Das Bundeskabinett verabschiedet überfälligen Entwurf zur TEHG-Novelle
Am 9.10.2024 hat das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) an den geänderten europäischen Regelungsrahmen verabschiedet (TEHG-E). Grund für die Änderungen auf europäischer Ebene waren die ambitionierter gefassten Klimaschutzziele, insbesondere die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990. Um diese Senkung erreichen zu können, musste das europäische Emissionshandelssystem (ETS) angepasst werden, das zentrale Klimaschutzinstrument auf europäischer und nationaler Ebene. Ein wichtiges Element der Emissionshandelsreform war zudem die Einführung eines zweiten Europäischen Emissionshandels (ETS 2) in den Sektoren Gebäude und Straßenverkehr. Das Europäische Parlament und der Rat haben hierfür zwei Richtlinien (EU) 2023/958 und (EU) 2023/959 erlassen, die beide seit dem 5.6.2023 in Kraft sind und der Umsetzung in das nationale Recht bedürfen.
Deutschland hinkt mit Umsetzung hinterher
Lange musste auf die Umsetzung der genannten Richtlinien in das nationale Recht gewartet werden. Dabei hätten die Richtlinien eigentlich schon bis zum 31.12.2023 bzw. 30.6.2024 umgesetzt werden müssen. Nachdem die Europäische Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hatte, veröffentlichte das BMWK am 30.7.2024 den ersten Referentenentwurf. Diesen hat das Bundeskabinett nun verabschiedet und als offiziellen Gesetzesentwurf veröffentlicht. Somit kann (hoffentlich) zeitnah eine Behandlung im Bundestag stattfinden. Leidtragende des schleppenden Verfahrens sind die betroffenen Unternehmen, insbesondere die im aktuell geltenden nationalen Brennstoffemissionshandelssystems (nEHS) verpflichteten Unternehmen. Diese brauchen Klarheit darüber, wie sich der Übergang vom nEHS zum ETS 2 gestalten soll. Nach den europäischen Vorgaben müssen Unternehmen bereits 2025 über die Emissionen der im Jahr 2024 in Verkehr gebrachten pflichtigen Brennstoffe berichten. Umso wichtiger ist es, sich bereits jetzt mit den geplanten Änderungen vertraut zu machen und auf zukünftige Pflichten vorzubereiten.
Wesentliche Änderungen im ETS 1
Zunächst soll das ETS 1 seinen Anwendungsbereich auf den Seeverkehr ausweiten, der damit erstmals in den ETS 1 einbezogen wird. Im Einklang mit der überarbeiteten Emissionshandelsrichtlinie (ETS-RL) umfassen die Definitionen der einbezogenen Tätigkeiten jetzt auch stromgeführte Produktionsverfahren. Dies betrifft beispielsweise die Herstellung von Wasserstoff im Verfahren der Elektrolyse, die damit gleichberechtigt neben konventionelle Verfahren wie die Dampfreformierung tritt und auch kostenlose Zuteilungen beanspruchen kann. Verkleinert wird der Anwendungsbereich hingegen im Hinblick auf Anlagen, die im Wesentlichen Biomasse als Brennstoff einsetzen. Die Mitgliedsstaaten haben solche Anlagen, bei denen während eines Fünfjahreszeitraums Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse im Durchschnitt zu mehr als 95 % der gesamten Treibhausgasemissionen beitragen, vollständig vom Anwendungsbereich der ETS-RL auszunehmen. Im deutschen Gesetzesentwurf findet sich diese Ausnahme in § 26 Abs. 1 TEHG-E. Dort ist allerdings keine vollständige Ausnahme aus dem Anwendungsbereich des TEHG vorgesehen; stattdessen sollen solche Anlagen lediglich von der Berichts- und Abgabepflicht freigestellt und von der kostenlosen Zuteilung von Emissionsberechtigungen ausgeschlossen werden. Ob dies für die richtlinienkonforme Umsetzung ausreicht, ist ebenso umstritten wie die Frage, ob für die verbindliche Entscheidung über den Ausschluss die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) zuständig ist oder die nach Landesrecht für die Erteilung der Emissionsgenehmigung nach § 4 TEHG zuständigen Behörden.
Einführung und Ausweitung des ETS 2
Mit dem TEHG-E soll zudem das ETS 2 für die Sektoren Gebäude/Wärme und Straßenverkehr eingeführt werden. Das ETS 2 stellt damit das europäische Pendant zum bereits bestehenden nEHS dar, das nach dem Plan der Bundesregierung nach einem Übergangszeitraum von 2024 bis 2026, also ab 2027, ganz vom ETS 2 abgelöst werden soll. Für die betroffenen Unternehmen birgt dies insbesondere im Übergangszeitraum von 2024-2026 einige Herausforderungen, da sie sowohl in den Anwendungsbereich des nEHS als auch des ETS 2 fallen und sich hieraus jeweils ergebende Pflichten zu erfüllen haben.
Aber nicht alle Brennstoffe, die aktuell dem Anwendungsbereich des nEHS unterfallen, unterliegen der CO2-Bepreisung des ETS 2. Die ETS-RL ermöglicht es aber den Mitgliedstaaten, den Anwendungsbereich unilateral auf weitere Sektoren auszudehnen (Opt-in). Diese Option will die Bundesregierung nutzen – wie auch beispielsweise Österreich, die Niederlande und Schweden – und weitere Sektoren miteinbeziehen, insbesondere im Schienenverkehr, dem privaten nichtgewerblichen Luft- und Schiffsverkehr und der Land- und Forstwirtschaft. Die derzeit noch im nEHS pflichtigen Abfallverbrennungsanlagen sollen hingegen per Opt-in in das bisherige ETS (nunmehr ETS 1) überführt werden. Dort sind diese zwar grundsätzlich auch EU-weit einbezogen, bislang aber nur mit Berichts- und ohne Abgabepflichten. Damit greift die Bundesregierung einer gesamteuropäischen Ausweitung des ETS 1 auf Verbrennungsanlagen für Siedlungs- und gefährliche Abfälle vor. Die ETS-RL sieht hier bislang nur vor, dass die Kommission bis 2026 prüfen soll, ob die vollständige eine Ausweitung ab frühestens 2028 sinnvoll ist.
Während die Entwurfsbegründung von Planungssicherheit für die betroffenen Unternehmen spricht, regt sich großer Widerstand in den Verbänden: Diese lehnen insbesondere ein Opt-in in Bezug auf Abfallverbrennungsanlagen mit der Begründung ab, dass sich die Wettbewerbssituation ansonsten deutlich verschlechtere. Die Regelungen zum Opt-in bedürfen jedenfalls der Zustimmung der Europäischen Kommission. Für den Fall, dass diese nicht zustimmt, sieht das TEHG-E Fortführung des nEHS in den betroffenen Sektoren vor.
Fazit: Eile ist geboten
Insgesamt bietet der verabschiedete Gesetzentwurf reichlich Stoff für Diskussionen. Mit dem Blick auf den Kalender ist für die betroffenen Unternehmen jetzt aber vor allem eines wichtig: sehr schnell Klarheit über die spätestens ab dem 1.1.2025 (und teilweise eigentlich auch schon davor) geltenden Pflichten zu erhalten. Insofern ist zu hoffen, dass das nun folgende Gesetzgebungsverfahren – von der Umsetzung der im Entwurf noch enthaltenen Verordnungsermächtigungen ganz zu schweigen – schnell einen Abschluss findet.
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke / Dr. Tigran Heymann / Carsten Telschow