Kommen jetzt die Ukraine-Beihilfen?

Der Krieg in der Ukraine, der bereits über drei Wochen andauert, hat in Europa nicht nur schwerwiegende humanitäre, sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen. Vor allem die stark gestiegenen Energiepreise bekommen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen deutlich zu spüren. Die Vorbereitungen für beihilfenkonforme Unterstützung laufen schon, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene.

Energiepreise auf Rekordhoch

Neben der Unterbrechung bestimmter Lieferketten und den harten Sanktionen der westlichen Staatengemeinschaft gegenüber Russland sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges nicht zuletzt auf die starke Abhängigkeit von russischen Energieimporten zurückzuführen. Die derzeitige Situation wirkt sich dementsprechend auch auf die Strom- und Gaspreise im europäischen Energiemarkt aus. War dieser bereits vorher angespannt (wir berichteten), kletterten die Preise zwischenzeitlich auf ein neues Rekordhoch. Viele Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger bekommen die Energiepreiskrise immer mehr zu spüren. Besonders relevant ist der Anstieg für die hochenergieintensive Industrie in Deutschland, in deren Produkte die Energiepreise in hohem Maße einfließen und die teilweise im internationalen Wettbewerb steht. Die Entwicklung hat die europäische und die Bundespolitik natürlich längst auf den Plan gerufen. Erst am 17.3.2022 war der Energiepreisanstieg erneut auch Gegenstand eines Bund-Länder-Treffens.

Können Beihilfen die Auswirkungen abfedern?

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation ist es verständlich, dass von Unternehmensseite die Rufe nach staatlichen Beihilfen immer lauter werden. Um den europäischen Binnenmarkt nicht zu verfälschen und faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, müssen solche Beihilfen aber zunächst beihilferechtlich genehmigt werden und die Voraussetzungen des Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Union (AEUV) erfüllen.

Die Europäische Kommission arbeitet derzeit – dem Vornehmen nach vor allem auf Betreiben Frankreichs – daran, den Mitgliedstaaten klare Leitplanken zu geben, wie sie es mit dem „Werkzeugkasten“ vom letzten Herbst schon einmal getan hat. Nach Artikel 107 Absatz 3 b) AEUV kann die Kommission Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, „um eine erhebliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu beheben“, wie sie aktuell aufgrund der russischen Invasion auf die Lieferketten und Energiepreise zu beobachten ist. Damit können die Mitgliedstaaten Unternehmen, die besonders stark von der derzeitigen Krise betroffen sind, beihilfenkonform unterstützen.

Die Kommission hat nun mit einem Entwurfspapier unter dem etwas sperrigen Titel „Vorübergehender Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft infolge der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine“ konkretisiert, wie diese Unterstützung aussehen kann. Danach sollen Beihilfen unter anderem in Form von direkten Zuschüssen, Steuervorteilen oder Darlehen möglich sein. In Deutschland wäre das z.B. über Absenkungen der Strom- und der Mehrwertsteuer auf Energie umsetzbar.

Die Ermittlung der Beihilfen soll sich dabei am Anstieg der Energiekosten gegenüber dem Jahr 2021 als Referenzzeitraum bemessen. Ihre Gewährung soll auf die Zeit vom 1.3. bis 31.12.2022 und der Höhe nach pro Unternehmen gedeckelt werden – laut bisherigen Entwurfsplänen auf 2 Mio. Euro.

Weitergehende Entlastungen sind für die (besonders) energieintensiven Branchen geplant, die aufgrund der Energiepreisentwicklung teilweise bereits ihre Produktion drosseln mussten. Angedacht ist, einen Teil des kriegsbedingten Kostenanstiegs der Energiepreise und der dadurch bedingten Betriebseinbußen zu kompensieren. Betragsmäßig soll dabei auch insoweit die Unterstützung begrenzt werden. Im Erstentwurf wurde die Grenze auf 25 Mio. Euro pro Unternehmen taxiert.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Europäische Kommission wird den Mitgliedstaaten aufgrund der drängenden Lage ihre Überlegungen eines beihilfekonformen Krisenrahmens voraussichtlich noch Ende März auf dem nächsten EU-Gipfel präsentieren.

Auf dieser Grundlage können die Mitgliedstaaten dann nationale Förderkonzepte und Hilfspakete umsetzen. Die Vorbereitungen laufen natürlich längst …

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau
Weitere Ansprechpartner*innen: Dr. Markus Kachel/Jens Panknin/Andreas Große

PS: Über die Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Großhandelsverträge informiert dieses Online-Seminar.

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