Erhöhung der Gasbilanzierungsumlage bringt Lieferanten vor Ort in Schwierigkeiten

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Am 1.10.2018 hat das aktuelle Gaswirtschaftsjahr begonnen. Zu diesem Stichtag haben die beiden deutschen Marktgebietsverantwortlichen NetConnect Germany (NCG) und GASPOOL Balancing Services ihre Bilanzierungsumlagen stark erhöht. Die Anpassung erfolgte formal ordnungsgemäß sechs Wochen vor dem Stichtag und wird von den Marktgebietsverantwortlichen mit höheren erwarteten Ausgleichskosten und einer Anpassung des Liquiditätspuffers begründet. Die Bilanzierungsumlagen für SLP- und RLM-Verbraucher sollen den Aufwand abbilden, der durch die Verrechnung der Kosten und Erlöse im Bilanzierungssystem für Regel- und Ausgleichsenergie nicht verursachungsgerecht zugeordnet werden kann. Hier fließen die Positionen aus Mehr- und Mindermengenabrechnung sowie die Erlöse aus den Umlagen selbst mit ein.

Die aktuellen Erhöhungen brachten viele Gasversorger, die typischerweise lediglich vor Ort Endkunden beliefern, in Bedrängnis. Art und Weise der Veröffentlichung, die Vorlaufzeit und der Zeitpunkt selbst berücksichtigen nämlich solche Markteilnehmer nicht, die ausschließlich als Lieferanten tätig sind und nicht durchgehend den Regelenergiemarkt beobachten. Diese können erhöhte Umlagen jedenfalls nicht ohne Zeitverzug weitergeben. Wenn sie ihre Preise gegenüber dem Endkunden anpassen wollen, müssen sie dies regelmäßig zumindest sechs Wochen zuvor ankündigen. Die Bilanzierungsumlagen bilden mit den Netzentgelten und den Energiepreisen aber den wesentlichen Bestandteil der Preiskalkulation für Versorger. Die Umlagen lassen sich schon aus diesem Grund nicht direkt weitergeben.

Nur wenige Wochen später wurden zum 1.1. die Netzentgelte als weiterer Kalkulationsbestandteil angepasst. Somit konnten die Umlagen auch nicht zum 1.11. oder 1.12 eingepreist werden – zwei Preiserhöhungen direkt hintereinander ließen sich dem Letztverbraucher nicht vermitteln. Ursache für den Zeitversatz ist bei genauerer Betrachtung, dass sowohl die entscheidende Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA) – die GABi Gas 2.0 – als auch der Standardbilanzkreisvertrag auf Bilanzkreisverantwortliche zugeschnitten sind. Großhändler, die selbst aktiv am Bilanzierungssystem teilnehmen, dürften mit der Vorlaufzeit von sechs Wochen ohne weiteres klarkommen. Bloße Lieferanten hingegen nicht. Dies fällt nicht sofort auf – die Bilanzierungsumlagen zum Gaswirtschaftsjahr davor hatten sich z.B. kaum oder nur wenig erhöht (wir berichteten). Wenn aber die Umlagen stark schwanken, kommt es zum beschriebenen Dilemma.

Unlösbar ist dieses Problem aber nicht. So hat eine Interessengemeinschaft zur Weiterentwicklung des Umlagensystems, bestehend aus der ARGE Gas Westfalen, der gasgroup-Arbeitsgemeinschaft Gas, und weiteren Versorgern bundesweit, drei Vorschläge zur Lösung entwickelt: Die Vorankündigungsfrist für die Bilanzierungs- wie für die Konvertierungsumlage sollte von sechs auf zehn Wochen erhöht werden. Die Periode für die Bilanzierungsumlagen sollte den Netzentgelten folgend auf das Kalenderjahr umgestellt werden. Und schließlich plädiert die Interessengemeinschaft, eine unterjährigen Liquiditäts- und Risikoprognose der Marktgebietsverantwortlichen einzuführen, um die Höhe der kommenden Umlagen besser einschätzen zu können.

Wenn auch Ihr Haus sich den Vorschlägen anschließen oder weitere Details erfahren will, können Sie sich formlos an die Interessengemeinschaft Gasumlagen wenden.

Ansprechpartner: Dr. Erik Ahnis/Johannes Nohl

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