Klimaschutz und Kommunen: Im Gespräch mit Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter aus dem Bundesumweltministerium

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(c) Bundesregierung/Jesco Denzel

Der Klimaschutz findet nicht nur auf der ganz großen Bühne statt. Während man auf internationaler und europäischer Ebene darüber verhandelt, welche Klimaschutzziele auch mit Blick auf die Wirtschaft in den nächsten Jahren realistisch sein könnten, sind es unter anderem die Kommunen, die beim Klimaschutz mit anpacken. Dank der „Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld“ (Kommunalrichtlinie: wir berichteten) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums (BMU) stehen den rund 11.000 Kommunen in Deutschland die nötigen Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Die novellierte Fassung dieser Kommunalrichtlinie wurde am 1.10.2018 veröffentlicht und gilt ab dem 1.1.2019. Der ideale Anlass also, um mit der Staatssekretärin im BMU Rita Schwarzelühr-Sutter über kommunalen Klimaschutz zu sprechen.

BBH-Blog: Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, Sie sind Expertin für klima- und rohstoffpolitische Fragen und engagieren sich auch außerhalb Ihres Amtes und des Bundestages im Klimaschutz-Bereich. Sind Sie mit den aktuellen Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland zufrieden?

Schwarzelühr-Sutter: Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen will die Weltgemeinschaft die Erderwärmung und damit auch die Folgen des Klimawandels begrenzen. Deutschland muss seinen Beitrag dazu liefern. Deshalb brauchen wir Maßnahmen in allen Sektoren. Besonders im Verkehrssektor hat sich seit fast 30 Jahren nichts getan, die CO2-Emissionen steigen sogar wieder an. Auch im Gebäudesektor und in der Landwirtschaft kann noch viel erreicht werden, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wir haben aber auch schon viel erreicht: Ich denke, es gibt bereits viele gute Ideen und Ansätze für den Klimaschutz in Deutschland, und wir haben auch schon Einiges erreicht. Den Anteil der Erneuerbaren Energien z.B. haben wir auf fast 40 Prozent erhöht. Das entspricht mehr als einer Verdopplung seit 2010! Und vor vier Jahren haben wir das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz beschlossen. Da sind viele gute Maßnahmen dabei, die wir konsequent weiter umsetzen und ausbauen müssen. Heute wissen wir aber auch, dass unsere bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um unser 2020-Ziel zu erreichen. Unser Ziel für 2030 aus dem Klimaschutzplan müssen wir erreichen. Dabei helfen uns die Sektorziele. Und bis 2050 wollen wir nahezu treibhausgasneutral sein. Damit wir unsere Ziele, die völkerrechtlich verbindlich sind, auch tatsächlich erreichen, erarbeitet das BMU ein Klimaschutzgesetz und, in Zusammenarbeit mit anderen Ministerien, das erste Maßnahmenprogramm 2030. Beides wollen wir im Frühjahr 2019 beschließen. Danach müssen wir Bilanz ziehen. Ich hoffe, dass ich dann sagen kann, dass ich zufrieden mit den deutschen Klimaschutzmaßnahmen bin.

BBH-Blog: Die Kommunalrichtlinie kann man ohne Umschweife als Erfolgsmodell bezeichnen, durch deren Fördermöglichkeiten seit dem Jahr 2008 rund 3.000 Kommunen profitiert haben. Wie wichtig ist dieser Klimaschutz „von unten“?

Schwarzelühr-Sutter: Ein Großteil der Treibhausgasemissionen fällt in den Kommunen an – wir müssen nur an den Verkehr oder an den Gebäudebereich denken. Gleichzeitig werden viele Entscheidungen, die für den Klimaschutz relevant sind, auf der kommunalen Ebene getroffen. Kommunale Bebauungspläne legen fest, wie die Bausubstanz über das Jahr 2050 hinaus gestaltet sein wird. Die Verkehrswegeplanung in Städten und Gemeinden beeinflusst unser Mobilitätsverhalten. Kommunen sind verantwortlich für den ÖPNV und für die kommunale Daseinsvorsorge – und sie sind der größte öffentliche Auftraggeber. Außerdem sind Städte und Gemeinden auch nah an den Bürgern und Bürgerinnen, und können sie beim Klimaschutz mitnehmen und mit einbeziehen. Deshalb fördern wir das Engagement der Kommunen im Klimaschutz mit der Kommunalrichtlinie, und wir sind froh, dass unser Angebot seit zehn Jahren kräftig nachgefragt wird.

BBH-Blog: Im Rahmen der Kommunalrichtlinie 2019 genügt nunmehr eine kommunale Beteiligung von 25 Prozent, um antragsberechtigt zu sein. Damit dürfte sich die Nachfrage bei kommunalen Unternehmen noch einmal deutlich erhöhen. Mit welchen Zulaufzahlen rechnen Sie?

Schwarzelühr-Sutter: Kommunale Unternehmen spielen bei der Klima- und Energiepolitik eine zentrale Rolle. Sie sind traditionell eng mit den Kommunen verbunden und wichtige Partner für die Weiterentwicklung und Modernisierung der Energie- und Wasserversorgung und der Abfall- und Abwasserentsorgung. Deshalb haben wir das Förderangebot für kommunale Betriebe ausgeweitet. Bislang war eine kommunale Beteiligung von mindestens 50 Prozent für die Antragstellung erforderlich, jetzt reichen 25 Prozent. Wir machen ein attraktives Angebot in vielen Förderbereichen. Ich bin sicher, dass wir so noch mehr Kommunen zum Mitmachen begeistern können.

BBH-Blog: Mit den neuen Förderschwerpunkten Energie- und Umweltmanagement, den höheren Anforderungen an die Energieeffizienz und der Integration der „Kommunale Netzwerke Richtlinie“ in die Kommunalrichtlinie setzen Sie auf die Umsetzung von Energiesparpotentialen. Besteht hier ein besonderer Nachholbedarf?

Schwarzelühr-Sutter: Es gibt immer noch viel zu viele Kommunen, die kein systematisches Energiemanagementsystem etabliert haben. Das können wir uns angesichts unserer Klimaziele, aber auch angesichts der knappen kommunalen Haushalte, nicht leisten. Wir wollen erreichen, dass jede Kommune nicht nur genau weiß, wie viel Energie ihre Liegenschaften verbrauchen. Wir wollen, dass die Kommunen auch ermitteln, welche Ansätze zu Einsparungen verhelfen. Oft genügen schon kleine Maßnahmen, um hohe Einsparungen von Energiekosten und Treibhausgasen zu erreichen. Viele Kommunen wundern sich, wie viel Energiekosten sie schon kurzfristig einsparen können!

BBH-Blog: Wenn wir von Klimaschutz in Kommunen sprechen, darf auch das Thema Verkehr und Mobilität nicht fehlen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, innovative Sharing-Konzepte und die Stärkung des ÖPNV sind Aspekte, die häufig im Zusammenhang mit dem Begriff Mobilitätswende genannt werden. Kürzlich hat die Agora Verkehrswende ein Gutachten herausgegeben, in der die Frage diskutiert wird, welche Handlungsspielräume Kommunen bei der Gestaltung des öffentlichen Raums zugestanden werden. Gibt es für diesen Bereich auch kommunale Fördermöglichkeiten?

Schwarzelühr-Sutter: Gerade in den Städten erleben viele Menschen tagtäglich, wie der Verkehr von heute an seine Grenzen stößt. Lange Wege, Schadstoffe und Lärm belasten Gesundheit und Lebensqualität. Nicht selten haben darunter vor allem die weniger Privilegierten zu leiden. Das wollen wir ändern. Deswegen unterstützen wir mit der Nationalen Klimaschutzinitiative zum Beispiel den Radverkehr und eine bessere Verknüpfung der verschiedenen umweltfreundlichen Verkehrsmittel. Im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft“ fördern wir zudem den Umstieg auf Elektrobusse und elektrische Lieferfahrzeuge und Taxen. Wir wollen die Mobilitätswende zum Wohle aller gestalten.  

BBH-Blog: Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, herzlichen Dank für das Gespräch.

 

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