Oettinger will Energiesparziele durchsetzen

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Die Europäische Kommission unter Federführung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger treibt das Thema Energieeffizienz mit hoher Priorität voran. Die Europäische Union muss 20 Prozent des Primärenergieverbrauchs bis 2020 einsparen; nach bisherigen Schätzungen wird sie ohne weitere Anstrengungen lediglich bei 9 Prozent landen. In dem am 22. Juni 2011 veröffentlichten Entwurf zur neuen Energieeffizienzrichtlinie schlägt die Kommission gleich ein ganzes Maßnahmenbündel vor. Eins vorweg: Verbindliche individuelle Einsparziele für die Mitgliedstaaten soll es auch auf nationalen Druck erstmal nicht geben.

Zwang zur Einsparung und Sanierung

Verteilnetzbetreiber oder Energielieferanten sollen beim Endkunden jährlich 1,5 Prozent Energie einsparen. Aufgrund praktischer Umsetzungsbedenken und der Bauchschmerzen vielerorts wurde kurzfristig eine „Opt-Out-Klausel“ aufgenommen: Wenn die Mitgliedstaaten Energieeinsparungen beim Endkunden auf andere Weise erreichen zu können glauben, dann können sie das tun. Sie müssen dann bis zum 1. Januar 2013 der Kommission melden, wie sie sich diese Alternative vorstellen. Die Bundesregierung will weiterhin weitgehend auf freiwillige Maßnahmen setzen und durch den Energieeffizienzfonds fördern. Ob dies die Zustimmung der Kommission finden wird, ist allerdings offen. Vorsorglich erfolgt nach Auskunft der Bundesregierung derzeit eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Einführung eines Systems „Weißer Zertifikate“, wie es in anderen Mitgliedstaaten wie Dänemark, UK oder Italien bereits praktiziert wird.

Die öffentliche Hand soll ihren Beitrag ab 2014 in Form einer jährlichen energetischen Sanierung von 3 Prozent der Gebäudeflächen in öffentlichem Eigentum leisten. Leider ohne Klärung der Finanzierungsfrage für die oftmals klammen Gemeinden oder Kommunen.

Weitere Maßnahmen

Neben diesen und weiteren „typischen Effizienzthemen“ finden sich aber auch neue und sehr detaillierte Regelungen, insbesondere für die Bereiche Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Wärmenetze (schließlich wird die bisherige KWK-Richtlinie ersetzt), aber auch für Messung und Abrechnung und neue Ausrichtungen bei den Netzentgelten werden erhebliche Auswirkungen auf die Regulierungspraxis und für die Stadtwerke haben. Schlagworte wie lokale Effizienzkonzepte, der Handel mit Weißen Zertifikaten, verpflichtende Energieaudits für die Unternehmen und die Erstellung nationaler Wärme- und Kältepläne lassen einen enormen Umsetzungs- und Verfahrensaufwand erahnen. Der Richtlichtlinienvorschlag ist dabei mit seinen 24 Artikeln und 15 Anlagen teilweise sehr konkret, überlässt aber wiederum die Gestaltung des Effizienzmarktes und seiner Dienstleistungen den Mitgliedstaaten selbst.

Politisches Verfahren

Ob die Vorschläge ausreichen werden, um auch dem dritten, eigentlich kostengünstigsten Pfeiler der Europäischen Energiepolitik endlich einen Schub zu geben? Ab Herbst wird sich das Europaparlament mit der Richtlinie befassen; es scheint die Position der Kommission zu unterstützen, in wichtigen Punkten zu verschärfen. Berichterstatter ist der Grüne Claude Turmes, MdEP. Da der Kommission sehr an einer schnellen Umsetzung gelegen ist und wichtige politische Forderungen der Mitgliedstaaten bereits berücksichtigt wurden, könnte es über informelle Absprachen schon im Frühjahr 2012 zu einer Einigung zwischen dem Rat (dann unter Dänischer Präsidentschaft), Parlament, und Kommission kommen.

Viel Zeit zur Einflussnahme bleibt also nicht. Umgesetzt werden sollen die EU-Vorgaben übrigens schon innerhalb von 12 Monaten nach Verabschiedung der Richtlinie.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet/Prof. Christian Held/Christian Thole

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