Dr. Dirk Bierbach, COO und Geschäftsführer, 50Hertz Transmission GmbH

Interviewreihe: Dr. Dirk Biermann, Geschäftsführer Operations, 50Hertz Transmission GmbH

Am 21.5.2025 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Standortfaktor Energie“, welches auch Fragen nach Energiekosten, Energieversorgung, die Energieinfrastruktur aber auch die damit verbundene Bürokratie beinhaltet.

Zu den Teilnehmer:innen gehören Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden – und mit eben diesen Impulsgeber:innen haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen werden. Die Interviewreihe setzen wir heute mit Dr. Dirk Biermann, Geschäftsführer Operations, 50Hertz Transmission GmbH, fort.

BBH-Blog: Im Titel unserer Konferenz verknüpfen wir ganz selbstverständlich das Thema Energie mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wie stellt sich die Energiefrage für Sie ganz direkt?

Dr. Biermann: Eine stabile und bezahlbare Stromversorgung ist zentrale Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Als Übertragungsnetzbetreiber haben wir hierbei eine besondere Verantwortung. Mit dem steigenden Anteil Erneuerbarer Energien wachsen die Herausforderungen. Nach wie vor gelingt es uns, mit einer durchschnittlichen Nichtverfügbarkeit von gerade einmal 13 Minuten pro Jahr für Letztverbraucher eines der zuverlässigsten Stromversorgungssysteme der Welt zu haben. Deswegen war es gut, dass die auf den letzten Metern der abgelaufenen Legislaturperiode noch einmal eine EnWG-Novelle verabschiedet wurde, die absehbar die Steuerbarkeit von PV-Anlagen erhöhen wird.

BBH-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Maßnahme, die die nächste Regierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ergreifen muss?

Dr. Biermann: Neben der genannten Sicherheit der Energieversorgung brauchen wir wettbewerbsfähige Energiepreise. Auf der Stromseite gibt es aus meiner Sicht verschiedene Ansätze, um diese zu begrenzen. Um zwei Beispiele zu nennen:   

Erstens basieren sowohl unsere Netz- als auch EE-Zubau-Ziele auf Prognosen zum Stromverbrauch, die so bisher nicht eintreten.  Deswegen ist es wichtig, dass eine neue Bundesregierung sich diese Annahmen noch einmal anschaut. Hier ist mehr Pragmatismus gefragt – politisch festgelegt Ziele sollten immer wieder einem Realitätscheck unterzogen werden und bei den Ausbauzielen entsprechend nachgesteuert werden.  

Zweitens: Wir können erheblich Kosten sparen, wenn wir die neuen DC-Leitungen aus dem jüngsten Netzentwicklungsplan auf Freileitung umstellen. Allein das würde bei den Leitungen DC40 bis 42 insgesamt 20 Milliarden Euro bei den Netzkosten einsparen.

BBH-Blog: Wie können und sollen wir die finanziellen Mittel aktivieren, die für die dringenden Investitionen in die Energie- und sonstige Infrastruktur nötig sind?

Dr. Biermann: Allein ins deutsche Übertragungsnetz müssen in den nächsten 10 Jahren mindestens 200 Milliarden Euro investiert werden – bis 2045 gehen wir von mehr als 320 Milliarden Euro aus. Wir brauchen also viel privates Kapital. Das Problem ist jedoch, dass der deutsche Eigenkapital-Zinssatz sowohl für Bestands- als auch für Neuinvestitionen deutlich unterhalb des internationalen Durchschnitts liegt – er ist deshalb für Investoren schlicht unattraktiv. Wir sind in dieser Hinsicht also nicht wettbewerbsfähig. Hier sollte die BNetzA dringend nachsteuern. Flankierend dazu sollten Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die die Innenfinanzierung der Netzbetreiber stärkt. Dazu gehört etwa die Einführung degressiver Abschreibungen oder sogenannter Capital Allowances.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dr. Biermann, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer Jahreskonferenz am 21.5.2025.

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