TK-Regulierung für Stadtwerke – eine Einführung

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Trotz geänderter Bedingungen der Breitbandförderung kommen bundesweit viele Breitbandprojekte nur schleppend in Gang. Dabei warten viele Regionen sehnsüchtig auf schnelleres Internet. So berechtigt die Kritik sein mag – dieser Beitrag will den Blick nach vorne richten und das rechtliche Umfeld der gewerblichen Telekommunikation (TK) mal aus einer anderen Branchenperspektive beleuchten.

Dass die kommunalen Energieversorger tätig werden, liegt gerade dort nahe, wo ein zeitgemäßer Internetzugang als Bestandteil der Daseinsvorsorge im weitesten Sinne begriffen wird. Landkreise, Städte und Gemeinden wollen natürlich auf bestehende Ressourcen und Erfahrungen zurückgreifen. Viele neue TK-Anbieter werden mithin Stadtwerke sein, die sich bislang in der Energie- und Wasserversorgung betätigt haben.

Seit mehr als zehn Jahren unterliegt die Strom- und Gasversorgung, deren Handlungsrahmen weitgehend reguliert ist, besonderen rechtlichen Anforderungen. Ebenso das TK-Recht, man teilt sich sogar dieselbe Regulierungsbehörde. Die folgenden Überlegungen richten sich an Regulierungsprofis der Energiewirtschaft, welche ihr Wissen auf den TK-Bereich ausweiten wollen.

Netzzugang und Wettbewerb

Netzzugang für jedermann – das ist der Kern des liberalisierten Energiemarkts. Das TK-Recht kennt diesen Grundsatz aber nur bedingt. Es herrscht ein anderer Regulierungsansatz. Während nämlich Energienetze ein natürliches Monopol darstellen – weil in aller Regel nur ein Versorgungsnetz existiert – besteht in der TK-Branche grundsätzlich Infrastrukturwettbewerb. Telefonnetz gegen Fernsehkabel, Glasfaser gegen Kupfer, Funk gegen Telekommunikationslinien und alle gegen alle…

Für den Zugang für Dritte gibt es gleichwohl gesetzliche Verpflichtungen – allerdings nur für Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht verfügen. Und dies wird durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) nicht etwa vor Ort ermittelt, sondern bundesweit. Marktmächtig ist demzufolge nur die Telekom Deutschland (Entwurf Marktanalyse 2019) – vor allem auf der „letzten Meile“ (sogenannte TAL – Teilnehmeranschlussleitung), welche diese an Mitbewerber vermieten muss. Für alle anderen Anbieter besteht lediglich eine Verpflichtung, ihre Netze zusammenzuschalten.

Früher erschien es nachvollziehbar, die TK-Netze dienstspezifisch zu trennen. Aber die Netze der nächsten Generation – Stichwort: Medienkonvergenz – folgen einheitlichen Standards, vor allem dem Internetprotokoll (IP). In IP-basierten Netzen könnten auch Daten verschiedener Diensteanbieter als Bitstrom durchgeleitet werden (Internet, VoIP, IPTV etc.). Um mit der Energiewelt zu sprechen: Das Internet ist ein globales Verbundnetz, autonome Zonen entsprechen einer Regelzone und FTTx dem digitalen Verteilernetz bzw. dem Hausanschluss. Im Internetzeitalter sind wir einem Zugangsrecht für jedermann also schon sehr nahe.

Open-Access nur als Förderbedingung

Indessen ist auch die nächste Generation der TK-Regulierung noch nicht so weit. Bis Dezember 2020 steht die Umsetzung des TK-Kodex in deutsches Recht an. Grundlegende Neuerungen in Bezug auf die Netze sind nicht zu erwarten. Ein allgemeines Zugangsrecht setzt jedenfalls zunächst ein geändertes Wettbewerbsverständnis voraus – den Betrieb eines Glasfasernetzes etwa mittels Konzession zu vergeben ist gesetzlich aber nicht vorgesehen.

Situationen der Exklusivität entstehen allenfalls als Folge der Wirtschaftlichkeitslücke und somit im Falle geförderter Netze; deshalb verlangen die Bedingungen hier regelmäßig, dass Dritten Zugang zu gewähren ist (Open Access). Leider führt dieser halbfertige Ansatz dann doch auch zu „Rosinenpicken“ und Überbau mit billigeren, aber nicht zukunftsfesten Bestandstechniken. Auch eigenwirtschaftliche Investitionen werden so gebremst.

Alles aus einer Hand, keine Entflechtung

Andererseits ist, soweit der Infrastrukturwettbewerb bevorzugt wird, das Potential für Diskriminierung – jenseits des ehemaligen Staatsmonopolisten – eher gering. Eine Entflechtung analog der Strom- und Gaswirtschaft, mithin eine Trennung in Betrieb eines TK-Netzes und dem Angebot von TK-Diensten, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Auch die Entgeltregulierung betrifft nur marktmächtige Unternehmen, also die Telekom Deutschland.

Infolgedessen gibt es keine Entflechtung von TK-Unternehmen. Lediglich eine „strukturelle Separierung“ der unternehmerischen Tätigkeiten gegenüber anderen regulierten Sparten – eben Strom- und Gasnetze – ist vorgesehen. Dabei ist allerdings eine Ausgründung wie bei der „rechtlichen Entflechtung“ nicht zwingend, die „buchhalterische Entflechtung“ genügt. Und schließlich wird über Leistungen aus dem TK-Netz und aus TK-Diensten einheitlich Buch geführt; Marktrollen und damit eine „informatorische Entflechtung“ gibt es im TK-Sektor nicht.

Letztverbraucher und Endkunden

Schließlich wird der Endkunde – im Energierecht der Letztverbraucher, im TK-Bereich bisweilen noch „Teilnehmer“ genannt – besonders gesetzlich geschützt. Ob Verbraucher oder Unternehmer, die Vorschriften sind dienstspezifisch und zahlreich. Wie beim Energieliefervertrag sind Vertragsschluss, Vertragsabwicklung und Abrechnung speziell geregelt; darüber hinaus noch unüberschaubar viele Sonderregelungen zu einzelnen TK- oder Telemediendienste. Nicht zuletzt steht der Datenschutz im TK-Recht auf zwei Beinen, der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) (wir berichteten) und allem, was mit ihr zusammenhängt, auf der einen Seite und dem klassischen Fernmeldegeheimnis mit diversen Ausprägungen auf der anderen Seite.

Auch netzseitig bestehen vergleichbare Vertragslagen, die im Detail jedoch von energierechtlichen Bestimmungen abweichen. Dies gilt etwa bei der Nutzung von Grundstücken und bei der Inhouse-Verkabelung. Daneben finden sich natürlich auch Besonderheiten, etwa die „Routerfreiheit“, für die es kein Pedant bei der Energieversorgung gibt.

Unterm Strich werden sich Regulierungsprofis schnell auch im TK-Recht zurechtfinden. Ein TK-spezifisches Vertrags-/Informationsmanagement ist indessen allen Bestands- und Neuanbietern zu empfehlen. Nicht zuletzt, weil sich gerade TK-Angebote via Internet allen potentiellen Mitbewerbern offenbaren.

Ansprechpartner: Axel Kafka/Johannes Nohl/Julien Wilmes-Horváth

PS: In diesem Beitrag haben wir folgende Normen erwähnt: §§ 7, 16, 21, 22, 27, 43a ff., 66a ff. TKG, §§ 6, 6a, 6b, 7, 7a 20, 40, 41 EnWG.

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