Umsetzung der RED III: Was kommt Neues für die Windenergie an Land, die Solarenergie und Energiespeicher?
Seit dem 20.11.2023 ist die geänderte bzw. neu gefasste Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III, Richtlinie (EU) 2023/2413) in Kraft. Nun hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der RED III in nationales Recht in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie sowie für Energiespeicheranlagen am selben Standort veröffentlicht. Der neue Gesetzesentwurf enthält im Wesentlichen zwei Neuerungen: Solarenergiegebiete und Beschleunigungsgebiete.
Solarenergiegebiete
In Flächennutzungsplänen sollen künftig auch Solarenergiegebiete dargestellt werden können (§ 249b BauGB-E). Hiermit soll ein Aspekt des Bund-Länder-Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung aus dem Herbst 2023 umgesetzt werden. Die Regelung dient aber auch der Umsetzung der RED III, weil auch die Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie von Beschleunigungsgebieten Gebrauch machen soll.
Vergleich mit Windenergiegebieten
Auf den ersten Blick erinnern die Solarenergiegebiete an die Windenergiegebiete. Sie sind rechtlich aber ein eigenständiges neues Instrument. Bei Windenergiegebieten gilt bislang: Das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verpflichtet die Bundesländer, einen bestimmten Anteil ihrer Landesfläche für die Windenergie an Land auszuweisen. Flächen, die in Windenergiegebieten liegen, sind in diesem Sinne ausgewiesen. Windenergiegebiete sind insbesondere Vorranggebiete für Wind in Raumordnungsplänen, Sonderbauflächen für Wind in Flächennutzungsplänen und Sonderbaugebiete für Wind in Bebauungsplänen.
Neue Regelungssystematik
Die Darstellung von Solarenergiegebieten dürfte wohl vor allem über (gemeindliche) Flächennutzungspläne erfolgen. Die Wirkung der Solarenergiegebiete soll dabei der bauplanungsrechtlichen Privilegierung ähneln. Allerdings wird die Zulässigkeit der Vorhaben nicht durch das BauGB bestimmt, sondern durch den Flächennutzungsplan der Gemeinde. Wie bei vom BauGB privilegierten Vorhaben (z. B. Windenergieanlagen) sollen Solarenergie-Vorhaben in Solarenergiegebieten zulässig sein, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Es ist demnach unschädlich, wenn öffentliche Belange (nur) beeinträchtigt werden. Außerdem ist wie bei anderen im Außenbereich nach § 35 BauGB privilegierten Anlagen zur Stromerzeugung aus Wind oder Wasser erforderlich, dass die Erschließung gesichert ist und eine Verpflichtungserklärung abgegeben wird, der zufolge das Vorhaben zurückgebaut und Bodenversiegelungen beseitigt werden, und diese Verpflichtung z. B. durch eine Bankbürgschaft gesichert wird.
Die Privilegierung im Rahmen eines Solarenergiegebietes geht jedoch über eine gesetzliche Privilegierung hinaus, da Belange, die schon auf der Ebene des Flächennutzungsplanes abschließend abgewogen worden sind, im Baugenehmigungsverfahren nicht mehr geprüft werden sollen. Das soll insbesondere für den Denkmalschutz, das Landschaftsbild und den Bodenschutz gelten.
Neben Solaranlagen sind in den Solarenergiegebieten auch Stromspeicher zulässig, wenn sie im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einer Solaranlage stehen und gegenüber der Solaranlage eine dienende Funktion aufweisen.
Die Zulässigkeit von Solarenergie-Vorhaben und Stromspeichern gilt innerhalb der Solarenergiegebiete aber nicht uneingeschränkt. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, Art und Maß der baulichen Nutzung im Flächennutzungsplan festzulegen. Darin liegt ein gewisser Systembruch, weil das BauGB solche Möglichkeiten bisher nur in einem Bebauungsplan vorgesehen hat. Im Ergebnis soll jedoch ein weiteres Instrument zur Erleichterung der Genehmigung von Solaranlagen geschaffen werden, das überdies – wenn es denn so kommt – die Planungshoheit der Gemeinden stärkt.
Beschleunigungsgebiete
Den Kern des Gesetzesentwurfs bilden die von der RED III geforderten Beschleunigungsgebiete. Sowohl für die Windenergie als auch für die Solarenergie müssen (Wind) bzw. können (Solar) Beschleunigungsgebiete ausgewiesen werden. Das gilt aber nicht für ökologisch besonders sensible Gebiete. Insbesondere soll es keine Beschleunigungsgebiete in FFH-Gebieten oder Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten sowie Nationalparks geben können.
Die Beschleunigungswirkung soll vor allem durch Verfahrenserleichterungen erreicht werden: Wie schon nach der befristeten Sonderregelung in § 6 WindBG, die Ende Juni 2025 auslaufen wird, sollen nach der Gebietsfestsetzung die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 und Abs. 5 BNatSchG (saP) entfallen. Zusätzlich sollen in den Beschleunigungsgebieten auch noch die FFH-Verträglichkeitsprüfung (§ 34 BNatSchG) und die Prüfung der Bewirtschaftungsziele von oberirdischen Gewässern (§ 27 WHG) entbehrlich werden. Stattdessen soll, ähnlich dem § 6 WindBG, eine modifizierte Prüfung auf Grundlage vorhandener Daten erfolgen. Die Behörden können Minderungsmaßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen anordnen. Wenn keine Daten existieren oder keine geeigneten Maßnahmen zur Verfügung stehen, sind Ausgleichszahlungen zu leisten. Anders als bei Verfahren nach § 6 WindBG sind aber keine jährlichen Zahlungen, sondern Einmalzahlungen vorgesehen. Um die Anordnung der Maßnahmen zu erleichtern, sollen bereits bei der Ausweisung als Beschleunigungsgebiet in dem Flächennutzungsplan oder Regionalplan Vorgaben für die Maßnahmen getroffen werden.
Windenergie an Land
Als Beschleunigungsgebiete für Windenergie an Land sind zum einen Windenergiegebiete in Flächennutzungsplänen und zum anderen Vorranggebiete für Windenergie in Raumordnungsplänen auszuweisen, die ebenfalls nicht in ökologisch besonders sensiblen Gebieten liegen dürfen. Daneben soll die mit dem Solarpaket I eingeführte Regelung weiter gelten, nach der alle Windenergiegebiete, die bis zum 19.5.2024 ausgewiesen worden sind, sozusagen „automatisch“ auch Beschleunigungsgebiete sind, wenn bei der Ausweisung eine Umweltprüfung und ggf. eine FFH-Verträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde und soweit das Windenergiegebiet nicht in einem ökologisch besonders sensiblen Gebiet liegt.
Im Rahmen der modifizierten Artenschutzprüfung sind, wie aus § 6 WindBG bekannt, u.a. Maßnahmen zugunsten von Fledermäusen anzuordnen. Allerdings gibt es eine gewisse Verfahrenserleichterung: Auf das zweijährige Gondelmonitoring nach § 6 WindBG soll nach der neuen Regelung verzichtet werden können. Es bleibt dann bei einer Abschaltung der Windenergieanlagen in den für Fledermäuse generell gefährlichen Zeiten.
Die Zahlungen für den Fall, dass aufgrund vorhandener Daten eine Beeinträchtigung erkannt wird, aber keine Maßnahmen angeordnet werden können, sollen mit 52.000 € je MW festgesetzt werden. Wenn keine Daten vorliegen, sinkt die Zahlung auf 20.000 € je MW. Und wenn die Windenergieanlage zeitweise zum Schutz von Vögeln abgeschaltet werden muss, sollen sogar nur 7.800 € je MW fällig sein. Sofern ein Vorhaben in einem Windenergiegebiet sowohl unter die bisherige Regelung in § 6 WindBG als auch unter die neuen Regelungen für Beschleunigungsgebiete fallen sollte, ist ein Wahlrecht für den Vorhabenträger vorgesehen: Grundsätzlich soll das Verfahren nach § 6 WindBG geführt werden, es kann aber auch die Anwendung der neuen Regelungen gefordert werden.
Solarenergie
Als Beschleunigungsgebiete für Solarenergie können zum einen die neuen Solarenergiegebiete ausgewiesen werden, zum anderen Gebiete in Bebauungsplänen und Flächen im Innenbereich, in denen Vorhaben zur Nutzung solarer Strahlungsenergie zulässig sind. Auch hier sollen ökologisch besonders sensible Gebiete ausgespart werden. Grundsätzlich denkbar wäre auch die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für Solarenergie in Raumordnungsplänen. Bisher gibt es aber kaum solche Ausweisungen (Vorranggebiete) für Solaranlagen, die als Grundlage eines Beschleunigungsgebiets dienen könnten. Im Rahmen der modifizierten Artenschutzprüfung sollen bei Solarenergieanlagen ab einer Seitenlänge von mehr als 500 Metern Maßnahmen zur ökologischen Durchgängigkeit für Großsäuger und kleinere Tierarten anzuordnen sein. Für Solaranlagen auf entwässerten Moorböden soll eine Wiedervernässung zwingend vorgeschrieben werden.
Die Zahlungen für den Fall, dass aufgrund vorhandener Daten eine Beeinträchtigung erkannt wird, aber keine Maßnahmen angeordnet werden können, sollen mit 12.000 € je MW festgesetzt. Wenn überhaupt keine Daten vorliegen, sinkt die Zahlung auf 4.800 € je MW.
Ausblick
Die Zielrichtung des Gesetzesentwurfs ist zu begrüßen: Die Genehmigung von Windenergie- und Solarenergieanlagen soll vereinfacht und beschleunigt werden. Ob aber insbesondere durch die Einführung von Solarenergiegebieten tatsächlich eine Erleichterung und mehr Tempo eintreten wird, muss sich in der Praxis wohl noch erweisen.
Ansprechpartner: Andreas Große/Micha Klewar/Peer Ole Koch