Interviewreihe: Dr. Olaf Däuper, BBH-Partner und Rechtsanwalt

Am 17.9.2024 findet die Dritte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Die aktuellen Herausforderungen und die Finanzierung der kommunalen Wärmewende sind das zentrale Thema der Veranstaltung. Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen – heute mit Dr. Olaf Däuper, BBH-Partner und Rechtsanwalt.

BBH-Blog: Die kommunale Wärmewende wird manchmal als das Rückgrat der Transformation des Energiesystems bezeichnet. Mit anderen Worten: Ohne Wärmewende in den Kommunen, keine Energiewende in Deutschland. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, vor der die Verantwortlichen stehen?

Dr. Olaf Däuper: Technologisch ist an sich alles vorhanden, um die Wärmewende, also die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, umzusetzen. Auch Kapital, um die notwendigen Investitionen zu tätigen, steht in ausreichendem Maß zur Verfügung. Eine Herausforderung wird sein, diese beiden Faktoren zusammenzubringen. Denn gerade in der Fläche geht es um ein riesiges Investitionsprogramm, das notwendig wird. Grundsätzlich könnte das zwar auch mit öffentlichen Geldern bewerkstelligt werden. Aber spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November letzten Jahres ist klar, dass der Gürtel enger geschnallt werden muss. Das vorhandene, aber zunehmend knappe Kapital aus den öffentlichen Haushalten sollte man geschickt einsetzen und nutzen, um privates Kapital zu hebeln. Der Großteil des Kapitals, das man braucht, um die Investitionen für die Wärmewende zu stemmen, muss daher aus dem Privatsektor kommen. Da ist, meines Erachtens, auch genügend Kapital vorhanden. Es muss nur eben der Business Case so attraktiv sein, dass diese privaten Kapitalgeber auch Interesse daran haben, in die Energie- speziell die Wärmewende zu investieren.

BBH-Blog: Die Kosten der Energiewende sind enorm. 721 Milliarden Euro bis 2030 bzw. 1,2 Billionen Euro bis 2035, so rechnen VKU und BDEW. Ein großer Teil davon wird für die kommunale Wärmewende benötigt – rund 400 Milliarden Euro von 2030 bis 2045 für Aus- und Umbau der Fernwärme (Geode). Ganz einfach gefragt: Woher soll das Geld kommen? 

Dr. Olaf Däuper: Es stimmt: Die Kosten der Energiewende sind wirklich exorbitant, wenn man sich das als Gesamtsumme vor Augen führt. Man muss allerdings auch berücksichtigen, dass sich die Summe auf viele Jahre verteilen. Wir sprechen ja nicht über ein einmaliges Investment im Jahre 2025, sondern es verteilt sich mindestens über zehn, fünfzehn, vielleicht sogar über zwanzig Jahre bis 2045. Da relativiert sich die Gesamtsumme schon deutlich. Selbstverständlich ist es immer noch wahnsinnig viel Geld. Aber es handelt sich um Investitionen, nicht um Kosten – und Investitionen muss man wieder zurückverdienen können. In der Energiewirtschaft dauert das traditionell etwas länger, weil es sich um Infrastrukturen und langlebige Investitionsgüter handelt.

Bereiche wie die Stromnetze oder Renewables-Anlagen sind reguliert – daher hat man eine relativ hohe Sicherheit, dass man das Invest zurückverdient. Dementsprechend niedriger sind aber die Renditeerwartungen. Der Wärmemarkt hingegen ist nicht voll durchreguliert. Da wird keine Mindestvergütung garantiert wie bei den Renewables. Die Renditeerwartungen sind vielleicht etwas höher, weil eben auch die Sicherheit nicht so hoch ist. Wichtig für den Investor ist letztendlich, dass Risiko und Rendite in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Kurz gesagt: Es geht um hohe Summen, aber es ist machbar, wenn man es sich über die nächsten zwei Jahrzehnte verteilt vorstellt. Es ist aber nicht „von allein“ machbar. Die Rahmenbedingungen, nämlich dass das zugrundeliegende Geschäft ertragreich ist, also eine ordentliche Rendite abwirft, müssen gegeben sein. Da ist zum Beispiel die Bundesnetzagentur gefordert. Sie muss sich genau überlegen, was für eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals sie im regulierten Netzbetrieb zulässt, damit auch tatsächlich Interesse an diesen Investitionen erzeugt wird.

BBH-Blog: Mit dem sogenannten Wärmeplanungsgesetz hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die Wärmewende vor Ort geplant (und durchgeführt) wird – mittels kommunaler Wärmepläne. So richtig es ist, die Gegebenheiten vor Ort ins Zentrum zu stellen, so ambitioniert sind auch die Aufgaben und Fristen (vor allem für die größeren Städte), damit möglichst bald Klarheit über die Wärmeoptionen besteht. Wie schätzen Sie die Zeitpläne ein? Wo sehen Sie Probleme und Engpässe?

Dr. Olaf Däuper: Für die kleinen Städte und Kommunen ist der Zeitplan genauso ambitioniert wie für die großen, da sie meistens mit nicht so viel Personal ausgestattet sind. Ob kleine oder große Stadt – die Fristen sind jetzt nicht wirklich üppig, andererseits ist man mit Blick auf das 2045er-Ziel ohnehin schon sehr knapp dran. Mit anderen Worten: Es ist Zeit zu handeln. Man muss schließlich in Investitionszyklen denken und im Grunde haben wir in der Energiewirtschaft mindestens 20, manchmal 30 Jahre als Investitionszyklus. Wenn man das Ganze vom Ende her denkt: 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Wenn man von dort 20 Jahre zurückrechnet, erreicht man Zeitpunkte, die vor 2026 und erst recht vor 2028 liegen.

Nun muss man sich die Frage stellen, was die Wärmepläne eigentlich bewirken sollen. Sie sollen ja explizit nicht rechtsverbindlich sein, eher so eine Art Orientierungshilfe für Bürger*innen darstellen. Die Wärmeplanung wird wahrscheinlich – trotz der rechtlichen Unverbindlichkeit – faktisch doch so eine Art Sog entfalten. Viele Bürger*innen werden sich faktisch ein Stück weit danach ausrichten. Und es wäre natürlich wünschenswert, wenn das so früh wie möglich geschieht. Allein aus diesem Grund macht es Sinn, dass die Wärmepläne auch so früh wie möglich finalisiert werden.

Ein Problem besteht darin, dass viele Kommunen bei der Erstellung ihrer Wärmepläne auf Dienstleister zurückgreifen. Für die Tausenden von Aufträgen gibt es aber zu wenig Dienstleister. Hier könnte ein Engpass drohen. Zudem sollten die Wärmepläne inhaltlich die Mindestanforderungen erfüllen. Sie sollten detailliert ausgearbeitet sein und tatsächlich die besonderen Umstände vor Ort widerspiegeln. Wenn man an einem Fluss liegt, wird man beispielsweise über eine Flusswasserwärmepumpe nachdenken, man hat Geothermiepotenzial, dann denkt man über Tiefenbohrungen nach, oder das Wasserstoff-Kernnetz läuft in der Nähe vorbei, dann verfügt man über Wasserstoffoptionen, die andere nicht haben. Das ist bei jeder Kommune individuell zu betrachten.

BBH-Blog: Bis 2045, wenn Deutschland treibhausgasneutral sein soll, vergehen noch ein paar Jahre. Ein paar gute Energiespartipps für die nächsten 21 Winter schaden sicherlich nicht. Haben Sie einen für unsere Leser:innen?

Dr. Olaf Däuper: Natürlich gibt es klassische Energiespartipps, wie zum Beispiel Thermostate einzubauen oder einen hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage durchführen zu lassen. Sinnvoll wäre es vor allem bei passender Gelegenheit, also wenn der Austausch des Wärmeerzeugers im privaten Haushalt ansteht, gleich auf eine Technologie zu gehen, die auch 2045 noch „State of the Art“ ist. Wenn man jetzt neu investiert, sollte man auch gleich für einen entsprechenden Zeitraum von mehreren Jahrzehnten vorausdenken. Sprich: Nicht zu zögerlich und nicht zu ängstlich sein, sondern eine dauerhafte Lösung wählen. Welche Option in Frage kommt, erschließt sich hoffentlich aus dem jeweiligen Wärmeplan.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Däuper, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 17.9.2024.

Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.

Share
Weiterlesen

09 Oktober

Ein Meilenstein der Gasnetztransformation: die Festlegung KANU 2.0 der BNetzA

Zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens hat sich die Bundesrepublik Deutschland die Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 zum Ziel gesetzt. Damit muss dann auch die erdgasbasierte Wärmeversorgung ihr Ende gefunden haben. Da die bestehende Infrastruktur in den Gasverteilernetzen zukünftig voraussichtlich nur...

07 Oktober

Gasnetztransformation: Festlegung der Fahrpläne

Gasverteilernetzbetreiber können auf Basis der kommunalen Wärmeplanung einen Fahrplan zur Umstellung der Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff abschließen. Die Details legt die Bundesnetzagentur (BNetzA) nach § 71k Gebäudeenergiegesetz (GEG) mit dem laufenden Festlegungsverfahren „FAUNA“ fest („Fahrpläne für die Umstellung der Netzinfrastruktur auf...