Neue Regeln, neue Fragen: BNetzA veröffentlicht Leitfaden zum Einspeisemanagement 3.0

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Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 25.6.2018 die neue Fassung 3.0. ihres Leitfadens zum EEG-Einspeisemanagement veröffentlicht. Dieser Leitfaden enthält konkretisierende Regeln zum Einspeisemanagement, also zur Abregelung von EEG- und KWK-Anlagen zur Vermeidung von Netzengpässen. Der Veröffentlichung des Leitfadens vorausgegangen war ein längerer Konsultationsprozess: Im August 2017 konnte die Branche zum Entwurf Stellung nehmen, im November 2017 gab es einen Workshop, und bis Ende Februar 2018 gab es eine erneute Konsultation zu einer erweiterten Fassung. Der neue Leitfaden löst die bisherige Version 2.1. ab, die noch aus dem Jahr 2014 stammte.

Wie auch schon die vorherigen Versionen ist der Leitfaden 3.0 rechtlich unverbindlich und soll das Grundverständnis der BNetzA zur Anwendung der Regelungen des Einspeisemanagements wiedergeben sowie Einschätzungen zu wesentlichen Praxisfragen liefern. Im Ergebnis sollen damit bestehende Rechtsunsicherheiten verringert werden. Faktisch hat der Leitfaden eine große Bedeutung für die Anwendung der Entschädigungsregeln im Einspeisemanagement. Dies beruht vor allem darauf, dass nach Auffassung der BNetzA eine Weiterwälzung der Kosten über die Netzentgelte grundsätzlich möglich ist, wenn die Vorgaben des Leitfadens eingehalten werden.

Was ist neu?

Gegenüber der Vorgängerversion 2.1 neu hinzugekommen sind zunächst Ausführungen zur Ermittlung der Entschädigungszahlungen für direktvermarktete EEG-Anlagen. Danach besteht ein Anspruch auf Entschädigung für entgangene Erlöse im Fall der Direktvermarktung mit Marktprämie nur in Höhe der Marktprämie. Nicht zu entschädigen sind demgegenüber die Erlöse des Anlagenbetreibers aus dem Stromverkauf. Eine Entschädigung komme aber nach Auffassung der BNetzA für den bilanziellen Ausgleich in Betracht.

Die BNetzA begründet dies wie folgt: Wird eine EEG-Anlage abgeregelt, entstehen Abweichungen im Bilanzkreis. Wenn der Netzbetreiber diese nicht gezielt bilanziell ausgleicht, können dies die Bilanzkreisverantwortlichen (i.d.R. der Direktvermarkter) tun und z.B. Strom an der Börse beschaffen. Wenn das nicht geht, etwa weil der Bilanzkreisverantwortliche die Information zur Abregelung vom Netzbetreiber nicht rechtzeitig erhält, muss der Bilanzkreis durch Ausgleichsenergie ausgeglichen werden.

Ist nicht der Anlagenbetreiber selbst, sondern ein Dritter (z.B. der Direktvermarkter) der Bilanzkreisverantwortliche, ist fraglich, ob diese Kosten im Rahmen der Entschädigung nach § 15 EEG 2017 ersatzfähig sind, weil diese Kosten nicht dem Anlagenbetreiber entstehen. Das Landgericht (LG) Bayreuth hat diese Kosten mit Urt. v. 19.3.2018 (Az. 13 HK O 29/16, nicht rechtskräftig) nicht für ersatzfähig gehalten, auch unter Prüfung der Grundsätze der Drittschadensliquidation. Während sich die BNetzA noch in der Konsultationsfassung eindeutig für eine Erstattungsfähigkeit über die Grundsätze der Drittschadensliquidation ausgesprochen hat, verweist sie in ihrem Leitfaden nun darauf, diese Rechtsfrage nicht abschließend klären zu können. Damit besteht in einer zentralen Frage des Einspeisemanagements eine erhebliche Rechtsunsicherheit, die hoffentlich zeitnah durch die Rechtsprechung oder den Gesetzgeber beseitigt wird.

Der Leitfaden 3.0 enthält zudem Vorgaben, wie die Höhe der zusätzlichen Aufwendungen durch die Beschaffung von Ausgleichsenergie zu berechnen ist. Dabei ist die Ausfallarbeit in der Viertelstunde mit dem regelzonenübergreifenden einheitlichen Ausgleichsenergiepreis (reBAP) in der Viertelstunde zu multiplizieren. Bei der Beschaffung von Strom für Bilanzkreisabweichungen am Strommarkt sollen sich die Entschädigungszahlungen an einem durchschnittlichen Börsenpreis orientieren, wobei hierfür noch detailliertere Vorgaben gemacht werden.

Neu im Leitfaden 3.0 sind auch detaillierte Ausführungen zur Anwendung des Einspeisemanagements auf KWK-Anlagen. Dies umfasst Erläuterungen zur Vorrangberechtigung von KWK-Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen, Daten zur Kraftwerkseinsatzplanung, zur Anwendung des Pauschal- und Spitzabrechnungsverfahren für KWK-Anlagen sowie zur Ermittlung der Entschädigungshöhe bei KWK-Anlagen.

Schließlich wurde der Leitfaden 3.0 gegenüber der Vorgängerversion 2.1 um Ausführungen zur Abrechnung mehrerer Anlagen über eine gemeinsame Messeinrichtung ergänzt.

Was bleibt unverändert?

Unverändert gegenüber der Vorgängerversion 2.1 sind die Ausführungen zur Abschaltrangfolge. Die BNetzA hatte zwar angekündigt, auch diese Passagen zu überarbeiten. Das soll jetzt aber erst in einer nachfolgenden Version des Leitfadens geschehen. Fraglich bleibt somit weiterhin vor allem die „Binnenreihenfolge“, wenn Netzbetreiber die Wahl haben zwischen mehreren EEG- und KWK-Anlagen bei der Abregelung.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Ulf Jacobshagen/Dr. Wieland Lehnert

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