Forderungsmanagement: verkürzte Restschuldbefreiung

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Die COVID-19-Pandemie bringt viele Veränderungen mit sich. Noch bis zum 30.6.2020 konnten Verbraucher und Kleinstunternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht für ihre aus wesentlichen Dauerschuldverhältnissen der Daseinsvorsorge geschuldeten Leistungen geltend machen (wir berichteten). Nun hat der Gesetzgeber – in Umsetzung einer Vorgabe der EU – eine (weitere) Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens beschlossen, in Form des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens. Ein konsequentes Forderungsmanagement wird damit noch wichtiger.

Die Restschuldbefreiung

Ist die Restschuldbefreiung erteilt, ist der Schuldner grundsätzlich von sämtlichen Verbindlichkeiten befreit, die er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet hatte. Dies gilt (nur) nicht für solche Verbindlichkeiten, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhen, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder die aus einem Steuerschuldverhältnis stammen, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist, oder bei Geldstrafen.

Aktuell erlangt der Schuldner Restschuldbefreiung grundsätzlich mit Ablauf von sechs Jahren nach Beginn des Insolvenzverfahrens. Eine vorzeitige Beendigung ist möglich, wenn zum Beispiel im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat. Der Schuldner kann auch nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erlangen, wenn er die Forderungen seiner Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 Prozent befriedigt hat.

Verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren

Künftig soll die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre reduziert werden, ohne dass der Schuldner besondere Voraussetzungen, wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestquoten, erfüllen muss. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens soll zum 1.10.2020 in Kraft treten und für Anträge gelten, die ab diesem Zeitpunkt gestellt werden. Bei
Insolvenzverfahren, die zwischen dem 17.12.2019 bis einschließlich 30.9.2020 beantragt wurden/werden, wird die Restschuldbefreiungsphase sukzessive auf bis zu vier Jahre und 10 Monate verkürzt.

Bemerkenswert ist, dass von der Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vorrangig unternehmerisch tätige natürliche Personen profitieren sollen. Für Verbraucher soll die Verkürzung der Restschuldbefreiung hingegen bis zum 30.6.2025 befristet werden.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens soll nicht dazu führen, dass der Schuldner im Falle einer erneuten Überschuldung schneller Zugang zu einer zweiten Restschuldbefreiung hat. Es soll eine elfjährige Sperrfrist gelten. In Anbetracht von fast 7 Mio. überschuldeten Personen und fast 60.000 Restschuldbefreiungsanträgen jährlich liegt es allerdings auf der Hand, dass Gläubiger mit ihren Forderungen weiterhin bzw. in noch größerem Umfang ausfallen werden. Denn die Wohlverhaltensphase dient auch dazu, weitere Einnahmen für Insolvenzgläubiger zu erzielen.

Gerade diejenigen, die sich auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen haben oder denen bedingt durch die Corona-Pandemie Stundungen gewährt wurden, können nun Schwierigkeiten haben, neben den laufenden Forderungen auch die bislang verweigerten zu begleichen. Viele Bürger*innen leiden angesichts der andauernden Pandemie nach wie vor unter Einnahmeausfällen, was gleichzeitig auch die Gefahr von Insolvenzen erhöht.

Das effektivste Mittel, um Forderungsausfälle und im Falle von Insolvenzen auch Anfechtungsrisiken zu minimieren, ist ein solides und – was entscheidend ist – entsprechend gelebtes und konsequent betriebenes Forderungsmanagement.

Ansprechpartner: Nils Langeloh/Markus Ladenburger/Steffen Lux

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