Wasserversorger obacht: Bundesrat will GWB-Novelle verschärfen

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Wer gedacht hat, dass die Kartellrechtsreform in ihren wesentlichen Grundzügen mit der Vorlage des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung am 30.3.2012 feststeht, der hat sich getäuscht. Das wird klar, wenn man die Stellungnahme des Bundesrats liest, die dieser am vergangenen Freitag, den 11.5.2012, beschlossen hat (BR-Drucks. 176/12(B) und 176/12). Was tatsächlich am Ende im Gesetz stehen wird, ist noch längst nicht klar. Dies gilt neben dem Wärme-Bereich auch für die Wasserversorgung. An manchen Stellen sind allerdings auch positive Nachrichten, insbesondere für kommunale Unternehmen, zu vermelden. Im Einzelnen:

Bisher wendet das Bundeskartellamt (BKartA) bei Zusammenlegungen öffentlicher Einrichtungen und Betriebe im Zuge kommunaler Gebietsreformen die Fusionskontrolle an. Jetzt spricht sich der Bundesrat begrüßenswerterweise dafür aus, klarzustellen, dass die Fusionskontrolle in diesem Bereich ausgeschlossen sein soll. Anderenfalls könnte kartellrechtlich „zerschossen“ werden, was der Landesgesetzgeber aus strukturellen Gründen gesetzlich angeordnet hat. Recht hat der Bundesrat auch mit seiner Forderung, dass allein die Trägerschaft von Unternehmen durch eine kommunale Gebietskörperschaft nicht die Voraussetzungen des kartellrechtlichen Konzernbegriffes, insbesondere § 36 Abs. 2, § 37 GWB, erfüllt. Auch das noch in den Empfehlungen der Ausschüsse vom 30.4.2012 geforderte Umgehungsverbot, um nach Einleiten eines kartellrechtlichen Missbrauchverfahrens die so genannte „Flucht in die Gebühren“ zu verhindern, hat der Bundesrat fallen lassen.

Weiter ist zu vermerken, dass der Bundesrat für das fortschreitende Gesetzgebungsverfahren fordert, den Ausschluss kartellrechtlicher Durchleitungsansprüche im Bereich der Wasserversorgung positiv zu normieren. Schließlich ist es systematisch richtig und zu begrüßen, dass der Bundesrat den Ausschluss der kartellrechtlichen Kontrolle für Gebühren und Beiträge explizit im Gesetz verankern möchte. Angesichts der BGH-Entscheidung Niederbarnim (wir berichteten), die von manchen als Wink des Bundesgerichtshofes (BGH) in Richtung kartellrechtliche Kontrolle auch von Gebühren gedeutet worden ist, ist eine solche Regelung aus Sicht kommunaler Versorger dringend notwendig.

Im Übrigen aber sind die Vorstellungen des Bundesrates für die Wasserversorger alles andere als erfreulich. Die Länderkammer strebt an, die bereits bestehende, verschärfte Missbrauchsaufsicht noch weiter zu schärfen.

Der Status Quo: Im Rahmen der verschärften Missbrauchsaufsicht auf Grundlage von § 103 GWB 1990 (künftig § 31b GWB) können die Kartellbehörden Wasserversorgungsunternehmen zu einer umfangreichen Rechtfertigung auffordern, wenn deren Preise im Vergleich mit anderen vergleichbaren Wasserversorgern überhöht sind. Bislang waren dadurch die Beweisanforderungen für die Kartellbehörde erheblich erleichtert, im Gegenzug aber auch ihre Sanktionsmöglichkeiten beschränkt. Namentlich konnten die Kartellbehörden auf dieser Rechtsgrundlage keine Rückzahlungen für vergangene Zeiträume sowie Feststellungen überhöhter Preise in der Vergangenheit erlassen. Dies geht bisher nur im Rahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 19 GWB mit der Folge, dass zunächst die Behörde über einen Vergleich hinaus den Preishöhenmissbrauch im Einzelnen nachweisen muss. Der Bundesrat schlägt nunmehr vor, das Sanktionsinstrumentarium der Kartellbehörden auch für die verschärfte Missbrauchsaufsicht im Wasserbereich zu erweitern, ein Punkt, dem der BGH in seiner Wetzlar-Entscheidung noch eine deutliche Absage erteilt hatte.

Überdies sollen im Rahmen der verschärften Missbrauchsaufsicht nach § 103 GWB 1990 (zukünftig § 31b GWB) die Entscheidungsbefugnisse der Kartellbehörden erweitert werden. Der Bundesrat spricht sich hier dafür aus, dass die Behörde Verpflichtungszusagen erteilen können soll. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Verfahren vor den Landeskartellbehörden und auch neuerdings dem BKartA im Wege der Verpflichtungszusage beendet worden sind, ist diese Änderung wohl eher theoretischer Natur. Für betroffene Wasserversorgungsunternehmen wird gravierender sein, dass nach den Forderungen des Bundesrates künftig auch die Beschwerden gegen Missbrauchsverfügungen bei Wasserpreisen keine aufschiebende Wirkung mehr haben sollen. Damit werden künftig auch Wasserversorger bspw. die kartellbehördlich verfügten Rückerstattungen sofort an ihre Kunden zu leisten haben, egal wie das Beschwerdeverfahren ausgeht.

Jetzt wird spannend, wie Bundesregierung und Bundestag reagieren. Wir werden berichten.

Ansprechpartner: Daniel Schiebold

Ansprechpartner zum Kartellrecht finden Sie auch hier.

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