Was macht eigentlich: die Fusion von RWE und E.ON?

(c) BBH

Im März 2018 verkündeten RWE und E.ON ihre Pläne, in Zukunft den Markt unter sich aufzuteilen. Die beiden deutschen Platzhirsche hatten nicht nur beschlossen, sich künftig keine Konkurrenz mehr zu machen, sondern sich auch noch gesellschaftsrechtlich zu verbandeln. Die Reaktion war entsprechend: „Das Monopol kehrt zurück“ titelte Spiegel online am 21.3.2018 und berichtete über mögliche Schäden für den Wettbewerb und die Verbraucher. Die Europäische Kommission hat die Transaktion mittlerweile freigegeben, doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Mehrere Unternehmen haben heute beim Gericht der Europäischen Union (EuG) eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Kommission eingereicht.

Pläne und Kritik

Im Ergebnis der komplexen Transaktion sollte RWE die Erzeugungssparte von E.ON übernehmen, während E.ON sich auf die Bereiche Netze, Vertrieb und innovative Geschäftsfelder konzentriert und dazu die innogy von RWE übernimmt. Und RWE wird gleichzeitig mit knapp 16,7 Prozent größter und bei dem Freefloat-Anteil auch einflussreichster Aktionär bei E.ON.

Verbände wie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) waren alarmiert. Zahlreiche Marktteilnehmer und Branchenkenner haben die Fusion kritisch begleitet. Zehn Unternehmen aus der Energiewirtschaft beschrieben (wir berichteten) im August 2019 in einem Gemeinsamen Standpunkt, welche Folgen in den jeweiligen Bereichen zu erwarten/zu befürchten sind.

Das Fusionskontrollverfahren

Eine derart tiefgehende Neuordnung des Marktes bedarf der offiziellen Freigabe im Rahmen eines Fusionskontrollverfahrens. In diesem Fall haben RWE und E.ON das Verfahren dreiteilig strukturiert und im Januar 2019 bei der Europäischen Kommission bzw. beim Bundeskartellamt (BKartA) angemeldet. Zuständig für die Prüfung von Teil 1 (Erzeugung) und Teil 3 (Vertrieb, Netze, innovative Geschäftsfelder) war die Kommission. Die Beteiligung von RWE an E.ON bekam das Bundeskartellamt auf den Tisch.

Die ersten beiden Teile gaben die Kommission und das Bundeskartellamt jeweils ohne vertiefende Prüfung bereits am 26.2.2019 frei. Das überraschte, schließlich war die Position von RWE im Erzeugungsmarkt schon vorher stark. Auch der Präsident des BKartA Andreas Mundt stellte im Rahmen der Veröffentlichung des Marktmachtberichts Ende 2019 zum Beispiel fest, RWE befinde sich auf dem Erzeugungsmarkt nahe an der Beherrschungsschwelle (wir berichteten). Ähnlich äußerte sich Christian Ewald, Vorsitzender der für die leitungsgebundene Energiewirtschaft zuständigen 8. Beschlussabteilung des BKartA, in der EnWZ.

Am 17.9.2019 folgte dann auch die Freigabe für Teil 3 der Anmeldung – immerhin nach der Prüfung im Hauptverfahren der Fusionskontrolle. Die Energiewirtschaft reagierte auf die Freigabe des RWE-E.ON-Deals mit Unverständnis – hatte sie doch vielfältig dargelegt, welche drastischen Folgen der gesamten energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette drohen. Überrascht hatte auch das Vorgehen der EU-Kommission, die jedenfalls für den Bereich Netze, Vertrieb und innovative Geschäftsfelder ernsthafte Bedenken gehegt und angekündigt hatte, die möglichen Auswirkungen hier genau zu prüfen. Am Ende begnügte sie sich mit geringen Zusagen von E.ON.

Im eigentlichen Sinne begründet ist bislang nur die Entscheidung der Kommission zu Teil 1. Diese ist im EU-Amtsblatt am 3.4.2020 erschienen, also rund 400 Tage nach dem Freigabebeschluss. Die lange Bearbeitungszeit hat sich aber nicht auf den Textkorpus ausgewirkt: Mit nur 22 Seiten ist die Begründung bemerkenswert schlank (das Bundeskartellamt hat formal gleich gar keinen Beschluss gefasst, deshalb gibt es nur eine Pressemitteilung und einen knappen Fallbericht).

Was danach geschah

Unmittelbar nach der Freigabe von Teil 3 (und damit der Gesamttransaktion) gingen RWE und E.ON den Vollzug der Transaktion an. Inzwischen gehört innogy E.ON, die gerade die letzten Fremdaktionäre per Squeeze-out loswerden möchte. Aufsichtsratschef der innogy ist E.ON-Chef Dr. Johannes Teyssen, während RWE-Chef Dr. Rolf Martin Schmitz nun auch im Aufsichtsrat der E.ON sitzt.

Und was macht die Energiewirtschaft? Anstatt einen Nachruf auf die Liberalisierung zu verfassen, besteht noch die Möglichkeit, (zunächst) die Freigabe der Kommission für den Erzeugungsbereich gerichtlich überprüfen zu lassen. Eine solche Nichtigkeitsklage wurde heute für mehrere Unternehmen beim EuG eingereicht. Die Kläger sind ausweislich ihres Gemeinsamen Standpunkts vom heutigen Tage der Auffassung, dass die Freigabe der Kommission sowohl förmliche als auch materielle Mängel enthält. Und sobald der Abschlussbericht für Teil 3 des Fusionskontrollverfahrens vorliegt, wird der Markt sich bestimmt auch diesen ganz genau ansehen.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau

Share
Weiterlesen

18 April

Missbrauchsverfahren nach den Energiepreisbremsengesetzen: Bundeskartellamt nimmt Energieversorger unter die Lupe

Die Energiepreisbremsengesetze sollten Letztverbraucher für das Jahr 2023 von den gestiegenen Strom-, Gas- und Wärmekosten entlasten. Um zu verhindern, dass Versorger aus der Krise auf Kosten des Staates Kapital schlagen, wurden in den dazu erlassenen Preisbremsengesetzen besondere Missbrauchsverbote implementiert, über...

15 April

Masterplan Geothermie für NRW: Startschuss für Förderprogramm zur Risikoabsicherung hydrothermaler Geothermie

Am 8.4.2024 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW den Masterplan Geothermie für NRW veröffentlicht. Als erste Maßnahme ging zeitgleich ein Förderinstrument zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko als zentrales Hemmnis für Vorhaben mitteltiefer und tiefer geothermischer Systeme an...