Interviewreihe: Roland Monjau, BBH-Partner und Vorstand BBH Consulting AG

Am 17.9.2024 findet die Dritte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Die aktuellen Herausforderungen und die Finanzierung der kommunalen Wärmewende sind das zentrale Thema der Veranstaltung. Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen. Die Interviewreihe beginnen wir heute mit Roland Monjau, BBH-Partner und Vorstand BBH Consulting AG.

BBH-Blog: Die kommunale Wärmewende wird manchmal als das Rückgrat der Transformation des Energiesystems bezeichnet. Mit anderen Worten: Ohne Wärmewende in den Kommunen, keine Energiewende in Deutschland. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, vor der die Verantwortlichen stehen?

Roland Monjau: Eine abgestimmte Kommunikation zwischen örtlichem Versorger und der Kommune, um klare Signale an die Bürger senden zu können. Die Verunsicherung durch die Debatte um Heizungsverbote im GEG letztes Jahr hat zu enormer Verunsicherung geführt und so wie ich es sehe für teilweise unbegründete und irrationale Abwehrhaltung bei den Bürgern als Verbraucher gesorgt. Diese Missverständnisse auszuräumen und einen klaren, belastbaren und fachlich fundierten Fahrplan mit allen Unwägbarkeiten zu erstellen, wird eine spannende Aufgabe. Eine ehrliche Kommunikation vor welcher Mammutaufgabe man planerisch, baulich und nicht zuletzt finanziell steht, ist meines Erachtens nach essenziell, um die Zustimmung und Beteiligung der Bürger (aus Sicht der Kommunen) und Kunden (aus Sicht der Versorger) zu erhalten oder auch wiederzugewinnen.

BBH-Blog: Die Kosten der Energiewende sind enorm. 721 Milliarden Euro bis 2030 bzw. 1,2 Billionen Euro bis 2035, so rechnen VKU und BDEW. Ein großer Teil davon wird für die kommunale Wärmewende benötigt – rund 400 Milliarden Euro von 2030 bis 2045 für Aus- und Umbau der Fernwärme (Geode). Ganz einfach gefragt: Woher soll das Geld kommen? 

Monjau: Meines Erachtens kann die Finanzierung nur aufgebracht werden, wenn wir es schaffen, privates Kapital in die Erneuerung bzw. den Ausbau der Energiewende zu kanalisieren. Kommunale Haushalte und Versorger werden damit überfordert sein. Einerseits sind die Gesamtsummen, die Sie ja in den Größenordnungen richtig zitieren, gigantisch, andererseits sind die Tranchen für Einzelinvestitionen dann aber wieder so klein, dass klassische Finanzierungsinstrumente darauf nur schwerlich anzuwenden sind. Die Transaktionskosten sind schlicht sehr hoch bei klassischen Projektfinanzierungen. Wir brauchen also eine Mischung aus lokalen Bürgerbeteiligungen, Fondslösungen und ggf. Sicherheitsstellungen durch die Kommunen, der Länder und dem Bund. Nur mit klassischen Fördermittelprojekten wird es nicht gelingen, da a) die Steuermittel begrenzt sind und b) alle Förderprogramme Schall und Rauch sind, wenn ich als Versorger/Kommune meinen Eigenanteil nicht finanziert bekomme.

BBH-Blog: Mit dem sogenannten Wärmeplanungsgesetz hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die Wärmewende vor Ort geplant (und durchgeführt) wird – mittels kommunaler Wärmepläne. So richtig es ist, die Gegebenheiten vor Ort ins Zentrum zu stellen, so ambitioniert sind auch die Aufgaben und Fristen (vor allem für die größeren Städte), damit möglichst bald Klarheit über die Wärmeoptionen besteht. Wie schätzen Sie die Zeitpläne ein? Wo sehen Sie Probleme und Engpässe?

Monjau: Ich halte ambitionierte Ziele für sinnvoll, um die teilweise trägen Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland zu beschleunigen. Entgegen Ihrer Frage sehe ich das Problem nicht ausschließlich bei den großen Städten, Engpässe sehe ich vor allem in den mittleren bis kleinen Kommunen, speziell jene, die keinen lokalen Versorger haben und jetzt konzeptionell relativ alleine auf weiter Flur sind. Hier wurde, sicherlich auch aus finanziellen Zwängen heraus, der energiestrategische Ansatz in den vergangenen Jahren nicht allzu prioritär behandelt. Das heißt, es gibt vielleicht einen Klimaschutzmanager, gerne zeitlich befristet über Fördermittel angestellt, aber wenig Strukturen oder Know-how in den Kommunen, diese äußerst komplexe Fragestellung zu begleiten. Andere Zwänge waren kurzfristig stärker, was auch absolut nachvollziehbar ist.  Diese Kommunen schreiben nun die Leistungen einer kommunalen Wärmeplanung aus. Ich sehe bei uns im Unternehmen mittlerweile täglich Anfragen zur kommunalen Wärmeplanung. Selbst wenn wir wollten, könnten wir gar nicht überall anbieten. Da sind wir beim zweiten Engpass: Sicherlich gibt es aktuell gerade sehr viele hervorragende Unternehmen die Leistungen zur kommunalen Wärmeplanung anbieten, nur wenn vor Ort niemand mitarbeitet, kann ich mit noch so vielen digitalen Zwillingen schöne Karten zaubern. Umsetzbarkeit, Umsetzung und auch, wie in meiner ersten Antwort angedeutet, eine lokale Akzeptanz und Mitwirkung habe ich damit noch nicht erreicht. Da ist ein riesiger Unterschied zwischen Klimaschutzkonzepten, die in der Vergangenheit häufig tolle Absichtserklärungen beinhalteten, aber eher als PDF auf einer Website „unten rechts“ ihr Dasein fristeten, und der kommunalen Wärmeplanung. Die Erkenntnisse und Ergebnisse haben, wenn wir das alle ernst nehmen, mittelfristig signifikante Auswirkungen auf das Stadt- und Gemeindebild, aber auch für die Mieter und Gebäudebesitzer. Wenn wir als Energiewirtschaft, und dazu zähle ich mich, auch wenn ich in einem Beratungshaus arbeite, darauf keine adäquate und umsetzbare Lösung finden und kommunizieren, zeigen und viele Teile der Bevölkerung den Vogel.

BBH-Blog: Bis 2045, wenn Deutschland treibhausgasneutral sein soll, vergehen noch ein paar Jahre. Ein paar gute Energiespartipps für die nächsten 21 Winter schaden sicherlich nicht. Haben Sie einen für unsere Leser:innen?

Monjau: Tatsächlich bin ich mit meiner Familie wie viele andere in der Energiekrise auch dem Aufruf gefolgt, die Heizung nicht immer auf 21-23 Grad im Winter einzustellen. 18 Grad reichen häufig. Wir haben uns zu Hause sehr wohl gefühlt ohne den berühmten Pulli extra. Tatsächlich hat sich das auf unseren Energieverbrauch signifikant ausgewirkt. Aufgrund der gestiegenen Preise vielleicht nicht im Geldbeutel, aber als Ingenieur habe ich mir schon die Energiemengen angeschaut. Viele Menschen haben auch gar nicht die Möglichkeit, sich bei ihrer Wärmeversorgung außer dem obigen Vorschlag einbringen zu können. Ich glaube, ohne es zahlenmäßig direkt hier zu belegen, dass unser Mobilitätsverhalten viel direkter durchschlägt. E-Bike statt Auto, ÖPNV und E-Auto oder den Kleinwagen anstatt dem SUV. Ich glaube, da können wir ohne großen Komfortverlust viel machen. Wir müssen die Heizungen nicht gleich auf Frostschutz stellen und im Skianzug unsere Winter in den Wohnungen verbringen. Wenn wir es dann schaffen, die jeweils sinnvollste erneuerbare Wärmeversorgung zu den Bürgern zu bringen, sieht unsere CO2-Bilanz schon viel besser aus.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Monjau, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 17.9.2024.

Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.

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