Zuteilungsanträge beim Emissionshandel: Nachbessern erwünscht!

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Viele Betreiber von emissionshandelspflichtigen Anlagen hatten am 23.1.2012 aufgeatmet. Spätestens an diesem Tag mussten die Anträge auf Zuteilung von Emissionsberechtigungen für die dritte Handelsperiode 2013 bis 2020 bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) eingegangen sein. Das nervenaufreibende Antragsverfahren hatte ein Ende.

Nun aber flatterten in den letzten Tagen bei zahlreichen Anlagenbetreibern Schreiben der DEHSt ins Haus: Man solle, heißt es dort zum Beispiel, zu Widersprüchen zwischen FMS-Formular und beigefügten Dokumenten Stellung nehmen, von unplausibler Zuordnung von Wärmeströmen ist die Rede, und dass Daten korrekturbedürftig seien.

Den Nerv-Faktor einmal beiseite: Die DEHSt zeigt sich damit angenehm betreiberfreundlich. Das ist auch richtig, denn nach § 9 Abs. 4 Satz 2 TEHG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 VwVfG soll die Behörde die Berichtigung von Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Diese Selbstverständlichkeit war in den Zuteilungsverfahren der ersten und zweiten Handelsperiode allerdings keine: Die Frist für Zuteilungsanträge sei eine materielle Ausschlussfrist und deshalb verbiete sich jede Nachkorrektur, auch bei versehentlichen Fehlern – dies war die auch in Gerichtsverfahren vertretene Position der Zuteilungsbehörde. Ein besonderes Verwaltungsverfahrensrecht im Emissionshandel rechtfertige diese strikte Haltung, so bislang die Behörde. Dass die engen Antragsfristen in einer neuen Rechtsmaterie Fehler provozieren, all dies blieb in der Vergangenheit (fast immer) unberücksichtigt.

Im Jahr 2011 stellte das novellierte Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) ausdrücklich klar, dass die verwaltungsverfahrensrechtlichen Pflichten auch im Emissionshandel greifen (vgl. unser Blogbeitrag vom 8.6.2011). Woran auch immer es liegen mag – an der gesetzlichen Klarstellung im TEHG, an den besonders komplexen Zuteilungsregeln der dritten Handelsperiode (ach Mensch, Europa …), an Personalwechseln oder einem mahnenden Wort aus dem Bundesumweltministerium. Neben den vielen Spekulationen bleibt der positive Fakt: Das Vorgehen der DEHSt bietet die Chance, versehentliche Fehler im Zuteilungsantrag noch nachträglich zu korrigieren. Und da es diesmal um die Zuteilung der nächsten acht Jahre (2013 bis 2020) geht und das Zuteilungsbudget schmaler wurde, ist das Nachhaken der Behörde willkommen.

Nun setzt die DEHSt den Anlagenbetreibern enge Reaktionsfristen, die zu halten sind. Viel Zeit für die Prüfung und Korrektur bleibt damit nicht. Allerdings steht auch die Behörde unter Zeitdruck, denn schließlich wartet ganz Europa darauf, dass Deutschland seine Zuteilungsliste an die Europäische Kommission schickt. Wie man hört, soll dies bis Ende April geschehen. Bei allem Zeitdruck gilt allerdings: Viele Auslegungsunsicherheiten bestehen nach wie vor. Noch immer sind etwa die Grenzen einiger Benchmarks, die Abgrenzung der Zuteilungselemente und zahlreiche neue Begrifflichkeiten nicht (vollständig) geklärt. Es sollte daher genau geprüft werden, was wie geantwortet wird. Bei aller Freundlichkeit auf beiden Seiten, dies ist immer noch ein Verwaltungsverfahren.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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