Wie Legal Tech das Vertragsmanagement revolutioniert: Im Gespräch mit den BBH-Vertragsrecht-Experten

Mietverträge, Arbeitsverträge, Kaufverträge: Viele Vertragsarten gibt es mittlerweile als Muster teilweise sogar frei verfügbar als Download im Internet. Auch für den Energiebereich lassen sich Liefer- und Netzverträge standardisieren; allerdings nicht, ohne im Feintuning die Inhalte eng mit den individuellen Vertragsbeziehungen der Vertragsparteien übereinanderzulegen. Im schnell wandelnden Energierecht müssen diese individualisierten Verträge außerdem stets aktuell gehalten werden. Diese Eigenschaften macht das Vertragsmanagement im (Energie-)Unternehmen zu einer komplexen und ressourcenaufwendigen Aufgabe. Die BBH-Gruppe will das ändern und eröffnet ihren Mandanten mit ihrem frisch entwickelten digitalen Vertragsgenerator eine neue und doch höchst komfortable Welt.

Wie das funktioniert und ob Vertragsanwälte damit überflüssig werden, darüber haben wir mit den Vorständen der BBH Solutions AG gesprochen, also der Einheit, die auch die digitale Vertragsplattform bereitstellt.

BBH-Blog: Das Vertragsrecht und das Vertragsmanagement sind seit vielen Jahren Kernthemen in der Beratung bei BBH. 150 verschiedene Musterverträge haben Sie in Ihrem Portfolio. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Bereich nun zu digitalisieren?

Jan-Hendrik vom Wege: Das Erarbeiten und Bereitstellen von Musterverträgen für unsere Mandanten ist in der Tat ein großer und wichtiger Bereich bei BBH, v.a. dank der Kollegen Dr. Christian de Wyl und Dr. Jost Eder, die diesen mit aufgebaut haben und seit vielen Jahren begleiten. Ausgangspunkt für die Entwicklung unseres Vertragsgenerators war die Frage: Wie können wir das Handling rund um unsere Musterverträge für unsere Mandanten optimieren – auch mit den neuen technischen Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet.

Dr. Erik Ahnis: Können wir ein Tool wirklich so programmieren, dass es die vielen komplexen Faktoren und Zusammenhänge, die bei der Erstellung eines Energieversorgungsvertrags eine Rolle spielen, richtig zuordnet – und damit das gesamte Vertragsmanagement automatisiert? Ganz ehrlich: Da waren wir am Anfang skeptisch. Die Zweifel konnten wir zusammen mit den Digitalprofis, die uns hier unterstützt haben, aber schnell ausräumen.

BBH-Blog: Legal Tech für Verträge gibt es ja bereits auf dem Markt. Was unterscheidet Ihren Vertragsgenerator von anderen?

Jan-Hendrik vom Wege: In Branchen wie der Energiewirtschaft gibt es kein one size fits all bei Verträgen. Die Vertragsbeziehungen mit den Kunden unterscheiden sich zum Teil sehr stark von Unternehmen zu Unternehmen. Unser Vertragsgenerator kann diese Individualisierungen bis ins letzte Detail erfassen und abbilden. Er kann außerdem die regelmäßigen Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen direkt in diese individualisierten Verträge übersetzen. Ein entsprechendes Produkt konnten wir nicht kaufen und ist mir auch aktuell auf dem Markt nicht bekannt.

BBH-Blog: Die Digitalisierung Ihrer Verträge erfordert sicherlich auch eine Umstellung der Prozesse in den Unternehmen. Worauf müssen sich Ihre Mandanten einstellen?

Dr. Erik Ahnis: Das Allerwichtigste: Das Tool ist sehr intuitiv bedienbar und reduziert den Aufwand für unsere Mandanten enorm. Händische Überführungen von Änderungen werden durch automatische Updates obsolet. Dadurch spart man nicht nur Zeit, Fehler in der Übertragung sind auch quasi ausgeschlossen. An solche neuen Umstände gewöhnt man sich doch gern und schnell.

BBH-Blog: Jetzt mal Butter bei die Fische: Was kann Ihr Vertragsgenerator eigentlich konkret?

Dr. Erik Ahnis: Der BBH-Vertragsgenerator übernimmt das gesamte Vertragsmanagement innerhalb des life cycles eines Vertrages – um die Verträge aktuell zu halten, ist theoretisch keinerlei Korrespondenz mehr mit den BBH-Expert*innen mehr notwendig.

BBH-Blog: Das hört sich nach einem enormen Entwicklungsaufwand an….

Dr. Erik Ahnis: Wir haben wirklich viel Arbeit hineingesteckt. Aber es hat auch jede Menge Spaß gemacht mit erstklassigem Teamwork und neben dem rechtlichen viel technischem Know How.

BBH-Blog: Ihr Vertragsgenerator ist gerade gelauncht. Mit welchen Marktreaktionen rechnen Sie?

Jan-Hendrik vom Wege: Unsere early users sind von unserem Vertragsgenerator überzeugt. Wir haben nur gutes Feedback bekommen, insofern bin ich optimistisch, dass die Branche die digitale Lösung annehmen wird. Mit unseren verschiedenen Vertragspaketen ohne zusätzliche Update-Kosten haben wir denke ich ein sehr überzeugendes Angebot.

BBH-Blog: Automatisierung und Digitalisierung bedeuten ja immer auch ein Stückweit das Ersetzen des Menschen. Haben Sie nicht Sorge, dass Sie sich als Anwälte (zumindest im Vertragsgeschäft) selbst abschaffen?

Jan-Hendrik vom Wege: Wir können Ihnen versichern: Uns geht die Arbeit – gerade aktuell – nicht aus (lacht). Im Ernst: Auch im Vertragsrecht lässt sich natürlich nicht alles automatisieren. Verträge prüfen, Verträge aushandeln, Handlungsempfehlungen geben, das kann Ihnen keine Maschine zuverlässig abnehmen.

BBH-Blog: Wie ist das in anderen Bereichen in der Rechtsberatung – Lässt sich der Anwalt in Zukunft durch eine Maschine ersetzen?

Dr. Erik Ahnis: Es gibt sicherlich einzelne Bereiche, die sich für digitalisierte/automatisierte Lösungen anbieten. Mit der überwiegenden Mehrheit an Fragestellungen wird sich aber auch in Zukunft ein Anwalt/eine Anwältin befassen müssen.

Jan-Hendrik vom Wege: Bei der BBH Solutions (neue Tochtergesellschaft von BBH, die Legal-Tech-Lösungen für BBH entwickelt und bereitstellt; Anm. d. Red.) arbeiten wir natürlich an weiteren digitalen Lösungen für unsere Mandanten, z.B. im Controlling. Da wird noch einiges von uns kommen!

BBH-Blog: Herzlichen Dank Ihnen beiden für das Gespräch.

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