfolgreich sein können. Was ist aus Ihrer Sicht der entscheidende Erfolgsfaktor für diesen Spagat?

Anja Lemke: Klimaneutralität und wirtschaftlicher Erfolg bedeutet zunächst für Kommune und Stadtwerke das gemeinsame Verständnis zu diesen Themen. Nur die enge Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern, insbesondere dem Hauptgesellschafter Stadt, und dem Verständnis für die Eigenkapitalausstattung des Stadtwerkes machen einen Erfolg auf dem Weg in die Klimaneutralität möglich. Kommunale Unternehmen stehen unter Druck, CO₂-neutral zu werden, gleichzeitig sollen Renditen stimmen und Investitionen tragfähig bleiben. Für unseren Erfolg heißt das, den Pfad der Dekarbonisierung konsequent zu verfolgen. Seit 2019 arbeiten wir daran und haben bereits heute einen Dekarbonisierungsgrad von 25% in der Fernwärme-Erzeugung erreicht. Mit Blick auf die Zukunft haben wir (fast) abgeschlossene Planungen, mit denen unsere Erzeugung bis zu 80% Dekarbonisierungsgrad erreicht. Zudem hat unsere Kommune uns mit der Erstellung der kommunalen Wärmeplanung beauftragt. 

BBH-Blog: Die Energiewende wird weltweit vorangetrieben. Von welchen internationalen Beispielen kann Deutschland besonders profitieren und wo können wir selbst Impulse setzen?

Anja Lemke: Die Umsetzung unseres iKWK Projektes mit Solarthermie erfolgte mit einem Unternehmen aus Dänemark. Für die weiteren Transformationsprozesse konnten wir uns direkt vor Ort auch ein Bild machen, z.B. von Großwärmepumpen oder PTES- Wärmespeicher. Im Bereich der Fernwärme auch gerade bezogen auf die Stabilität und Bürgerakzeptanz ein Vorbild. Schweden wiederum nutzt einen klaren CO2-Preispfad um Marktakzeptanz zu erreichen, die Industrie hat daher schon früh in Effizienz und Bioenergie investiert und der Staat kann durch die Mehreinnahmen sogar Steuern senken. Dies entspricht auch unserer Vorstellung des zukünftigen Marktdesigns. Ein Fernwärmeangebot muss im Wettbewerb gegenüber fossilen Energien überzeugen, was erst bei entsprechender CO₂-Bepreisung erfolgen wird. In Frankreich ist der Einsatz von Atomkraft das Beispiel für die Technologieoffenheit: klimafreundlich, aber politisch umstritten. Versorgungssicherheit mit niedrigen Exmissionen kann polarisieren, aber auch ein Weg zur Klimaneutralität sein. 

BBH-Blog: Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Wirtschaft und Politik sind aus Ihrer Sicht entscheidend damit die Energiewende gelingt?

Anja Lemke: Gute Beispiele sind hier auch national zu finden. So setzen z.B. Leipzig seit 2022 und aktuell Hamburg mit dem „Hamburger Zukunftsentscheid“ vom 12.10.2025 auf Klimaneutralität bis 2040. Möglich ist dies durch nur Kooperationen, Vertrauen und Geschwindigkeit.  

Sowohl im kommunalen als auch regionalen Umfeld ist es wichtig, dauerhaft wirtschaftliche und transparente Strukturen des Miteinanders aufzubauen. Eine Kommune kann z.B. durch Klimaprojekte (gezielte Städteplanung für Fahrradwege, Reduzierung von Lichtverschmutzung, Schwammstädte, ÖPNV, Digitalisierung uvm.) viel zur Verringerung der CO2 Emission und Klimaneutralität beitragen. Hier gibt es bereits gute Beispiele in der Kooperation mit Stadtwerken.  

Die Wirtschaft kann unterstützen und eigene Prozesse dekarbonisieren; Contractingmodelle oder gemeinsame Digitalisierungsprojekte stärken den Zusammenhalt und sichern die Finanzierbarkeit sowie die Akzeptanz. Das lebenswerte Umfeld garantiert Arbeitskräfte und verhindert Energiearmut wobei die Politik durch Bürokratieabbau und mit dem gesetzlichen Rahmen unterstützen kann. 

BBH-Blog: Investitionen gelten als Schlüssel für den Erfolg der Transformation. Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit mehr Kapital in nachhaltige Energielösungen fließt?

Anja Lemke: Kapital braucht Planungssicherheit, dauerhaft planbare Rahmenbedingungen (Regulierung-NEST, Energiepreise, Förderbedingungen) und belastbare Projekte statt bunter Präsentationen. Eine Investition in nachhaltige Lösungen ist nur möglich, wenn diese unter Beachtung des Gesetzesrahmens und der Förderkulisse gewünschte Zielrenditen im Unternehmen erreicht. Eigenkapitalstärkung und/ oder politische Garantien (Garantie-Fonds, Bundesbürgschaften, EU-Instrumente) für die Kapitalbeschaffung sind hier genauso wichtig, wie ein verlässlicher Zielpfad der Energiepolitik. 

BBH-Blog: Mit Blick auf die kommenden Jahre: Welche Prioritäten sollte Deutschland setzen, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich seine wirtschaftliche Stärke zu sichern?

Anja Lemke: Kapital braucht Planungssicherheit, dauerhaft planbare Rahmenbedingungen (Regulierung-NEST, Energiepreise, Förderbedingungen) und belastbare Projekte statt bunter Präsentationen. Eine Investition in nachhaltige Lösungen ist nur möglich, wenn diese unter Beachtung des Gesetzesrahmens und der Förderkulisse gewünschte Zielrenditen im Unternehmen erreicht. Eigenkapitalstärkung und/ oder politische Garantien (Garantie-Fonds, Bundesbürgschaften, EU-Instrumente) für die Kapitalbeschaffung sind hier genauso wichtig, wie ein verlässlicher Zielpfad der Energiepolitik. 

BBH-Blog: Sehr geehrte Frau Lemke, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 12.11.2025.

Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.

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