Interviewreihe: Dr. Peter Güllmann, Vorstandssprecher, Bank im Bistum Essen eG
Am 21.5.2025 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Standortfaktor Energie“, welches auch Fragen nach Energiekosten, Energieversorgung, die Energieinfrastruktur aber auch die damit verbundene Bürokratie beinhaltet.
Zu den Teilnehmer:innen gehören Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden – und mit eben diesen Impulsgeber:innen haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen werden. Die Interviewreihe setzen wir heute mit Dr. Peter Güllmann, Vorstandssprecher, Bank im Bistum Essen eG, fort.
BBH-Blog: Im Titel unserer Konferenz verknüpfen wir ganz selbstverständlich das Thema Energie mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wie stellt sich die Energiefrage für Sie ganz direkt?
Dr. Peter Güllmann: Eine bezahlbare und sichere Energieversorgung ist für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands essenziell. Sie ist nicht nur ein Standortfaktor, sondern ein elementarer Bestandteil des „Geschäftsmodells Deutschland“. Insbesondere unsere energieintensive Industrie sowie der Mittelstand sind das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes – sie sichern Wohlstand, Arbeitsplätze und Innovation. Damit sie international wettbewerbsfähig bleiben, braucht Deutschland eine stabile und kosteneffiziente Energieversorgung, die nicht zu Lasten der Umwelt gehen darf.
Um dies zu gewährleisten sind verschiedene Aspekte entscheidend. Zum einen muss die Energieautonomie erhöht werden. Dies kann für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland nur gelingen, wenn der Ausbau Erneuerbarer Energien sowie der Aufbau einer leistungsfähigen Speicher- und Netzinfrastruktur zügig vorangetrieben werden. So reduzieren wir unsere Abhängigkeit von Energieimporten und stärken die Versorgungssicherheit. Zudem können wir durch eine engere Vernetzung und gemeinsame Strategien mit unseren europäischen Partnern durch den Ausgleich von Produktionsunter- und überschüssen weitere Effizienzen heben, um auch die Preisstabilität zu fördern. Gerade in geopolitisch herausfordernden Zeiten ist es wichtig, bestehende Partnerschaften weiter zu stärken. Um den Transformationsprozess weiter voranzubringen, bedarf es eines klaren regulatorischen Rahmens. Dieser sollte den Akteuren die benötige Planungssicherheit gewährleisten und bei Bedarf auch gezielte Investitionsanreize setzen, um Innovationen zu fördern.
BBH-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Maßnahme, die die nächste Regierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ergreifen muss?
Dr. Peter Güllmann: Als Exportnation ist Deutschland auf eine leistungsfähige Produktions- und Handelsinfrastruktur angewiesen. Wettbewerbsfähigkeit entsteht durch klare wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die es Unternehmen ermöglichen, effizient zu produzieren und ihre Waren weltweit zu angemessenen Preisen zu vertreiben.
Ein entscheidender Faktor hierfür ist eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur – sowohl im Bereich Verkehr als auch bei der Energieversorgung. Jahrzehntelange Zurückhaltung bei Investitionen hat zu einem Investitionsstau geführt, den es dringend aufzulösen gilt. Eine funktionierende Infrastruktur ist die Grundvoraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand.
Daher muss die nächste Bundesregierung Investitionen tätigen, um bestehende Defizite in der Verkehrsinfrastruktur zu beseitigen. Gleichzeitig muss der Transformationsprozess der Energieinfrastruktur weiter vorangetrieben werden, damit Unternehmen Zugang zu einer sicheren, wettbewerbsfähigen und klimafreundlichen Energieversorgung haben. Parallel dazu sollte ein attraktives Umfeld für private Investitionen geschaffen werden, um den größtmöglichen Effekt öffentlicher Mittel zu erzielen. Dieses Umfeld muss von verlässlichen Rahmenbedingungen, geringen bürokratischen Hürden und Investitionsanreizen für Zukunftstechnologien geprägt sein, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig zu machen.
BBH-Blog: Wie können und sollen wir die finanziellen Mittel aktivieren, die für die dringenden Investitionen in die Energie- und sonstige Infrastruktur nötig sind?
Dr. Peter Güllmann: Die designierte Bundesregierung hat in den vergangenen Tagen bereits umfangreiche Investitionen in die Energie- und Infrastruktur verkündet. Nun kommt es darauf an, diese Gelder gezielt und effizient dort einzusetzen, wo sie den größten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen entfalten. Eine reine Bereitstellung öffentlicher Mittel reicht jedoch nicht aus. Sie müssen so eingesetzt werden, dass sie private Investitionen aktivieren und verstärken.
Gerade in wettbewerbsintensiven Bereichen wie der Energiewirtschaft ist eine enge Verzahnung von öffentlicher Förderung und privatem Kapital essenziell. Um das erforderliche Investitionsvolumen zu erreichen, müssen Unternehmen die Sicherheit haben, dass ihre Investitionen langfristig geschützt und wirtschaftlich tragfähig sind. Dazu braucht es einen verlässlichen und rechtssicheren Investitionsrahmen. Hierzu zählt zum einen vor allem ein zukunftsfähiges Strommarktdesign, das die Integration Erneuerbarer Energien fördert und langfristig stabile Marktbedingungen gewährleistet. Zudem muss kurzfristig ein klarer regulatorischer Rahmen für den Bau neuer Gaskraftwerke, die als Brückentechnologie für die Versorgungssicherheit unerlässlich sind, geschaffen werden, um den geplanten Kohleausstieg umzusetzen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Darüber hinaus müssen Investitionsvorhaben schneller umgesetzt werden können. Dazu braucht es effiziente, digitale und beschleunigte Genehmigungsprozesse. Mit diesem Dreiklang aus gezieltem Mitteleinsatz, einem stabilen Investitionsrahmen und der Mobilisierung privaten Kapitals kann Deutschland die notwendigen Infrastrukturinvestitionen erfolgreich stemmen und seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern.
BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dr. Güllmann, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer Jahreskonferenz am 21.5.2025.