Jetzt mitdiskutieren: Neuigkeiten zu Taxonomieverordnung und Green Bonds

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Ab Anfang 2022 kommen auf Unternehmen und Finanzinstitute umfangreiche Informationspflichten zu. Dafür sorgt die sogenannte Taxonomieverordnung der EU, die kürzlich verabschiedet wurde. Vergangene Woche hat die Technische Expertengruppe (TEG) der Europäischen Kommission – natürlich als Videokonferenz – ihre Abschlussberichte und Empfehlungen hierzu vorgestellt. Dabei wurden auch drängende Fragen der Wirtschaft zu den Anforderungen und Auswirkungen der neuen Veröffentlichungspflichten beantwortet.

Auch wenn aufgrund von COVID-19 verständlicherweise vielerorts gerade andere Probleme diskutiert werden, lohnt es, sich bereits jetzt mit der Taxonomie zu befassen. Unternehmerische Entscheidungen, die heute getroffen werden, wirken sich langfristig auf die eigene Klassifizierung, auf die eigenen Möglichkeiten bei Green Bonds und auf das eigene Unternehmensimage in der Öffentlichkeit aus. Die betroffenen Unternehmen sollte nicht nur die Frage nach dem Umsetzungsbedarf interessieren. Jetzt besteht noch die Möglichkeit, in der demnächst anstehenden Konsultationsrunde der Kommission Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung zu nehmen.

Was ist die Taxonomie und wen betrifft sie?

Die Taxonomie betrifft im Wesentlichen drei Gruppen: Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte in der EU anbieten, große Unternehmen sowie die EU und Mitgliedstaaten.

Die Verordnung verpflichtet Unternehmen und Finanzinstitute nicht zum umweltfreundlichen Handeln, wohl aber dazu, anzugeben, ob das eigene Handeln umweltfreundlich ist.

Um als umweltfreundlich eingestuft zu werden, muss eine Investition kumulativ sowohl zu einem der festgelegten wesentlichen Umweltziele beitragen, kein anderes Umweltziel erheblich beeinträchtigen, die technischen Evaluierungskriterien erfüllen und mit einem Mindestschutz für Arbeitnehmer vereinbar sein. Maßgeblich ist dabei nicht das Gesamtunternehmen oder der Sektor des Unternehmens, sondern die jeweilige wirtschaftliche Aktivität (CAPEX). Daher ist die Taxonomie auch für Unternehmen interessant, deren Sektoren bislang (noch) nicht erfasst sind.

Wozu dient die Taxonomie?

Die Sustainable-Finance-Strategie ist Teil der langfristigen Strategie zur Erreichung der Treibhausgas-Neutralität bis 2050. Ziel der Taxonomieverordnung ist es langfristig, alle wirtschaftlichen Tätigkeiten anhand ihrer Auswirkungen auf Klima und Umwelt zu klassifizieren. Damit sollen Anreize gesetzt werden, um privates Kapital für umweltfreundliche Projekte zu mobilisieren – um die Pariser Ziele zu erreichen, benötigt Europa jährlich zusätzliche Investitionen zwischen 175 und 290 Milliarden Euro.

Die Verwendung der Taxonomie ist obligatorisch. Gerade im Bereich der Green Bonds soll damit auch das in der Vergangenheit oft hoch problematische Greenwashing insbesondere durch eine intransparente Vielfalt von Nachhaltigkeitslabeln verhindert werden. Ob das gelingt, hängt entscheidend davon ab, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als „grün“ klassifiziert werden.

Klassifizierung von Energie nach Empfehlungen der TEG

Bestimmte anerkannte Technologien bei den erneuerbaren Energien sind von der Bewertung des Lebenszyklus ausgenommen, da sie einen sehr geringen CO2-Fußabdruck haben und individuelle LCE-Analysen für jedes einzelne Projekt zu unnötigen Verwaltungskosten führen würde.

Die Nachrüstung von Gasübertragungs- und -verteilnetzen, deren Hauptzweck die Integration von Wasserstoff und anderen kohlenstoffarmen Gasen ist, ist förderfähig. Gleiches gilt für das Stopfen von Methanlecks. Eine Nachrüstung von Gasnetzen, deren Hauptzweck die Integration von gebundenem CO2 ist, ist zulässig, wenn der Betrieb der Pipeline die für den Transport desselben festgelegten Kriterien erfüllt. Der Ausbau des Gasnetzes an sich ist nicht förderfähig. Insbesondere im Bereich Gas kann dabei eine unbeabsichtigte Quersubventionierung von fossilem Gas drohen.

Fossile Brennstoffe tragen gemäß TEG-Empfehlungen, wenig überraschend, nicht dazu bei, die Klimaerwärmung einzudämmen. Die Energieerzeugung aus gasförmigen oder flüssigen fossilen Brennstoffen soll aber dann als wesentlicher Beitrag zur Eindämmung der Klimaerwärmung angesehen werden, wenn sie die technischen Evaluierungskriterien erfüllt.

Heiß umkämpft war EU-weit auch die Klassifizierung von Atomenergie. Die TEG konstatierte hierzu diplomatisch, dass die Erzeugung zwar wenig CO2 verursache, aber insbesondere hinsichtlich der nach wie vor offenen Endlagerungsfrage derzeit keine Aussage bzgl. wesentlicher negativer Auswirkungen auf andere Umweltziele getroffen werden könne, so dass die Aufnahme in die Taxonomie derzeit nicht empfohlen werde.

Stellung beziehen, um die Richtung mitzubestimmen

Vor dem „Scharfziehen“ der Verordnung wird es bald eine weitere Konsultationsrunde geben. Im September will die Kommission dann entscheiden, wie weit und mit welchem legislativen Mittel sie den Empfehlungen der TEG folgt. Um die Richtung mitzubestimmen und Problembewusstsein für bislang vielleicht unberücksichtigte Fragestellungen zu eröffnen, sollten sich Akteure frühzeitig in die Diskussion einbringen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Dörte Fouquet/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau

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