Rechts ein Feld und links eine Weide, auf der Schafe grasen. Drei Windräder stehen auf dieser Weide bei blauem Himmel.

Windenergieanlagen ohne Privilegierung: Wie stehen die Realisierungschancen? 

Der Gesetzgeber hat unlängst die Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich eingeschränkt. Künftig wird daher die Frage relevanter, unter welchen Voraussetzungen Windenergieanlagen auch ohne die Privilegierung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich zulässig sein können. 

Bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich  

Im Außenbereich soll grundsätzlich nicht gebaut werden. Für bestimmte und abschließend aufgezählte Vorhaben, wie z. B. landwirtschaftliche Betriebe, gilt jedoch wegen ihrer typischen Lage im Außenbereich oder wegen ihrer besonderen Anforderungen etwas anderes: Sie sind im Außenbereich privilegiert und bauplanungsrechtlich zulässig, wenn öffentliche Belange (wie z. B. der Naturschutz, das Landschaftsbild, der Denkmalschutz u.v.m.) dem Vorhaben nicht „entgegenstehen“. Sonstige nicht privilegierte Vorhaben sind hingegen bauplanungsrechtlich nur dann zulässig, wenn öffentliche Belange durch sie nicht „beeinträchtigt“ werden. Dies ist eine wesentlich niedrigere Schwelle. Öffentliche Belange können schon unter recht geringen Voraussetzungen beeinträchtigt sein.       

Einschränkung der Außenbereichsprivilegierung von Windenergieanlagen 

Im Zuge der Ausweisung von Windenergiegebieten nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) wurde die Privilegierung für Windenergieanlagen im Außenbereich deutlich eingeschränkt. 

Das WindBG verpflichtet die Bundesländer, einen bestimmten prozentualen Anteil ihrer Landesfläche (sog. Flächenbeitragswert) für die Windenergie an Land auszuweisen. Dafür werden sog. Windenergiegebiete ausgewiesen; dies können z. B. Vorranggebiete in Raumordnungsplänen oder Sonderbaugebiete in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sein. Derzeit werden bundesweit vor allem die Raumordnungspläne angepasst, um ausreichend Windenergiegebiete auszuweisen. Sobald der Planungsträger förmlich feststellt, dass die vom WindBG vorgegebenen Flächenbeitragswerte erreicht sind, werden Windenergieanlagen im Außenbereich außerhalb der ausgewiesenen Windenergiegebiete nicht mehr privilegiert und damit lediglich sonstige nicht privilegierte Vorhaben.  

Realisierung von Windenergieanlagen auch ohne Privilegierung? 

Dies bedeutet jedoch nicht das Aus für Windenergieanlagen an Standorten außerhalb von Windenergiegebieten.  

Denn zum einen gilt weiter § 2 EEG, der besagt, dass u. a. Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und erneuerbare Energien – bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet treibhausgasneutral ist – als vorrangiger Belang in der jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägung berücksichtigt werden sollen. So entschied das Oberverwaltungsgericht Münster in einer Entscheidung, die letztlich zur „Lex Sauerland“ führte, wie wir berichteten (Lex Sauerland: Vorbescheide für Windenergie), dass angesichts des § 2 EEG die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von nicht privilegierten Windenergieanlagen nicht ohne Weiteres und wohl nicht einmal regelmäßig zu dem Ergebnis kommen dürfte, die Windenergieanlage sei nicht genehmigungsfähig. Schon zuvor, im Jahr 2023, hatte das Oberverwaltungsgericht Münster betont, Windenergieanlagen seien weder schlechthin noch auch nur regelmäßig als störende Fremdkörper anzusehen, die mit der funktionellen Bestimmung des Außenbereichs unvereinbar seien. Konkret urteilte es, dass eine geplante, nicht privilegierte Windenergieanlage mit einer Anlagenhöhe von 217 m den öffentlichen Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft bzw. ihres Erholungswerts unter Berücksichtigung von § 2 EEG nicht beeinträchtige. Allerdings lag insoweit eine „Sonderkonstellation“ vor: Der vorgesehene Standort war bereits durch einen Windpark, eine nahegelegene Autobahn und eine 110 kV-Stromtrasse vorgeprägt.  

Was heißt das? 

Auch weiterhin muss der Einzelfall unter Berücksichtigung des überragenden öffentlichen Interesses am Ausbau der erneuerbaren Energien gewürdigt werden. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU heißt es zwar, dass die Steuerungswirkung von Windenergiegebieten im Einklang mit den bestehenden Mitwirkungsrechten der Kommunen beim Windkraftausbau sichergestellt werden soll, damit die Windenenergieanlagen vor Ort akzeptiert werden. Das dürfte aber, ist jedenfalls zu hoffen, nicht so verstanden werden, dass der Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb von Windenergiegebieten über den Wegfall der Außenbereichsprivilegierung weitere Steine in den Weg gelegt werden sollen.  

Ansprechpartner:innen: Andreas Große/Micha Klewar/Joshua Hansen/Peer Ole Koch 

Weitere Ansprechpartner:innen Genehmigungsrecht: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau/Carsten Telschow 

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