Neuregelung im BGB: Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen (Teil 2)
Wir haben in einem ersten Beitrag zu beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten bei der Errichtung und dem Betrieb von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen erläutert, wie die Praxis bisher damit umgegangen ist. In diesem Beitrag klären wir, wie sich die Neuregelung durch das Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen vom 10.10.2024 auf die Praxis auswirken kann.
Grundsatz: beschränkte persönliche Dienstbarkeiten sind nicht übertragbar
Im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeiten sind grundsätzlich nicht auf Dritte übertragbar. Damit konnten bis vor Kurzem Dienstbarkeiten für Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagen nicht ohne Weiteres auf den Erwerber eines Projekts oder auf die Bank übertragen werden.
Eine Sonderregelung ermöglicht zwar, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten für Anlagen zur Fortleitung von Elektrizität, Gas, Fernwärme, Wasser, Abwasser, Öl oder sonstigen Rohstoffen (Leitungsrechte) einschließlich aller Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen, zu übertragen. Voraussetzung dafür ist, dass die Dienstbarkeit einer juristischen Person (z. B. einer GmbH) oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft (z. B. einer Kommanditgesellschaft) zusteht. Soweit die Dienstbarkeit aber auch anderen Zwecken dient (z. B. zu anderen Nutzungen berechtigt), erstreckt sich die Übertragbarkeit nach allgemeiner Auffassung nur auf das Leitungsrecht.
Keine Regel ohne Ausnahme: Das OLG Hamm hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 auch die Übertragung eines Wegerechtes zusammen mit einem Leitungsrecht gebilligt. Es ging dabei um eine Dienstbarkeit, die zum Betrieb eines Hochspannungsmasten berechtigt hat und gleichzeitig ein Wegerecht von der öffentlichen Straße zu dem Masten gewährt hat. Diese Dienstbarkeit war ausnahmsweise übertragbar, da kein unbeschränktes allgemeines Wegerecht übertragen werden sollte, sondern ein Zufahrtsrecht, das ausschließlich der Versorgung der Leitungsanlage dient. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, darf das Grundbuchamt ausschließlich anhand des Inhalts des Grundbuchs einschließlich der Eintragungsbewilligung beurteilen.
Wenn alle Stricke reißen, können Dienstbarkeiten ausnahmsweise nach § 1059a BGB übertragen werden, wenn ein von einer juristischen Person betriebenes Unternehmen oder ein Teil eines Unternehmens auf einen anderen übergeht. Dienstbarkeiten, die zu dem Unternehmen oder Unternehmensteil gehören, können dann mit übertragen werden. Die Übertragung muss aber erst durch eine Landesbehörde freigegeben werden, z.B. durch den Präsidenten des örtlichen Landgerichts. Problematisch ist auch, dass mindestens ein Unternehmensteil übertragen werden muss. Einzelne Vermögensgegenstände mit den zugehörigen Dienstbarkeiten zu übertragen, ist somit nicht möglich.
Neue Möglichkeiten nach aktueller Rechtslage
Durch die Neuregelung im BGB werden die Ausnahmen von der grundsätzlichen Unübertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten erweitert. Dienstbarkeiten für Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Erdwärme, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse sowie für Anlagen zur elektrochemischen Erzeugung von Wasserstoff und zur Erzeugung von Strom aus Wasserstoff können nach § 1092 Abs. 3 BGB nunmehr genauso übertragen werden wie bisher Leitungsrechte. Das gilt nur für Dienstbarkeiten, deren Eintragung ab dem 17.10.2024 bewilligt wurde. Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die vor diesem Stichtag bestellt worden sind, bleiben auch in Zukunft nicht übertragbar.
Auswirkung auf die Praxis
Die Neufassung des § 1092 Abs. 3 BGB soll Hindernisse beseitigen, die den Ausbau erneuerbarer Energien hemmen. Ob das gelungen ist, muss sich allerdings erst noch zeigen.
Denn nach dem Wortlaut des § 1092 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB n. F. ist dort nur die Übertragbarkeit von Dienstbarkeiten geregelt, die die Nutzung des Grundstücks für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Wasserstofferzeugungsanlagen erlauben. Die in der Praxis üblichen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gehen darüber hinaus, da sie umfassend den Betrieb der Anlagen absichern sollen. Dazu werden meistens auch Bau- und Bepflanzungsverbote sowie Abstandsflächen- oder Rotorüberstreichungsrechte vereinbart, die auch nach der Neuregelung nicht ohne Weiteres auf Dritte übertragbar sind. Dies entspricht der allgemeinen Auffassung zur bisherigen Rechtslage, wonach grundsätzlich nur das eigentliche Leitungsrecht übertragbar ist.
Außerdem werden Erneuerbare-Energien-Anlagen inzwischen häufig mit Batteriespeichern geplant; dementsprechend enthalten die Dienstbarkeiten auch das Recht, das Grundstück für derartige Anlagen zu nutzen. Batteriespeicher sind aber in § 1092 Abs. 3 BGB nicht genannt, die entsprechenden Dienstbarkeiten können daher nach wie vor nicht übertragen werden.
Ob die vom OLG Hamm bejahte Ausnahme für Wegerechte, die ausschließlich einer Leitungsanlage dienen, auf die in der Praxis verbreiteten Inhalte von Dienstbarkeiten für Windenergieanlagen und Solaranlagen übertragbar ist, ist derzeit offen.
Anlagenbetreiber sollten also ihre bewährten Bewilligungserklärungen vorerst nicht ändern und die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zu § 1092 Abs. 3 BGB abwarten. Zum einen könnte sich sonst beim Verkauf des Projekts herausstellen, dass das Grundbuchamt die beabsichtigte Übertragung der die Projektrechte sichernden Dienstbarkeiten verweigert. Zum anderen könnte auch die Finanzierung daran scheitern, dass die Bank – zu Recht – auf dem bisherigen Sicherungskonstrukt besteht.
Ansprechpartner:innen: Wolfram von Blumenthal/Micha Klewar/Anja Straßer
weitere Ansprechpartner: Andreas Große/Alexander Bartsch