Interviewreihe: Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Minister a.D. für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg
Am 21.5.2025 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Standortfaktor Energie“, welches auch Fragen nach Energiekosten, Energieversorgung, die Energieinfrastruktur aber auch die damit verbundene Bürokratie beinhaltet.
Zu den Teilnehmer:innen gehören Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden – und mit eben diesen Impulsgeber:innen haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen werden. Die Interviewreihe setzen wir heute mit Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Minister a.D. für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, fort.
BBH-Blog: Im Titel unserer Konferenz verknüpfen wir ganz selbstverständlich das Thema Energie mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wie stellt sich die Energiefrage für Sie ganz direkt?
Prof. Dr.-Ing Steinbach: Darf ich jetzt für die nächsten 2 Stunden referieren 😉? Es stellt tatsächlich eine Herausforderung dar, diese Frage kurz und knapp zu beantworten. Es gibt quasi keinen Produktionsprozess, der nicht in irgendeiner Form Energie benötigt, unabhängig davon, ob am Ende vielleicht sogar wieder Energie freigesetzt wird, die dann teilweise im Kreislauf geführt werden kann. Damit ist Energie sowohl ein direkter als auch ein indirekter Kostenfaktor. Direkt ist, glaube ich, ist selbsterklärend, indirekt beispielsweise, wenn man die Nachhaltigkeit des Prozesses hinterfragt. Hinzukommen die Dienstleistungsprozesse, die zukünftig durch den Einsatz von KI zwar schneller aber auch stromintensiver werden. Energie stellt also neben dem Stoffstrommanagement und des Innovationsgrades der Produkte einen der entscheidendsten Faktor für die Erwirtschaftung unseres Wohlstandes dar.
Daraus folgt zwangsläufig die Frage nach der ausreichenden Verfügbarkeit , die ihrerseits eine Funktion der Versorgungssicherheit ist.
BBH-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Maßnahme, die die nächste Regierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ergreifen muss?
Prof. Dr.-Ing Steinbach: Die Wettbewerbsfähigkeit ist primär eine Frage des Produktdesigns, das die Wirtschaft ausschließlich selbst beeinflussen kann. Dieses Design bestimmen Nützlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Innovationsgrad und viele Faktoren mehr, so auch weiche Faktoren, wie den Spaßfaktor. In der Summe bestimmen diese Charakteristika am Ende, ob bei gegebenen Randbedingungen, wie Energiepreise, Steuern und Abgaben, ein Business Case entsteht. D.h., die Politik ist nur sekundär zuständig. Das ist in letzter Zeit leider etwas in Vergessenheit geraten. Aber es wird auch klar: Stabilität der Randbedingungen ist, was die Politik bereitstellen muss.
BBH-Blog: Wie können und sollen wir die finanziellen Mittel aktivieren, die für die dringenden Investitionen in die Energie- und sonstige Infrastruktur nötig sind?
Prof. Dr.-Ing Steinbach: Erste wichtige Feststellung: es geht hier nicht um das Finden eines Finanzinstrumentes, sondern wir brauchen einen Mix verschiedener Instrumente. Ich werde deshalb beispielhaft Instrumente hier stichpunktartig nennen: Öffentliche Investitionen, Public Private Partnerships, sogenannte „Grüne Anleihen“, staatliche und europäische Finanzierungshilfen (ausdrücklich nicht Subventionen), Innovationsanreize und Förderung von Eigen- und Risikokapital. Diese Aufzählung ist definitiv nicht abschließend! Aber sie macht bereits deutlich: mit Fantasie und fachlicher Kompetenz sind die anstehenden Aufgaben lösbar.
BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Steinbach, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer Jahreskonferenz am 21.5.2025.