Sofortprogramm Gebäudesektor auf dem Prüfstand

Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) hat am 25.8.2022 seinen Prüfbericht zu den Sofortprogrammen 2022 für den Gebäude- und Verkehrssektor veröffentlicht – und zieht eine gemischte Bilanz.

Hintergrund des Sofortprogramms für den Gebäudesektor

Auf dem Prüfstand beim ERK nach § 12 Abs. 2 Bundes-Klimaschutzgesetz stand das Sofortprogramm für den Gebäudesektor, welches das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) am 13.7.2022 veröffentlicht hatten. Mit dem Sofortprogramm reagierten die beiden Bundesministerien auf die Überschreitung der zulässigen 113 Mio. t CO2-Äquivalenzen für das Jahr 2021 um 2 Mio. t CO2-Äquivalenzen. Das Sofortprogramm enthält zehn Maßnahmen, mit denen die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen maximalen CO2-Äquivalente eingehalten werden sollen.

Im Fokus des Sofortprogramms stehen vor allem die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und die Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Mit letzterer ließ das BMWK auch nicht lange auf sich warten. Die Änderungsbekanntmachung erfolgte bereits am 27.7.2022 im Bundesanzeiger, seit 28.7.2022 sind die ersten Änderungen der BEG in Kraft.

Fokus und wesentliche Änderungen der BEG

Das BMWK hat herausgearbeitet, dass sich der größte Effekt zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz im Gebäudesektor durch energetische Sanierung von Bestandsgebäuden erreichen lässt. Der Einspareffekt liegt bei der energetischen Gebäudesanierung 4,5-mal höher als im Neubau. Entsprechend liegt der Fokus der BEG-Reform auf der Förderung von Sanierungsmaßnahmen.

Die Reform der BEG wird in zwei Schritten vollzogen: Bereits seit dem 28.7.2022 gelten sowohl bei der Komplettsanierung als auch bei noch laufenden Neubauförderungen neue Förderbedingungen. Exemplarisch hervorzuheben ist die Absenkung der Fördersätze, um mit den vorhandenen Haushaltsmitteln eine möglichst große Zahl an Antragstellern fördern zu können. Weiterhin ist unter anderem die Einführung eines Bonus für sogenannte „Worst Performing Buildings“ zu nennen.

Daran angeschlossen traten am 15.8.2022 neue Förderbedingungen bei Einzelmaßnahmen der Sanierung in Kraft. Neu ist hier unter anderem der „Heizungs-Tausch-Bonus“ in Höhe von 10 Prozentpunkten. Er wird beim Tausch einer funktionstüchtigen Öl-, Kohle, Nachtspeicher- oder Gasheizung gewährt, soweit ihre Inbetriebnahme bei Antragstellung mindestens 20 Jahre zurückliegt.

Nicht nur inhaltlich fand eine Novellierung statt, auch die Antragstellung wurde vereinfacht. Komplettsanierungen sind künftig bei der KfW, Einzelmaßnahmen beim BAFA zu beantragen.

Die Neubauförderung wird ebenfalls neu konzipiert und 2023 reformiert. Bis dahin läuft das Förderprogramm für den EH-40-Standard mit Nachhaltigkeits-Klasse weiter. Je Fördereuro sollen so viele Treibhausgaseinsparungen wie möglich erfolgen. Ziel ist, eine „klimapolitisch ambitionierte, ganzheitlich orientierte Förderung“ aufzusetzen. Mit dem „Qualitätssiegel nachhaltige Gebäude“ – das nachgewiesen werden muss, um eine Nachhaltigkeitsklasse und die damit verbundene erhöhte Förderquote zu erreichen – wird bereits jetzt ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, womit die nachhaltige Qualität der Planungs- und Bauprozesse sowie des Gebäudes selbst beurteilt wird. Mit der Reform der Neubauförderung im nächsten Jahr soll dieses Siegel weiterentwickelt werden und insbesondere die Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus des Gebäudes stärker betrachten.

Novellierung des GEG

Für das Jahr 2023 ist eine umfassende Novelle des GEG angekündigt. Im Mittelpunkt steht dabei zum einen, dass ab 1.1.2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll und zum anderen die Anhebung des Neubaustandards auf den EH-40-Standard ab dem Jahr 2025. Als Zwischenschritt wurde der Neubaustandard bereits im Rahmen des Osterpakets auf den EH-55-Standard angehoben.

Fazit des ERK

Laut Prüfbericht des ERK ist „im Gesamtbild davon auszugehen, dass das vorgelegte Sofortprogramm Gebäude einen substanziellen Beitrag zur Minderung der THG-Emissionen in diesem Sektor leisten kann.“ Allerdings ist „das Erreichen der ausgewiesenen THG-Minderung mit der Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen angesichts der genannten Prüfergebnisse nur teilweise wahrscheinlich. Somit ist auch die zukünftige Einhaltung des KSG-Zielpfads für diesen Sektor im Ergebnis der Prüfung nicht sichergestellt.“

Es bleibt daher abzuwarten, wie das BMWK bei der weiteren Umsetzung der Maßnahmen des Sofortpakets Gebäudesektor vorgehen wird und ob es diejenigen Maßnahmen „nachschärfen“ wird, deren Umsetzung bereits begonnen hat.

Ansprechpartner*innen: Ulf Jacobshagen/Dr. Markus Kachel

PS: Sie interessieren sich für dieses Thema, dann ist unser Webinar Gebäudesektor im energiepolitischen Fokus– rechtliche Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft ggf. für Sie von Interesse.

Share
Weiterlesen

18 April

Missbrauchsverfahren nach den Energiepreisbremsengesetzen: Bundeskartellamt nimmt Energieversorger unter die Lupe

Die Energiepreisbremsengesetze sollten Letztverbraucher für das Jahr 2023 von den gestiegenen Strom-, Gas- und Wärmekosten entlasten. Um zu verhindern, dass Versorger aus der Krise auf Kosten des Staates Kapital schlagen, wurden in den dazu erlassenen Preisbremsengesetzen besondere Missbrauchsverbote implementiert, über...

15 April

Masterplan Geothermie für NRW: Startschuss für Förderprogramm zur Risikoabsicherung hydrothermaler Geothermie

Am 8.4.2024 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW den Masterplan Geothermie für NRW veröffentlicht. Als erste Maßnahme ging zeitgleich ein Förderinstrument zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko als zentrales Hemmnis für Vorhaben mitteltiefer und tiefer geothermischer Systeme an...