Interviewreihe: Stefan Dohler, Präsident, BDEW e. V.

Am 21.5.2025 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Standortfaktor Energie“, welches auch Fragen nach Energiekosten, Energieversorgung, die Energieinfrastruktur aber auch die damit verbundene Bürokratie beinhaltet.

Zu den Teilnehmer:innen gehören Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden – und mit eben diesen Impulsgeber:innen haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen werden. Die Interviewreihe setzen wir heute mit Stefan Dohler, Präsident, BDEW e. V., fort.

BBH-Blog: Im Titel unserer Konferenz verknüpfen wir ganz selbstverständlich das Thema Energie mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wie stellt sich die Energiefrage für Sie ganz direkt?

Stefan Dohler: Die Energiewirtschaft ist fundamental für eine sichere und klimaneutrale Versorgung, für die Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäuden und trägt damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei. Das Energiesystem wird dabei stetig erneuerbarer und resilienter. Eine klimaneutrale Energieversorgung dient so auch der Souveränität Deutschlands und der Europäischen Union. Für diesen Weg braucht es jetzt ambitionierte Machbarkeit. Dies bedeutet, mit dem klaren Ziel der Klimaneutralität vor Augen, die erforderlichen Maßnahmen kosten-, systemeffizient und vor allem praxistauglich umzusetzen. Ein klarer und verlässlicher rechtlicher Rahmen, der Ambitionen, Investitions- und Planungssicherheit vereint, ist dafür unabdingbar.

BBH-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Maßnahme, die die nächste Regierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ergreifen muss?

Stefan Dohler: Von großer Bedeutung ist derzeit das Thema Strompreise. Als BDEW fordern wir daher seit Längerem die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Verbrauchergruppen und Zuschüsse über den Bundeshaushalt bei Netzentgelten, um die Stromkosten so bei allen Verbrauchergruppen bezahlbar zu halten. In diesem Punkt blicken wir daher positiv auf das Ergebnis der Sondierungen von Union und SPD, welches die Senkung der Stromsteuer sowie Zuschüsse zu den Übertragungsnetzentgelten vorsieht. Entlastungen beim Strompreis führen auch zu positiven Effekten für strombasierte Anwendungen z.B. in den Sektoren Gebäude und Verkehr und können dort zur erforderlichen CO2-Reduktion beitragen.

Wichtig ist mir aber auch der dringend notwendige Zubau steuerbarer Leistung. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Umsetzung des Kohleausstiegs muss kurzfristig der Zubau steuerbarer Erzeugungskapazitäten ermöglicht werden. Dafür braucht es zeitnah die passenden Rahmenbedingungen seitens der neuen Regierung.

BBH-Blog: Wie können und sollen wir die finanziellen Mittel aktivieren, die für die dringenden Investitionen in die Energie- und sonstige Infrastruktur nötig sind?

Stefan Dohler: Investitionen in die Energiewende sind Investitionen in die Zukunft: Sie ermöglichen modernste und resiliente Infrastruktur, Lebensqualität für alle und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Der Investitionsbedarf ist hoch: Um die politisch gesetzten Ziele der Energiewende zu erreichen, sind bis 2030 Investitionen von etwa 700 Milliarden Euro erforderlich. Drei Punkte möchte ich besonders unterstreichen:

  1. Staatlich flankierende finanzielle Maßnahmen wie Garantien oder Bürgschaften durch Bund und Länder sowie auf EU-Ebene sind notwendig, um das Risiko für Investorinnen und Investoren zu minimieren und ein attraktives Risiko-Rendite-Profil zu schaffen.
  2. Die Möglichkeiten der Fremdkapitalbereitstellung und -aufnahme müssen weiter gestärkt werden. Um private Investitionen in die Energiewende zu gewinnen, gilt es, ganz grundsätzlich die entsprechenden Rahmenbedingungen zu verbessern, etwa durch Anpassungen von Eigenkapitalanforderungen, der Zusammensetzung der Green Asset Ratio in der EU-Taxonomie sowie steuerliche Anreize.

Zugleich ist es wichtig, die Nutzung aller Finanzierungsinstrumente zu ermöglichen. Der Kreditmarkt ist für alle Unternehmen relevant, der Kapitalmarkt zurzeit eher für die größeren. Wo für die Energiewende auch öffentliche Mittel eingesetzt werden, eröffnen sich zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten für Mischfinanzierungen aus öffentlichen und privaten Mitteln. Diese nutzen öffentliche Mittel strategisch, um private Kapitalflüsse zu aktivieren.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dohler, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer Jahreskonferenz am 21.5.2025.

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